Full text: Hessenland (42.1931)

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in a r an der sog. Mannsbühne angebrachten alten 
Gemälde, das eine Kirche darstellte und die Be 
zeichnung asylum trug. Ein Bericht von 1554 
sagt darüber: „Es ist auch alters herbracht und in 
brauch gewest, das die von Geismar eine friheith 
in dem Clauster und uff dem kerchoue darselbst ge 
both, als wenn jemand eine uberfarunge getan 
hatte, das derselbige vor gemalt, darmith er zur 
antwort keme, uff dem kerchoue und Clauster frie 
gewest und noch" X1 ). Büff, Kurhefs. Kirchenrecht 
S. 2io, Anm. 4 bemerkt dazu: Asyle für Ver 
folgte find die Kirchen der Protestanten nicht, doch 
scheint die Reformation die alte Rechtsordnung 
nicht gleich absorbiert zu haben. Über eine Frei 
statt zu M ade berichtet eine Urkunde von 
1410, April 6^): „Bernhard und Reiner von 
Dalwigk tauschen ihren Garten im Dorf Maden 
und eine Hufe Landes, welche zum Gotteslohn ihrer 
Kapelle zu Schoneberg gehörte, mit dem Lgr. Her 
mann zu Hefsen gegen eine Hofstatt zu Maden, 
genannt „dy fryhobestede", welche in den Zehnthof 
daselbst gehört, und die nunmehr zu der erwähn 
ten Kapelle gehören soll." Aber es klingt fast, als 
ob nicht die neue Zugehörigkeit zur Kapelle, sondern 
die alte zum Zehnthof ihr den Namen verschafft 
hat, in diesem Fall würde es stch also um eine welt 
liche Freistatt handeln. Als solche find wohl auch 
die Fronhöfe des Abts von Hersfeld anzusehen, 
von denen eine Urkunde des Abts Heinrich von 
Swinrode von 1285, Dez. 18 13 ) sagt: „Si per- 
custor seu laesor ad aliquam aream, que Vrone- 
hobistat nuncupatur, confugerit, .... quod nullus 
officialis noster vel ipst civeö eum inde extrahere 
non debeant." Der Hagen zu Helmarshau- 
s e n bildete nach SPfaff 14 ) eine Freistatt für solche, 
welche wegen Vergehens oder Verbrechens verfolgt 
n) Falkenheiner, Hess. Städte und Stifter II. 
12) Gen. Rep. Maden. 
IZ) Wenck III U. B. Rr. 76. 
izj) Die Abtei Helmarshausen, ZHG. 44 ' ®- 
188 ff. 
Ein hessischer Bildhauer. 
Am 5. März begeht in Kassel, seiner Va 
terstadt, Carl Gruber den 75. Geburtstag. 
Der Jubilar, der sich einer beneidenswerten gei 
stigen Frische und körperlichen Rüstigkeit erfreut, 
entstammt einem angesehenen Kasteler Bürger 
haus, in dem der Sinn für alles Schöne lebendig 
war, und hat nach dem Besuch des Lyceum 
Fridericianum seine künstlerische Tätigkeit 
auf eine solide Grundlage gestellt: nachdem er das 
Maurer- und Steinhauer-Handwerk erlernt hatte, 
wurden. „^Während des Tages der Kirchweihe 
war der ganze Ort eine Freistatt, wo weder 
Fremde noch Bürger vor Gericht gezogen werden 
konnten, außer wegen Bruchs des Marktfriedens." 
(Das fällt wohl unter den Begriff der Markt 
freiheit.) Zu Steinau hatten die vereinigten 
Büchsen- und Armbrustschäßen die Freiheit ihrer 
Schüßenstube, daß, wenn sich dort ein Frevel be 
gäbe, sie den selbst strafen könnten^). Die Schützen 
zu Schlüchtern begehrten dieselbe Freiheit, erhiel 
ten sie aber nicht. Es scheint, daß auch ganze Ort 
schaften, und nicht nur für die Tage der Markt- 
oder Kirchweihfreiheit, zu Freistätten erklärt wur 
den. Von Trendelburg behauptet Fennel in 
einer Schrift über die drei Burgen Krukenburg, 
Trendelburg und Sababurg, daß sie eine Zeit lang 
„Freistatt" geheißen haben solle, weil Totschläger 
allda vor den Verfolgern sicher sein könnten. Ur 
kundlich steht das fest für die Stadt Witzenhausen, 
wo Lgr. Heinrich I. von Hesten für seine Stadt 
2 G 5 jtzenhausen bestimmt, daß sie fränkisches 
Recht gebrauchen solle, da fie auf fränkischem Bo 
den liege. . .: „Bei Totschlag zwischen Bürgern 
oder Bewohnern der Stadt sind dem Täter, wenn 
er nicht entfliehen kann, sondern nur sein Haus er 
reicht, 4 Wochen Frist vor dem Gerichtstage zu 
geben. Entkommt er danach in seines Nachbarn 
Haus, so gewinnt er wiederum 4 Wochen weiterer 
Frist. Gelingt es ihm, die Stadt zu verlosten, so 
soll seiner Frau und den Kindern auf Verlangen 
freier Abzug samt ihrer Habe gewährt werden ^). 
Vermutlich ist dasselbe Asylrecht auch der Stadt 
Grünberg gewährt, denn in der Bestätigungs 
urkunde ihrer Privilegien durch Lgr. Heinrich von 
1272, Okt. 16 heißt eö: „In der Stadt gilt frän 
kisch Recht, das sie stch erwählt, weil sie seit Alters 
fränkisch ist" "). 
iz) Zimmermann, Hanau, S. 528. 
16) Grotefend, Landgr.-Regesten I, 88. 
17) Das. I, 165. 
bezog er die Kasseler Kunstakademie, 
wo er im Verlauf eines zweijährigen Besuchs der 
Architektur- und Bildhauer-Klaste mit zwei silber 
nen Medaillen und einem Stipendium ausgezeich 
net wurde, benutzte dieses aber nicht etwa zu einer 
Reise nach Italien, sondern zum Besuch einer 
Staatlichen Baugewerkschnle und 
war danach in Berlin als Architekt in einem 
großen Baugeschäft tätig, nicht ohne gleichzeitig 
die dortige Bau-Akademie zu frequentieren
	        

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