Full text: Hessenland (43.1932)

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Vogelöbergs, auch Basalteisenstein und Bauxit, 
und häuften sich in Terrasse an, z. T. durch eisen 
schüssiges Bindemittel zu Konglomeraten verfestigt. 
Aus dem Oberpliocän, das in seinem nie- 
derschlagöreichen Charakter schon dem Diluvium 
nahestand, find vielerorts bis 50—100 Mieter über 
den heutigen Flußtälern mächtige Flußschottenab- 
lagerungen erhalten. Die Flüsse, insbesondere die 
Urlahn, hatten freilich damals noch einen von dem 
heutigen völlig verschiedenen Verlauf. 
Erst die letzte Orogenphase an der Wende von 
Pliocän und Diluvium führte im Hefsenland durch 
Erhebung neuer trennender Wafserscheiderücken 
und Senkungen anderer Gebiete (meist älterer 
Tertiärbecken) die heutige Verteilung der Ober- 
flächengewäer herbei. 
Während des Diluviums wechselten Zei 
ten starker Aufschüttung und Erosion miteinander 
ab. Schotter wurden auf den Terrassen der Fluß 
ufer abgesetzt und über ihnen der Löß und Lehm 
teils als äolisches teils als Hochflutüberschwem 
mungsprodukt. 
Schlußbemerkungen: Überblicken wir 
noch einmal rückwärts die geologische Vergangen 
heit Hesienö und das komplizierte Bild seiner heu 
tigen Erdoberfläche, so erkennen wir, daß im 
Grunde zwei Kräfte dieses Bild hervorgerufen 
haben, die wir als endogene und exogene 
unterscheiden können. Es find die Kräfte, die im 
Erdinnern fußten und Gebirgsfaltung und Zerrung 
oder Zerreißung in Schollen, Hebung und Sen 
kung und endlich auch Auftrieb von vulkanischen 
Eruptiv-Massen verursachten und zweitens exogen 
oder von außen wirkend die nagende Tätigkeit der 
Atmosphärilien, insbesondere des Wassers, die Ver 
witterung hervorrufen, Furchen einschneiden und 
ganze Flächen abtragen und so schließlich ein ver 
wickeltes Relief erzeugen. Die Auswirkung der 
exogenen Kräfte richtet sich nach der Beschaffen 
heit und Widerstandsfähigkeit der vorhandenen Ge 
steine, diese hängen ab von den Formationen vom 
Paläozoikum bis zur Jetztzeit und wechseln in jeder 
einzelnen Formation. 
Einer Fülle von Vorgängen, die in weit zurück 
liegende Zeiten zurückreichen, verdankt das heutige 
Oberflächenrelief seine Entstehung. Ich habe ver 
sucht, an der Hand der bisherigen geologischen und 
morphologischen Forschung nur die allgemeinen 
Züge hervorzuheben. Das Bild im einzelnen aus 
zugestalten in der engeren Heimat, muß dem Leser 
selbst überlassen bleiben, wenn er später mit Hülfe 
der unerläßlichen geologischen Spezialkarte und mit 
dem Hammer in der Hand die Heimat durchstreift. 
Wer dabei nachdenkt, findet Vieles, was ihm bis 
her verborgen blieb, und immer neue Fragen stellen 
sich ein. Das starre Bild der Landschaft erhält so 
inneres Leben, wenn wir versuchen, die Natur 
gesetze zu ergründen, nach denen sich die Schöpfung 
unserer Erde vollzogen hat und die Veränderungen 
noch weiter vollziehen. 
Aus Marburgs mittelalterlicher Geschichte. V°n Dr. Philipp L°sch. 
Die meisten Marburger werden kaum wißen, 
daß unter den vielen grünen Bänden der Historischen 
Kommission im vorigen Jahre ein Geschichtswerk 
ihrer Vaterstadt fertig geworden ist, wie es m. W. 
keine andere hessische Stadt besitzt. Das heißt, es ist 
keine eigentliche Geschichte, sondern es find nur die 
Fundamente und Bausteine zu einer solchen, deren 
Fertigstellung auf dieser soliden Grundlage wohl 
gesichert ist. Ich meine die „Duellen zur 
R e ch t s g e s ch i ch t e der Stadt Nk a r - 
bürg", die der frühere Direktor des Marburger 
Archivs Friedrich Küch jetzt endlich abge- 
schlosten hat 1 ). Der erste Band erschien 1918, 
der Schlußband trägt die Jahreszahl 1931. Wenn 
ich etwas an diesem 2Derke auszusetzen habe, so be 
trifft das den Titel, der eine Beschränkung auf die 
Rechtsgeschichte vermuten läßt. Es ist aber nicht 
nur die Rechtsgeschichte, deren -Duellen hier ver 
öffentlicht sind, sondern die ganze Geschichte der 
Stadt Marburg bis zu Philipp dem Großmütigen, 
von der alle Zweige, namentlich auch die Kultur 
i) Marburg, N. G. Elwertsche Verlags-Buchhand 
lung 1918—31. 
geschichte, zu ihrem Rechte kommen. Das zeigt 
schon die vortreffliche geschichtliche Einleitung, die 
Küch seinem Werke vorausschickt. 
Sie beginnt mit der Gründung der Burg Ntar- 
bnrg durch die Landgrafen um 1130 und reicht bis 
zum Beginn der Reformation. In der am Fuße 
der Burg stch entwickelnden Stadt herrschten wie 
anderswo in Deutschland zunächst die Geschlechter, 
an deren Spitze 1284 Ludwig v. Fronhausen als 
erster Bürgermeister erscheint. Östlich von der 
Stadt war die Niederlassung des Deutschen Or 
dens, der mit der Stadt nicht immer im besten Ein 
vernehmen lebte. Diese Niederlassung lag an der 
Lahn um die 128z eingeweihte Elisabethenkirche 
herum, räumlich von der Stadt getrennt und nur 
durch den Pilgrimstein bezw. den hohen Steinweg, 
der bis znm Kesteltor reichte, mit ihr verbunden. 
Unter den Zünften der Stadt, die im Laufe der 
Zeit mehr und mehr an Macht und Bedeutung 
gewannen, war die der Wollenweber die weitaus 
bedeutendste. Sie hatten hauptsächlich in Weiden 
hausen ihren Sitz. Von dem Umfang dieser Zunft
	        

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