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paralleler oder sich spitzwinklig schaarender Staf
felbrüche als vertikale Verschiebungen oder Ab
brüche an den ehemaligen Uferrändern des Trias
beckens, den Außenrändern der Horstmassen, wo
der Gegensatz in der Zusammensetzung zwischen
paläozoischen und mesozoischen Gesteinen besonders
stark war.
Von ganz besonderer Bedeutung aber stnd die
sogenanten Grabensenken oder Flözgräben,
langhingezogene Einmuldungen und Systeme von
Einstürzen jüngern Trias- und Liasglieder zwischen
älteren, insbesondere Mittlerem Buntsandstein.
Sie erreichen Breiten von i—5 Kilometer, er
strecken sich aber über Längen von 10 ja 50 Kilo
meter. Diese Gräben zeigen 2—4 vorherrschende
Richtungen, nämlich die hercynische in SO. —
NW. Richtung, bie aber streckenweise in NNM>.
und O.-W. übergeht und die rheinische in S.-N.
bis SSW.-NNO. Richtung. Es würde zu weit
führen, alle diese Gräben, die mehr oder weniger
ihre Eigenart haben, in ihrem von Ort zu Ort
wechselnden Bau und Verlauf zu besprechen. Der
längste von allen ist der sogenannte Leinetalgraben.
Er beginnt im Herzen von Hesten im Knüllgebirge
bei Steindorf (Blatt Schwarzenborn) und läßt
sich längs des Efzetales nach Remsfeld und weiter
über den dortigen Eisenbahntunnel nach Beisheim,
Wichte, Altmorschen, Spangenberg, Lichtenau,
Großalmerode, Hundelshausen, Eichenberg ins
obere Leinetal nachweisen, dem er dann über Göt
tingen big tief ins Hannöverfche folgt. Ihm ent
spricht im W. der Muschelkalkgraben von Fritz
lar, Naumburg, Wolfhagen, Volkmarsen, der
weiter in dem gefalteten Egggebirge und dem Teu
toburger Wald seine Fortsetzung findet. Ouer-
profile durch diese Gräben zeigen, daß es sich ge
wöhnlich nicht um einfache Einstürze horizontaler
Schichten zwischen Randverwerfungen handelt,
sondern um durch viele kleine Brüche zerristene
Mulden, Sättel und Flexuren. Mehrfach schaaren
sich auch Gräben, beziehungsweise gabeln sich, kön
nen stch kreuzen und dann entstehen besonders kom
plizierte tektonische Verhältnisse und starke Ein
senkungen, so z. B. bei Großalmerode, Lichtenau,
Remsfeld, Amöneburg. Indem die Gräben so rn
verschiedener Richtung ganz Nordhessen durch
schwärmen, entsteht ein förmliches Netz von Gra
benzonen und begleitenden Verwerfungen. Oft
hört ein Graben scheinbar auf, und in der Nach
barschaft etwas nördlich oder südlich setzt dafür ein
neuer auf, und das geht so fort wie bei Sprossen
einer verschobenen Leiter oder bei Kulissen. Als
Beispiel dafür nenne ich die Reihe der Gräben
von Fulda, Großenlüder, Salzschlirf, Lauterbach
am NO.-Rand des Vogelsberg, in deren nordwest
licher Fortsetzung das Becken von Alsfeld und der
Graben von Neustadt—Momberg—Mengsberg
—Winterscheid folgen.
Mit diesen eingreifenden Gebirgsbewegungen
gegen Ende der mesozoischen Periode aber war die
Geschichte dieser Festlandöperiode noch nicht er
schöpft. Es folgte jetzt eine mächtige Abtragung
des plötzlich so uneben gewordenen Landes. Überall
griffen nun die die Oberfläche ausgleichenden
Kräfte, speziell die atmosphärischen ein und hobel
ten ab, was zu weit aufragte, solange noch das
Meer fern war und nicht schützend eingriff. Die
ganzen jüngeren Ablagerungen des Lias, Keupers
und Muschelkalks wurden entfernt, stellenweise
viele Hunderte von Metern, bis der Buntsandstein
als Grund heraustrat und so die jetzt herrschende
Buntsteinlandschaft entstand, die mit dem Begriff
Hessen verbunden ist. Nur da, wo jene Schichten
in Gräben tiefer eingesenkt und so geschützt waren,
blieben sie erhalten und erschienen dann oft unmittel
bar neben dem Buntsandstein.
Zu Anfang des T e r t i ä r s im Eocän tref
fen wir dann eine Landoberfläche an, welche etwas
mehr einer welligen von seichten Tälern und flachen
Becken durchfurchten Ebene glich. Das ist die so
genannte präoligocäne Landoberfläche.
Die Saxonischen Gebirgsbewegungen beschränk
ten sich indessen nicht auf die eine große Störungs-
Phase zu Ende der Iurazeit, die man als kim
merische Faltung bezeichnet, sondern setzte, wenn
auch in geschwächtem Maße fort gegen Ende der
Kreideperiode und dann im Früheocän gegen Ende
deö Eocäns, vor dem Mitteloligocän, vor dem
Oberoligocän, zu Beginn des Miocäns, im Ober-
miocän vor dem Ausbruch der Basalte, zu Ende
des Mäocäns nach den Basaltergüssen, im Mittel-
pliocän und zu Ende der Pliocäns. Jede dieser mit
Hebung und Abtragung verbundene Bruchphase
bewirkte bedeutende Änderungen in den Oberflächen-
verhältnissen, und da auch gleichzeitig das Klima
während der Tertiärzeit mehrfach wechselte, wurde
die geologische Geschichte deö Landes äußerst ab-
wechslungövoll. Jede Störungsphase schuf neue
äußere Bedingungen für den Absatz der Sedimente,
die Flara und Fauni. Man kann in der langen
Saxonischen Faltungsperiode mindestens zehn bis
elf verschiedene Störungsphasen unterscheiden, und
es wird schwer, die einzelnen tektonischen Vorgänge
darauf richtig zu verteilen. Die relativ kurzen
exogenen Bruchphasen wurden abgelöst von län
geren epirogenen Senkungsphasen, in denen neue
Sedimentierungen vor stch gingen.
Wichtig war für Hessen besonders die früh-
eocäne, die späteocäne oder voroligocäne und die
vormitteloligocäne Störungsphase, weil sse die