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Girsbach als halb dettsch (dumm) geltenden Baste
Eckerd.
Die Bestchtigungsleute tuen den Genüssen, die
auf dem Tisch erscheinen, „Ehre an", die Männer
nippen ein wenig an dem Branntwein und alle
moffeln (muffeln, Mund voll essen) ein paar Bist
sen, mehr hätte gegen die gute Sitte verstoßen.
Darauf ging der Gang durch Haus, Hof und
Feld. Zunächst kam das „Zunge Haus" an die
Reihe. Schon die große Stube im unteren Stock
werk, in der gegesten worden war, erregte Beifall,
und daß die Küche für die Bereitung der mensch
lichen Speisen „hochgelegt" war, wurde ganz be
sonders herausgestrichen. Spanne Wlls meinte:
„Lejsewith krejt's mol fein, brem die Kech se glich-
cher Ar met die Stobb leit." (Elisabeth kriegt's
mal fein, bequem, weil die Küche gleicher Erde mit
der Stube liegt.)
Dann stieg man auf der breiten Treppe aus dem
Hllusern (Hausflur), der ebenfalls zur Hälfte
hochgelegt worden war, hinauf ins zweite Stock
werk. Die mit Leinen gefüllten Laden (Truhen)
und die eichen Kleiderschränke lösten eitel 2Dohl-
gefallen aus, war doch Eckerd Baste Einziger, dem
einmal das ganze „Werk" zufiel. Weiter stiegen
die WAtcheröder auf die Lew (Boden) und waren
nicht wenig befriedigt über die großen Haufen
Frucht, die da lagen. Baste Herr hatte nur wenig
in diesem Jahr abgesetzt, um wie er sich ausdrückte,
den Besichtigungsleuten „die Augen voll zu
machen". Auch die vielen Böste (Gebunde) Flachs
auf der Obersten Lew (Kehlboden) fanden volles
Lob.
Der Gang zog sich ähnlich durchs Ellerhaus
(Elternhaus, Auszugshaus) hin. Hof, Scheunen
und Ställe wurden dann vorgenommen; hier oie
weite Miste, dort Heu und Stroh und das gut
genährte Vieh: alles war im besten Zant (in der
Reihe). Gutsübergabe und Auszug bildeten weiter
wichtige Kapitel, über die hin und her gehandelt
wurde. Da war aber nicht zu viel sagen, Baste
Vater erklärte: „Eckerd krejt kenftige Zakkebs-
daag (Zakobi, 25. Zuli) dS Gut met allem ,Scheff
on Geschärt, muß mer jehrlich de Auszog gah, bie
dä en insem Trant iblich eß on muß vier daustg
Düchler raus gah." (Eckhart kriegt künftigen Za-
kobitag das Gut mit allem Schiff und Geschirr,
muß mir jährlich den Auszug geben, wie der in
unserm Rang üblich ist und muß qtausend Taler
herausgeben.)
Baste Vater tippte an wegen Lejsewiths Mit
gift und hörte, daß seine zukünftige Schnärch
(Schnur, Schwiegertochter) 5000 Taler mitkrie
gen sollte. Das befriedigte ihn sichtlich.
Zuletzt wanderten die Besichtigungsleute ein
wenig ins Feld, aber auch da fanden sie nichts aus
zusetzen. Aber die Größe des Gutes gab Baste
Vater den Bescheid: „Es eß Hontonzwanzig Acker
groß, honet Acker Laand on zwanzig Acker Wesse,
on leit drmenst blos in Katzesprüng vom Hob
wägg. " (Es ist i2o Acker groß, 100 Acker Land
und 20 Acker Wiesen und liegt zumeist ganz nahe
am Hof.) Der alte Spann meinte gönnerhaft:
„Mengs eß zwàr 20 Acker grester, dodroff sall's
äwwer net grüd okomme, es eß bej öch kee Kend
üusesetze." (Meins ist zwar 20 Acker größer, dar
auf soll's aber nicht gerade ankommen, es ist hier
auch kein Kind auszusteuern.)
Ein Knecht kam gelaufen: „Ehr sollt glich
komm, de Kaffi stett of em Desch." (Zhr sollt
gleich kommen, der Kaffee steht auf dem Tisch.)
Das ließen sich die Weibsleute besonders nicht zwei
mal anbieten, aber auch die Männer zeigten sich
bereit. Die Besichtigung wurde beendet. Sie war
so gut ausgefallen, daß Eckerd hörte, als er wieder
in Wettcherod weilte, in drei Wochen könne Hanv-
schlag (Verlobung) sein.
5. Der „Handschlag".
Zn der Zwischenzeit machte Eckerd jeden Abend
ein Gängelchen „nach" Spanne Lejsewith in
Wettcherod, bald war er „an die Heck gewöhnt"
und verlor den Schärkel (Scheu, Angst) vor der
Freierei.
Und Heuteabend ist „Handschlag (Verlobung).
Dazu sind die männlichen Verwandten aus
Schwalmehausen, Wiesenbach, Gerstenborn,
TLernersfeld und Girsdorf eingeladen worden.
Trotz des Düurerwetters (unbeständigen, schlechten
Wetters) mit Schneegestöber anfangs März, stell
ten die sich sämtlich ein. Nachdem sie ihren
„Blauen Tuchmantel" in Form eines Havelocks
abgelegt haben, fragt der alte Spann: „Bàs eß
da eintlich hej ver?" (Was ist denn eigentlich hier
los?) Darauf ergreift der Frei(ers)mann das
Wort zn einer Rede:
„Da keiner aus unserer Gesellschaft Auskunft
darüber gibt, so will ich solche vorbringen. Ein
Junggeselle weilt unter uns hier, der mein Freund
und Kamerad ist, und welcher, auf der Höhe seines
Lebens angekommen, den Ruf seines Vater ver
nommen hat: „Stell dich auf deine Füße, denn ich v
übergebe dir meine Güter, da sich mein Geist nach
Ruhe sehnt. Manche Saat habe ich der Furche
anvertraut, manch herrliches Gewächs hat sich dar
aus erbaut. Des Himmels Sonnenschein und Re
gen begrüßten die Gewächse auf der Flur, und es
entstand daraus ein großer Segen. So bleibe nun