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vergrößerte das väterliche Unternehmen. Er war
in erster Ehe vermählt mit Maria Chr. Schneider
aus Butzbach, Tochter des fürstlichen Leibkutschers
.Anton Schneider zu Darmstadt, in zweiter Ehe
mit Anna Apollonia Landsiedel, einer Gießener
Seilerstochter. Aus erster Ehe hatte er 7, aus
zweiter 9 Kinder. Er war 1715—23 Zunft
meister und starb, noch vor seinem Vater, 1727.
Im folgenden Jahr übernahm nach des Vaters
Tod dessen dritter Sohn Johann Andreas,
vermählt mit einer Tochter des Gießener Schrei
nermeisters und Ratsverwandten Franck, die Gie
ßerei und hatte wie der Vater anfänglich mit peku
niären Schwierigkeiten zu kämpfen. Auch er war
wiederholt Zunftmeister. Wie der Vater, hatte
auch er für die Instandhaltung der städtischen
Wagen und Gewichte zu sorgen. 1720 erhielt er
vom Landgrafen das alleinige Privileg, in Gießen
Glocken anfertigen zu dürfen, gleichzeitig wurde
ihm die Aufsicht über sämtliche hessischen Feuer
spritzen übertragen; er selbst fertigte auch solche
Spritzen an. Aus der Ehe gingen 10 Kinder her
vor, von denen sich Johann Philipp und Philipp
Ludwig in der Gießerei des 1737 verstorbenen Va
ters betätigten. Während der viermal vermählte
Philipp Ludwig 1731—52 die dem verstor
benen Vater übertragenen Arbeiten großen Stiles
beim Umbau der unter Aufsicht des Obersalzgreben
Freiherrn Waitz von Eschen stehenden Nau -
h e i m e r Saline überwachte, die hier errichtete
Gießerei leitete und dann als Werkmeister bei den
Gradierhäuseru der Saline zu Schwäbisch-
Hall tätig war, wo er 1775 im Kocherfluß er
trank, hatte sein älterer Bruder Johann Phi
lipp nach des Vaters Tod dessen Stück- und
Glockengießerei übernommen. Durch außergewöhn
lichen Fleiß brachte er seine Glockengießerei zu
höchster Blüte. Nicht weniger als 78 Glocken aus
den Jahren 1735—77 konnten als von seiner
Hand gegossen ermittelt werden. Vermählt war
er mit Kath. Elis. Sehnemann, der Tochter eines
Gießener Knopfmachers, die ihm 6 Söhne und 2
Töchter schenkte. Der einzige überlebende Sohn
Johann Jacob scheint dem Vater beim Glocken-
gießen zur Hand gegangen zu sein. Seine Ehe mit
einer Tochter des Jägers Otto in Ufingen scheint
kinderlos geblieben zu sein; 1737 geboren, starb er
schon 1769 an der Auszehrung. Der Vater, Jo
hann Philipp, verheiratete sich nach dem Heimgang
seiner Frau mit der Witwe des Jägers Otto aus
Rodheim; sie schenkte ihrem Mann noch 3 Söhne.
Wie sein Vater und Großvater, war auch er
neben seinem Zivilberuf Soldat. Auch er war
lange Jahre Zunftmeister. Landgraf Ludwig IX.
von Hessen gestattete ihm die Benutzung des staat
lichen Gießhauses zu Gießen. Er selbst starb hoch
betagt 1782, hatte aber schon 1779 die Glocken
gießerei an seinen Stiefsohn Friedrich Wilhelm
Otto abgegeben, da sich sein einziger noch lebender
Sohn Georg Christian Karl H e n s ch e l 1777
in Kassel nieoergelassen hatte und hier 1760 in die
Familie des Stück- und Glockengießers Johann
Friedrich Anton Storck einheiratete. Ncit Johann
Philipps Bruder Georg Moritz war 1794 der
Name Henschel in Gießen wieder ausgestorbcn, wo
fünf Generationen im Lauf von 157 Jahren ge
wirkt hatten. Philipp Ludwigs ältester Sohn I 0 -
haun Philipp ließ sich später als Tischler in
Braunschweig nieder. Dieser Zweig scheint
später ans Braunschweig wieder ausgewandert zu
sein.
Georg Christian Karl, 1739 in der Burg
kirche zu Gießen getauft, erhielt 1776 ans des Va
ters Hand den Gesellenbrief, mit dem er sich auf
die Wanderschaft begab. Im Gießhaus des land-
gräflich-heffifchen Stück- und Rotgießerö Storch
(Storch) zu Kassel, aus dem seit 1707 fast
alle hessischen Kanonen hervorgingen, fand er als
Stückgießergeselle Arbeit. 1780 wurde er in der
Kasseler Garnisonkirche mit der in Rinteln gebo
renen Friedericke Storck, Tochter seines Meisters,
getraut. 1783 erhielten Storck und sein Schwie
gersohn Henschel von Landgraf Friedrich II. das
Recht für die alleinige Herstellung von Geschützen,
Glocken, Feuerspritzen usw. im Niederfürstentum
Hessen. Um diese Zeit erlebte Storck übrigens eine
köstliche Geschichte. Eine fremde Dame 'kam, da
sich an ihrem Ort kein katholischer Geistlicher be
fand, nach Kassel, um zu beichten und wurde hier
zum Kanonikus gewiesen; so kam sie zu Storck, der
ihr nun auseinandersetzen mußte, daß er zwar Ka
nonen gieße, aber darum noch kein Kanonikus sei.
Als Storck 1793 starb, übernahm fein einziger
Schwiegersohn Karl Henschel die Leitung des bis
her gemeinsamen Unternehmens. Durch landgräf
lichen Erlaß wurde ihm im Herbst 1793 die Füb-
rung der landgräflichen Stückgießerei übertragen,
und er siedelte nun mit seiner Familie in das fiirst-
liche Gießhans über. Im nächsten Jahr wurde
ihm auch noch das Amt des Brunnenleiters über
tragen als Nachfolger des zum Brunneninspektor
ernannten Karl Steinhofer. Karl Henschel wußte
damals noch nicht, daß fein Ururgroßvater Jo
Hannes vor 168 Jahren in Mainz die gleiche
Stellung als Brunnenmeister bekleidet hatte. Noch
im gleichen Jahr erbaute er das erste Bleiwalz
werk in Deutschland und lieferte daraus das Deck
blei für die Pinakothek und Glyptothek in Mun-
chen. Da der damalige Bedarf an Geschützen ge
ring war, blieb der Glockenguß die Hauptbeschäfti