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kurzem selbst gekommen war, hat mir jetzt Professor
Gierach zu hoher Wahrscheinlichkeit erhoben.
Ich will aber immerhin nicht verschweigen, daß
wir gerade bei Flußnamen, die unter allen über
lieferten Sprachdokumenten das höchste Alter be
anspruchen dürfen, nicht nur mit frühhistorischen,
sondern auch mit vorhistorischen Nationalitätsver-
hältnissen rechnen müssen. Auch die Germanen find
keineswegs die ältesten Bestedler des oberen Oder-
gebiets gewesen; ehe sie von Norden her dahin vor
drangen, saßen hier und weitverbreitet über den
binnendeutschen Osten illyrische Stämme, und die
haben in den Orts- und besonders in den Fluß-
Giordano Bruno und Hessen.
Ein Gedenkblatt an den Aufenthalt des Philo
sophen Giordano Bruno in Zürich, das jetzt
in der Neuen Zürcher Zeitung (Nr. 1925) er
schien, vermittelt auch Nachrichten über dessen Be
ziehungen zu Hessen, die allerdings nur indirekte
sein können. Denn als Bruno von Helmstedt nach
Frankfurt a. NT zog, um dort bei Johann
Wechel und Peter Fischer Arbeiten drucken zu
lassen, hat er wahrscheinlich auch das Hessenland
berührt oder durchzogen. Aus der Zeit aber, da
Herzog Julius von Braunschweig
dem Nolaner seine Professur an der Universität
Helmstedt übertrug, mit der besonders der Geologie
und Bergwissenschaft gedient werden sollte, wie ja
der Herzog auch der Begründer der Rammels-
berger Gruben und des Bergbaues zu Gittelde im
Oberharz ist, schrieb dieser an den Landgrafen
W i l h e l m IV. von Hessen die Worte:
„Wie andere Chur- uni) Fürsten meistenteils dem
Iagdteufel anhängig, also hatö mit uns die Ge
legenheit, wie Ew. Gnaden und Liebden zum Teil
wissen, daß wir dem Bergteufel anhängen." —
Hatte doch auch der Herzog bei einem Besuche in
Kassel gemeinsam mit dem Landgrafen ein alchy
mistisches Buch gelesen, das ans dem Nachlaß des
in einem Nkarburger Gefängnisse verstorbenen
Ludwig Neißer stammte, den Hans von Dörnberg
dort als Goldmacher sich gehalten hatte.
Aber auch ein Schüler des Giordano Bruno
sollte in INarburg an der Universität wirken. Es
war Raphael Egli, der sich nicht nur die
Philosophie des Nolaners, sondern auch dessen na
turwissenschaftliche und chemische Künste angeeignet
hatte. Hatte Bruno in dem Schloßherrn von
Elgg, dem aus Augsburg gebürtigen Johann
namen mehr oder weniger deutliche Spuren hinter
lassen. So hat man kürzlich in dem Namen der
sächsischen Stadt Tharandt das süditalische, auf
altillyrischem Boden gelegene Tarent wieder
finden wollen, das seinerseits von dem Fluße la-
rantos benannt ist. Auch für unser Vckro—Odra
fehlt es nicht an Anklängen auf illyrischem Boden
— aber mit solchen „Anklängen", die uns weiter
hin nach Sizilien, Arabien, Palästina und schließ
lich wer weiß wohin? führen würden, brauchen wir
uns nicht einzulassen, nachdem wir in deutschen
Landen die leicht zu verknüpfende Dreiheit Eder—
Atter—Oder gefunden haben.
Heinrich Heinzel einen Gönner gefunden, der seine
Kenntnisse verwertete bei der Ausbeutung seiner
Graubündener Bergwerke, so wurde Egli der
Nachfolger Brunos, als dieser nach Venedig
weiterzog und damit in den Tod. Egli wurde in
Zürich vorgeworfen, er habe sein Predigtamt we
gen der Alchymie vernachlässigt, und hatte er die
Stimmung gegen sich noch mehr aufgebracht da
durch, daß er seine chemischen Versuche kühn ver
teidigte, so mußte er Zürich verlassen und ging
nach Nt a r b u r g. Hier wirkte er als Professor.
Er kehrte zur Philosophie und vornehmlich der
seines Lehrers Giordano Bruno zurück, von dem er
auch die Bedeutung der ernsten Naturforschung
erlernt hatte. Noch in Zürich hatte ihm Bruno
sein letztes und größtes, leider verschollenes Werk
diktiert, das vielleicht noch unter den Akten der
römischen Inquisition schlummert, das „alle Wis
senschaften inbegreift". Das war für Egli ein Er
lebnis, von dem er noch manche Jahre später mit
Begeisterung berichtete. „Auf einem Fuße stehend,
diktierte und dachte dieser Nteister so geschwind,
als ihm die Feder zu folgen vermochte, so raschen
Geistes und von so großer Denkkraft war er."
Einen Teil dieser Arbeit gab Egli, nachdem er die
Verhaftung des Nolaners erfuhr, anfangs 1594
auszugsweise bei Ioh. Wolf in Zürich unter dem
Titel „Summa terminorum metaphysicorum
... ex Jordani Bruni Nolani Entis Des-
censu manusc. excerpta“ heraus und 1609
legte er das gleiche Werk, wesentlich erweitert, i n
M arburg gedruckt, noch einmal in die
Hände der philosophisch interessierten Welt. —
So hat auch das Hessenland einen Anteil an der
Denkarbeit des zu Rom verbrannten Philosophen
Giordano Bruno.
In den Monaten Oktober und November fand im Marburger Nunstinstitut eine große Nusstellung des Lebenswerkes
Herrn Prof. Bantz er statt, der wie wir bereits berichtet, am 6. Nugust d. Js. seinen 75. Geburtstag feierte. Wir
werden in der nächsten Nummer auf Bantzer und seine Kunst, besonders auf seine Tätigkeit in Dessen zurückkommen.