85
gemeinschaft interessiert, die sich in Anlehnung an
den Verkehrsverband für die Lahn (Sitz Limburg)
ergab, der als Dachorganisation bereits die übrigen
Lahnstädte von Wetzlar bis Koblenz zusammen
schließt und betraut.
Am 2. Februar d. I. fand nun in Gießen wie
der unter dem Vorsitz des ersten Vorsitzenden des
Marburger Verkehrsvereins, Verlagsbuchhändler
Braun, eine Sitzung dieser Arbeitsgemeinschaft
statt, in der vor allem der Wunsch laut wurde
nach einem engeren Zusammenschluß, damit auch
tatsächlich praktische Arbeit geleistet werden kann.
Erwogen wurden weiter die Möglichkeiten eines
Austauschs des Fremdenverkehrs, der durch größere
Veranstaltungen (z. B. 700jährige Ge-
Der Dorfschäfer.
Am Riedberg, eine halbe Stunde oberhalb des
Dorfes, weidete die Schafherde des Ortes. Das
ununterbrochene Rupfen und Zupfen der im Äsen
weiterschreitenden Tiere verursachte das Geräusch
eines gleichmäßig niederfallenden gemächlichen
Landregens. Der Dorfschäfer Johannes Füll-
gräbe saß auf einer der armdicken, bemoosten
Wurzeln der vielhundertjährigen Linde, die alö
einsame Wächterin vor dem Riedwäldchen stand.
Der Schäfer laö in seinem Neuen Testament, das
er in der Brusttasche seines blauen Leinenkittels
stets mit sich führte. Die Obhut über die große
Schar seiner Pfleglinge konnte er, während er
seine Abendandacht hielt, getrost seinen getreuen
Gehilfen Luchs und Flink überlasten. Die Hunde
umkreisten diensteifrig und rastlos die Wollträger,
mit drohendem oder auch nur mahnendem Gekläff
die Tiere beisammenhaltend, oder diejenigen zurück
treibend, die Neigung zeigten, sich auf verbotene
Wege zu begeben und den üppigen Saatfeldern
am oberen Rand des Weideplatzes einen unerlaub
ten Besuch abzustatten.
Füllgräbe klappte sein Buch zu und blickte eine
Weile sinnend ins Weite. Vom Dorf herauf,
dessen Spitzturm und rote Dächer zwischen dem
jungen Grün der Bäume hervorlugten, verklang
das Abendläuten. Der Schäfer erhob sich, nahm
den breitkrempigen, verwitterten Filzhut ab und
sagte bei den letzten Gebetschlägen halblaut:
„So oft ich hör' der Glocken Schlag,
Daß ich es wohl bedenken mag,
Daß meine kurze Lebensfrist
Ein Stündlein kürzer worden ist."
Als der Schafhirte sich wieder seiner Herde zu
wenden wollte, sah er drüben auf der Landstraße,
dächtnisfeier der heiligen Elisabeth) und Tagungen
in den einzelnen Städten des Lahntals in diesem
Sommer zu erwarten ist, ferner wurde angeregt,
in Holland eine besondere Stelle einzurichten,
die dort speziell für Reisen durch das burgenreiche
Lahntal werben soll. Von der Herstellung einer
Reliefkarte durch das Lahntal glaubt man
zunächst absehen zu müssen, dafür wurde vorge
schlagen, ein illseitiges Faltblatt im
Tiefdruckverfahren herzustellen in einer Auflage
von 30—50 000 Stück. Auch die Aufgabe einer
Sammelan zeige in geeigneten Zeitungen
und Zeitschriften ist für dieses Jahr wieder in
Aussicht genommen. s—r.
Erzählung von Helene Brehm.
die von Hainrode herabkommt, einen Mann stehen,
der gleichfalls zum Dorfe hinabsah und den
Glockenklängen gelauscht zu haben schien. Auch
er hielt den Hut zwischen den Händen, die sich auf
einen Spazierstock stützten, und fuhr sich nun mit
seinem Tuch über die Augen. Es schien ein
Fremder zu sein, denn neben sich an den Wegrand
hatte er einen umfangreichen Handkoffer gestellt.
Jetzt setzte der Mann den Hut wieder auf, griff
nach seinem Gepäck und ließ die Augen wie prü
fend umherschweifen.
Da bemerkte er jenseits der Ackerstreifen, die sich
zwischen die Straße und das Riedwäldchen drängen,
den Schäfer, der ihm das Gesicht zugewandt hatte.
Der Fremde stutzte einen Augenblick, schickte dann
einen Ruf zu dem Spähenden hinüber und eilte, so
schnell sein schweres Gepäckstück es zuließ, durch
Furchen und über Äcker zu dem Schäfer hinüber,
der die Hand schattend über die Augen hielt. Wer
mochte der Nahende sein, der jetzt sogar freudig
seinen Namen rief?
„Guten Tag, Schwager Gehannes! Das ist
aber eine gute Fügung, daß ich dich als Ersten in
ver alten Heimat treffe! Du kennst mich wohl
gar nit mehr?" Ein frohes Lächeln ging über
das Gesicht des Angerufenen. „Ja, bist du's denn,
Schwager Andrees? Wo in aller Welt kommst
denn du her?"
Die beiden Männer drückten sich herzlich die
Hand. „Ich komme gerade aus dem Amerika
heraus. Vorgestern abend kam ich in Kastei an.
Gestern hab' ich allerlei Geschäfte dort erledigt,
und heute mittag machte ich mich auf den Weg
hierher, um die Heimat und die Freundschaft end
lich wiederzusehen. Ich werde wohl Euch allen
aus den Augen gewachsen sein, denn aus dem