Full text: Hessenland (43.1932)

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bürg vergrößert. Unter der freundlichen Führung von 
Herrn Geheimrat Schneegang wurde die Burg er 
stiegen. Im Burghof hielt er einen in der Hauptsache 
aus älteren Darstellungen geschöpften Vortrag über die 
Geschichte von Burg und Stadt Biedenkopf. Dann 
wurde unter seiner und des Sammlungshüters Fey Füh 
rung das sehr sehenswerte und durch geschickte Aufstel 
lung besonders gut wirkende Museum des Hinterländer 
Geschichtsvereins besichtigt. Nach der Sammlung 
wurde auch die hinter der jetzigen Burg liegende alte 
Burgstätte besucht. Auf dem Weg zum Bahnhof wurde 
noch eine Anzahl interessanter Häuser gezeigt. 
Am 25. Juli fand die Hauptversammlung des Zweig 
vereins Marburg in den Räumen des kunsthistorifchen 
Museums statt, die gut besucht war. Mit ihr verbunden 
war eine Führung durch die prähistorische Abteilung durch 
Herrn Prof Dr. Merhart von Bernegg. Dieser 
schickte dem Rundgang eine kurze Ansprache voraus, in 
der er u. a. in sehr humorvoller Weise ans die haupt 
sächlich durch die geringen Etatgmittel verursachten 
Schwierigkeiten seiner Arbeit hinwies und auch begrün 
dete, warum die Sammlung noch nicht allgemein zu 
gänglich gemacht werden konnte. Die Sammlung be 
steht aus drei Teilen, einem Teil, der vom hessischen Ge 
schichtsverein beigebracht wurde, einem Teil, der als 
Lehrsammlung für die Mitglieder des prähistorischen 
Seminars dient, und einem Teil, der durch neue Gra 
bungen zusainmenkommt. Diese drei Teile räumlich zu 
scheiden sei nicht möglich. Beim Rundgang durch die 
Räume wurden dann, immer mit prächtigem Humor ge 
würzt, Erklärungen zu den verschiedensten Stücken, u. a. 
solchen des Lohrarer Fundes, gegeben. Leider gehen die 
meisten Funde, da hier das Geld für Grabungen fehlt, 
an die Geldgeber, Staat, Regierungsbezirk, u a 
Bei der dann anschließenden Hauptversammlung, für 
die der Museumsleiter, Herr Dr. Kippenberger, 
freundlicherweise den Saal der Baumausstellung zur 
Verfügung gestellt hatte, gab der Vorsitzende zuerst den 
Geschäftsbericht. Der Verein konnte auch in diesem 
Jahre seiner Aufgabe gerecht werden. An z. T. außer 
ordentlich gut besuchten Vortragsabenden sprachen: 
i. Studienrat Prof. Kürschner über „Die Heilige Elisa 
beth und ihre Bedeutung für Hessen", 2. Privatdozent 
Dr. Zeh aus Darmstadt über „Das Osebergschiff", 3. 
Prof. Dr. Blanckenhorn über „Oie geologischen Karten 
des kurhessischen Gebietes und die geologische Geschichte 
des Kreises Kirchhain", l\. Archivdirektor Dr. Knetsch 
über „Goethes Ahnen". 
An Ausflügen und Besichtigungen wurden veranstal 
tet: i. Führung durch die Elisabethausstellung (Dr. 
Kippenberger), 2. Ausflug im Gesellschaftsauto nach 
Hatzfeld (Dr. Lotzenlug), Z. Führung durch die restau 
rierte Elisabethkirche (Dr. Kippenberger), !\. Ein geo- 
logisch-historisch-prähistorischer Ausflug nach Neustadt 
und der Nellenburg (Prof. Blanckenhorn, Dr. med. 
Engelhardt und Rendant Keppler aus Neustadt), 5. 
Kloster Altenberg bei Wetzlar und Burg Hermannstein 
(Privatdozent Dr. Meyer-Barkhausen aus Gießen und 
Archivrat Dr. Uhlhorn), 6. Führung durch die Ubbe- 
lohde-Ausstellung und unsere Waffensammlung (Dr. 
Kippenberger), 7. Ausflug nach Biedenkopf, Burg und 
Sammlung (Geheimrat Schneegans). Allen Helfern 
wurde herzlicher Dank ausgesprochen und um weitere 
Unterstützung, besonders Führung bei Ausflügen, gebe 
ten. Eine schwierige Frage ist, wie heute bei allen Ver 
einen, ^>ie Mitgliederfrage. Zwar hat sich, nachdem der 
erste Schrecken über die Gehaltsabzüge überwunden war, 
die Austrittsbewegung, in erfreulichem Gegensatz zu an- 
dercn Zwcigvereinen in ganz erträglichen Grenzen ge 
halten und drei der Ausgetretenen haben den Weg schon 
wieder zurückgefunden, andere ihren baldigen Wiederein 
tritt in Aussicht gestellt, aber der Vorstand bittet doch 
dringend um die Mitarbeit aller Mitglieder, besonders 
um eifriges persönliches Werben und Mitteilung von 
Anschriften, an die er Einladungen und Werbekarten 
versenden kann. Will der Verein seine große und schöne 
Aufgabe, durch Pflege der Liebe zur engeren Heimat die 
Liebe zum großen deutschen Vaterlande zu stärke», wei 
ter erfüllen, so darf er die pekuniäre Seite der Sache 
mcht übersehen. Je mehr Mitglieder er hat, desto mehr 
Veröffentlichungen kann er drucken, desto mehr Geld für 
Grabungen, Neuankäufe und Aufstellung der Samm 
lung ausgeben. Gerade die letztere Aufgabe ist trotz der 
dankenswerten Mithilfe der Universität, besonders des 
Herrn Kurators und der hingebenden Arbeit des Herrn 
Dr. Kippenberger sehr ins Stocken gekommen. ^Oer 
Verein verlor durch Austritt 13, durch Wegzug 2 und 
durch Tod 5 Mitglieder. Diesem Verlust steht ein Ge 
winn von 12 Mitgliedern, darunter 8 Neueintritte, ge 
genüber. Mit immer noch über 2^0 Mitgliedern bleibt 
der Zweigverein Marburg der zweitstärkste Verein im 
Gesamtoerein. 
Es folgten die Berichte des Kassenführers, Geh. Rat 
Heer, dem Entlastung erteilt wurde, und des Konser 
vators Giebel, der über den Fortschritt in der Aufstel 
lung der Sammlungen und einige Neuankäufe berichtete. 
Oie Vorstandswahl ergab Wiederwahl: Vors. Kürsch 
ner, Schriftf. Gutbier, Kassenführer Heer, Konservator 
Giebel. Zum Schluß wies der Vorsitzende auf die noch 
geplanten Ausflüge nach Caldern und, im Gesellschafts 
auto nach Schweinsberg und Homberg a. Ohm sowie 
die diesjährige Tagung des Gesamtvereins vom 26. bis 
28. August in Hersfeld hin, teilte das vielversprechende 
Programm mit und bat um zahlreichen Besuch dieser 
Tagung. 
Zweigverein Hamburg. 
Richard Begers treues Hessenherz hat aufgehört zu 
schlagen. Durch sein Hinscheiden hat der „Verein für 
Hessische Geschichte und Landeskunde zu Hamburg" 
einen schweren, sehr schweren Verlust erlitten. Richard 
Beger gehörte mit zu den Begründern des Hamburger 
Zweigvereins und er war der treuesten einer. Die Vor 
sehung hatte ihn mit wunderbarem musikalischem Talent 
begabt. Wer in seinem stillen rosenumsponnenem, klang-' 
durchflutetem Häuschen im friedlichen Othmarschen aus- 
und eingehen durfte, nahm immer reichen Segen mit von 
dem, was seine göttliche Kunst uns bot. Charakteristisch 
für seine Wesensart war, daß klassische Musik ihm 
Ideal wir. Beger war Oberbaurat der Stadt Altona 
und leitete dag städtische Siel- und Verkehrswesen fast 
zehn Jahre lang. Er war in Kassel 187g geboren, hatte 
in Charlottenburg studiert und war als Offizier aus dem 
Felde zurückgekommen. Und wenn des Tages Last und 
Mühe, der Dienst ihm Aerger und Unruhe brachte, 
wenn die Not des Vaterlandes sein kerndeutsches Herz 
bluten ließ, dann flüchtete er in den Tempel der Musik 
und legte in die heiligen Klänge seines Flügels alles, 
was sein Herz bewegte. Neben seinen Flügel betteten 
ihn seine Lieben auf die Bahre, als er die guten Augen 
geschlossen. Ein altfriesisches Kreuz von seines Seelen 
bruders, Professor Arthur Bock, Meisterhand geschaffen, 
kündet die Stätte, wo sein edles Herz ruht. Das Wald- 
vöglein, dessen Gesang er uns so oft aus seinem Flügel 
herauszauberte, singt nun in dem Gezweig über ihm, und 
alte Bäume rauschen Ewigkeitsmelodien. 
Dr. Hans Braun -Hamburg.
	        

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