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viel mehr noch der früheren Vorgesetzten erregen,
denen er bei der Beförderung vorgezogen wurde.
Zu diesen gehörte z. B. ein Kriegsrat Harnier, der
Vater des Chefs des Bankhauses Rüppell und
Harnier in Frankfurt a. lM. Diese Firma wurde
später durch Buderus wie noch eine Reihe anderer
in Frankfurt und Kassel aus dem Geldverkehr mit
dem Kurfürsten verdrängt, um ihn ganz allein in
: den Händen des Ntarmeö zu belasten, der sich als
' besonders tüchtig, gefällig, zuverlässig und treu er
wiesen hatte und noch erweisen sollte, wie wir heute
wisten; das war eben Meyer Amschel Rothschild,
der frühere Münzenlieferant des Erbprinzen. In
dieser Finanzoperation, der Graf Corti geradezu
weltgeschichtliche Bedeutung beimißt, haben wir
die Höchstleistung des Rechenkünstlers Buderus zu
erblicken, einen Rekord, wie man heute sagen
würde, der nie geschlagen worden ist und der seines
gleichen in der Geschichte des Geldwesens überhaupt
nicht hat. Mit den Wilhelmsbader Hellerbrüchen
und den Nauheimer Salzkreuzern verglichen tritt
die fernblickende Arbeit dieses Finanzgenies erst
recht in die Erscheinung, wenn wir uns das Ziel
seines großzügigen Planes vor Augen halten: die
Zusammenlegung und Bewegung von Millionen
und Abermillionen.' Das Dreigestirn am hesstschen
Geldhimmel, jetzt glänzte es im hellsten Lichte, aber
nicht zum Segen des Landes und des Volkes. Das
gewagte Unternehmen ist Buderus in vollem Um
fang geglückt und allen Dreien zugute gekommen:
dem Kurfürsten, Rothschild und Buderus selbst,
den Rothschild später als stillen Teilnehmer auf
nahm (Anl. i), allerdings mit einem nur geringen
Kapital. Wer wollte ihm hieraus einen Vorwurf
machen, wo sich an Geburt und Rang viel höher
Stehende, deren Noamen ich nicht zu nennen
brauche, dieses Mittels ebenfalls bedient haben und
sich noch in unseren Tagen seiner bedienen? Zu
der Mißgunst und dem Neid in der Beamtenwelt
kam aber für Buderus nach der Ausführung seines
Meisterstücks im Geldwerk nun noch die offene oder
heimliche Feindschaft der zahlreichen großen und
kleinen ausgeschalteten Bankfirmen. — So
So standen die Dinge, als sich der Kurfürst fern
von seinem Lande in Schleswig in der Verbannung
aufhielt. Er hatte ja in dem unseligen Jahre
1806 am i. November infolge seiner unschlüssigen
politischen Haltung Hals über Kopf Kastei ver
kästen müsten. Auf seinen ausdrücklichen Befehl
war ihm Buderus andern Tags gefolgt, allerdings
nicht im sechsspännigen Reisewagen wie der hohe
Herr, sondern zu Fuß, als Handwerksbursche an
gezogen, ein Felleisen auf dem Rücken und nur von
seinem treuen Diener namens Waitz begleitet.
Der Weg führte zunächst über Holzhausen durch
den Reinhardswald nach Veckerhagen und weiter
hin durch hannöverisches Gebiet nach Hamburg.
Anf dieser äußerst gefahrvollen Reise, die ihm nach
10 Jahren übrigens von Seiten seiner ehemaligen
Untergebenen als feige Flucht ausgelegt wurde,
schrieb Buderus zwei Briefe an den vorausgeeilten
Kurfürsten, deren Kenntnis ich Herrn Profestor
Dr. Losch in Berlin, dem trefflichen Biographen
des Kurfürsten, verdanke. Es stnd dies geschicht
liche, bis heute, soweit mir bekannt ist, noch nicht
verwertete Dokumente, die die panikartigen Zu
stände in Kassel nach dem Einbruch der Franzosen
und die verzweifelte Lage, in die Buderus geraten
war, grell beleuchten. — Anl. 2.)
Anlage
Zwischen dem geheimen Kriegsrath Buderus von
Larlshausen und dem Handelshaus MeySr Amschel
Rothschild zu Frankfurt ist heut folgende verbindliche
Übereinkunft geschlossen worden:
t. Der aeh. Kriegsrath Buderus von Earlshausen
hat dem Bankhaus Meyer Amschel Rothschild
ein Kapital von 20000 fl. im 2 <\ fl. F. übergeben
und versprochen, dem Handlungshaus in allen
Handlungsgeschäften nach seinen besten Einsichten
guten Rath zu ertheilen und nach Thunlichkeit
beförderlich zu sein.
2. Das Handlungshaus Meyer Amschel Rothschild
verspricht dagegen dem geh. Kriegsrath Buderus
von Larlshausen den aus das erhaltene Kapital
von 20 000 fl. fallenden Gewinnst der Handlung
. treulich zu berechnen, und gestattet demselben zu
dem Ende jeder Zeit Einsicht in alle Bücher zur
Überzeugung von der rechtlichsten Behandlung.
3 . Zur Aufhebung der Übereinkunft von der einen
oder andern Seite bedarf es einer smonatlichen
Kündigung.
Diese Übereinkunft ist 2 mal ausgefertigt und von
jedem Theil unterschrieben und besiegelt worden.
Frankfurt den J7. Februar 1809.
M. A. R.
E. F. B. v. E.
Anlage 2.
Durchlauchtigster Kurfürst,
Gnädigster Kurfürst und Herr.
In der qualvollsten Lage, in welcher je ein Sterb
licher gewesen seyn kann, schreibe ich heute an Eure
Kurfürstliche Durchlaucht.
Heute vor 8 Tagen mußte ich noch einer Kriegs»
Lollegii-Session bis um 9 Uhr des Abends beiwohnen,
worin bedeutende Lieferungen von Fourage, Brod,
Brandewein, Kartoffeln, Holz und Stroh für die fran
zösische und holländische Armeen begehrt wurden, und
während unserer Berathschlagung geschah die Anzeige,
daß unser angefüllt gewesenes Fouragemagazin mit
Gewalt erbrochen und geleeret worden sey. Ich habe
in Vorschlag gebracht, daß eine permanente Kom
mission von Mitgliedern aus mehreren Lollegien er
nennet und von derselben die Requisitionsangelegen
heit behandelt werden möchte.