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mantik W erncc Henschel, war ein Paten
kind des Hofmalers Kobold. Nach dem Besuch
der Kasseler Akademie ging dieser 1805 nach Pa
ris, wo er in engem Verkehr mit Savigny, Jacob
Grimm und dem vitaler Ludwig Hummel lebte
und durch David künstlerisch stark gefördert wurde.
Jerome beauftragte ihn 1810, für den Kasseler
Königsplatz eine Broncestatue des Kaisers Napo
leon zu schaffen, aus Mangel an Mitteln für die
erforderliche Bronce wurde aber bekanntlich 1812
eine Marmorkopie der von Chaudet in Paris ge-
fchaffenen Statue enthüllt. Als sein Vater durch
General Alix aus dem Gießhause vertrieben war,
mußte er mit seinem Bruder Anton dem Vater im
Geschäfte beistehen und in seinen besten Jahren
Kanonen gießen. Bekannt sind aus seiner späteren
Zeit vor allem seine drei Büsten der Kinder der
späteren Kurfürstin Auguste, die ihn und seine
Kunst sehr hochschätzte, und weitere Büsten des
Ilralers Bury und des Göttinger Professors Lich
tenberg sowie das Grabmal des früh verstorbenen
Grafen v. Reichenbach und andere Grabmäler auf
dem alten Kasseler Friedhof. In seinem Atelier
fanden genußreiche Abendgesellschaften statt; hier
las Emanuel Geibel 1842 sein erstes Drama
„König Roderich" vor. Zu seinem Freundeskreis
gehörten außer den Brüdern Grimm die späteren
Minister v. Radowitz und Hassenpflug, sowie
Bettina von Arnim. 1832 wurde er Professor der
Modellier- und Bildhauerkunst an der Kasseler
Akademie; von seinen Schülern haben sich Gustav
Kaupert, Heinrich Gerhard und Karl Hassenpflug
einen Namen gemacht. Werner Henschel war es
auch, der 1820/21 den Braunkohlenbergbau in
Jhringhausen ins Leben rief. 1826 trat er als
Teilnehmer aus der väterlichen Fabrik aus, um
sich ausschließlich seiner Kunst zu widmen. 1829
beauftragte ihn die Stadt Fulda mit der Errich
tung der Bonifatiuöstatue; er verpflichtete sich, die
9 Schuh hohe Figur bis zum Herbst 1830 in Erz
zu vollenden, aber widrige Umstände brachten es
mit sich, daß das Denkmal erst im Frühjahr 1842
in Fulda eintraf. Beim Brand des Gießhauses
waren sämtliche Formen für den Guß der Statue
vernichtet worden. Als erstes Kunstwerk ging der
Bonifatius aus dem neu erbauten, noch heute
stehenden Gießhauö am Möncheberg hervor. Die
Statue kostete ihn 6000 Gulden mehr, als er da
für ausgezahlt bekam. 1843 trat der 61jährige
die heißersehnte Reise nach Italien an. Hier schuf
er unter zahlreichen anderen Statuen die berühmte
Brunnengruppe „Hermann und Dorothea" für
das Pompejanum in Charlottenhof (Modell im
Treppenhaus der Murhardbibliothek). 1846
reichte er seinen Abschied als Lehrer an der Kasseler
Akademie ein uno wurde vom Kurprinzen mit dem
Titel Hofbildhauer entlassen. Er starb unvermählt
in Rom am 13. August 1830 und liegt bei der
Pyramide des Cestius begraben.
Von den beiden Söhnen Antons war Karl
1610 in Kösen geboren. Mit 16 Jahren trat er
in das väterliche Geschäft ein, studierte in Berlin
und Göttingen, verheiratete sich 1833 mit der
Tochter Johann Jakob Schmidts, des Besitzers der
Kasseler Ahnamühle, die an das Henschelsche
Grundstück angrenzte. Vorher war er als Teil
haber in die Firma aufgenommen worden, die seit
1830 den Namen Henschel und Sohn führte. Als
sich im August 1845 der Qberbergrat aus dem
Geschäftöleben zurückzog, übernahm Karl die
alleinige Leitung des Unternehmens, das unter ihm
einen immer größeren Umfang annahm. Der
1648 erfolgte Bau der ersten Lokomotive, des
„Drachen" (Preis 13 686 Taler) und ihr Trans
port zum Bahnhof war ein Ereignis für ganz
Kassel. Im selben Jahr erlitt Karl in Dresden
bei einem Sturz in einem unerleuchteten Trep
penhaus eine schwere Gehirnerschütterung, die ihm
bis zu seinem Tode (1860) zu schaffen machte. Er
war der erste, der im Familienerbbegräbnis auf dem
neuen Friedhof beigesetzt wurde. Sein 1817 in
Sooden geborener Bruder Otto war 1839 als
Teilhaber in die Firma eingetreten, starb aber
schon 1846.
Nach Karls Heimgang wurde die Firma von
seinem 1837 geborenen einzigen Sohn Oskar
übernommen, dem es beschieden sein sollte, das Un
ternehmen zu einer der größten Lokomotivfabriken
in Deutschland, ja in Europa zu gestalten. Nach
dem Verlassen der Kasseler Realschule hatte er
praktisch in der Fabrik des Vaters gearbeitet, dann
besuchte er das Polytechnikum in Karlsruhe und
trat nach erfolgter Großjährigkeit als Teilhaber
in die Fabrik ein, deren Leitung er schon 1860, 23-
jährig, übernahm. Er stellte die Fabrik in erster
Linie auf den Bau von Lokomotiven ein, der bis
herige Bau von Mühlen und Brücken, das Gie
ßen von Geschützen und Glocken wurde bald gänz
lich eingestellt. Während in den Jahren 1848 bis
1860 nur 30 Lokomotiven zur Ablieferung gelangt
waren, betrug die Zahl der bis zu Oskar Henschels
Tod (1894) fertiggestellten Lokomotiven rund 4200
Stück. 1862 hatte sich Oskar Henschel mit So
phie Caesar, der auf der Domäne Rothenhoff in
der Nähe der Porta Westfalica geborenen Tochter
des Rittergutsbesitzers und Amtsratö Theodor
Caesar, vermählt. Das junge Paar wohnte bis
zum Jahr 1871 im alten Wohnhaus auf dem
Möncheberg, um dann in die auf dem Grundstück
des Schwanerschen Felsenkellers auf dem Wein