Full text: Hessenland (42.1931)

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Zerstörung Gelnhausens durch die Kaiserlichen fand 163H 
statt). 1644 wird ein Peter Simon erwähnt, 1633 der 
„goldene Stern" gegenüber dem „Löwen" (die heutige 
Sternapotheke). 1645 der „schwarze Adler" auf dem 
Obermarkt, später der „Grüne Baum", die „Sonne", 
der „Goldene Hirsch" und das „Roß", der „Hessische 
Hof" erst 1836. Oie Schildgerechtigkeit mußte vom 
Rate erkauft weren. (3» einem erwähnten Falle wur 
den 30 Gulden und ein kleines Mahl für den Rat dafür 
bezahlt, nachdem dieser von drei vorgelegten Mustern 
eins zur Verfügung bestimmt hatte. 1634 hatte den 
Löwen einer der Familie Hünefeld, der i 6 g 4 starb. 
Nachdem hatte ihn der „Kasten" übernommen, der Rat 
der Stadt, von dem ihn Balthasar Hoff für 300 Gul 
den erwarb, der für fein Haus in der Kirchgafse 230 
Gulden bekommen hatte und die rechlichen 230 Gulden 
als Hypothek stehen ließ. Sine sehr streitbare Frau 
war die Besitzerin Scherenberg, geb. Eberhardt, welche 
die Gerichte viel beschäftigte und viel Hausstreit auch 
mit ihrem Sohne hatte, Albert Scherenberg, der szt. 
ausriß und es zum Capitän d'armes brachte. 174g war 
auch ein Werbebüro im „Löwen", dessen Tätigkeit aus 
mehreren Fällen bekannt ist. (311 einem solchen befrei 
ten Gelnhäuser Frauen den in einer Chaise fortgefahre 
nen Angeworbenen. Im Laufe der Zeit wurde 1763 
ein „Organist" Hofrock Besitzer, 1770 bis 1840 war 
Lorenz Schöffer Besitzer, der mit einer Froschhäuserin 
verheiratet war. 1715 bis 1793 lebte Hch. Lorenz 
Schöffer „Metzgermeister und Gastwirt zum Löwen", 
der mit Anna Marie Froschhäuser verheiratet war, die 
1718 bis 177g lebte. Auf dem Kirchhofe der Marien 
kirche befindet sich noch der von Herrn Metropolitan 
Schaefer beschriebene Grabstein, welcher gut erhalten 
ist Oie Familie Schöffer übergab dann den „Löwen" 
dem Bierbrauer Carl Ludwig Baumann aus Idstein, 
welcher die /s6jährige Tochter des Lorenz Schöffer 
heiratete; und fiedelte selbst in das Haus Langgafse, 
das damalige „Kasino" und späteren „König von 
Preußen", teils in das Ziegelhaus (heutige „Metzgerei 
und Restauration Kalbfleisch") über. Oer eingehende 
Vortrag wurde durch die Herren Schöffer, Kreuter und 
Frey ergänzt, welch letzterer mitteilte, daß er die Ver 
wandtschaft der Familie Schöffer mit den Gelnhäuser 
Grimmelshausens habe feststellen können. Auch die 
Herren Or. Heintz in Dillenburg und Or. Bott-Hers- 
feld haben durch ihre Forschungen dazu beigetragen, 
daß die Familiengeschichten Gelnhausens neuerdings 
mehr erforscht werden. — Herr Nießner machte Mit 
teilung, daß eine Bilderbibel mit Aufzeichnungen aus 
der Familie Lorenz Schöffer sich bei seines Bruders 
Familie in Frankfurt befindet. 
Interessant waren die Mitteilungen des Herrn 
Kreuter über die Bezeichnung Gehannewagen für 
die Röthergafse zwischen dem Löwen und dem Röther- 
bi nnnen, wo die innere Stadtmauer und der söge. Kre- 
mcrskorb (innerer Torturm) die Straße schnitt. Oas 
Wort sei in seiner Wurzel hebräischen Ursprungs und 
müsse mit einer Reinigung der zum Tode Verurteilten, 
die im Kremerskorb gefangen saßen und von hier nach 
dem Galgenfeld geführt bezw. gefahren wurden, zu 
sammenhängen. 
Herr Rektor Kaufmann teilte die erfreuliche Tat 
sache mit, daß die Stadt ihren Beitrag zum Geschichts 
verein bezw. zum Heimatmuseum von 20 auf 100 Mark 
erhöht hat und konnte Herrn Beigeordneten Frey, 
der anwesend war, den Dank des Vereins für diese Be 
willigung mitgeben. 
Herr Schöffer machte der Versammlung Mittei 
lung, daß durch Herrn J.-Rat Or. F a b e r dem 
Schützenverein ein Buch der früheren Schützengilde aus 
den Jahren 1822 bis 1830 angeboten worden sei, das 
vielleicht der Schützenverein erwerben und dem Heimat 
museum überlassen wird. 
Herr Studienrat Dr. Heintz in Oillenburg hat in 
dankenswerter Weise dem Verein die Abbildung eines 
in Dresden befindlichen Gelnhäuser Stadtwappens und 
ein Gedicht aus dem Nachlaß seines Großvaters über 
den Abbruch des schiefen Turmes gestiftet. 
Ferner wurde mitgeteilt, daß in der Burg die Aus 
grabungen durch Herrn Reg.-Baurat Or. T u r z e k 
wieder begonnen haben, und erwähnt, daß es in Ver 
bindung damit wichtig ist, wenn man feststellen würde, 
ob in den Wiener Akten oder im Speyrer weißen Rats 
buche vielleicht sich „Skizzen der Burg" befinden, da 
doch nieist in den Eingaben über den Zustand der Burg 
geklagt wurde. 
Herr Ober-Laz.-Jnsp. a. O. Müller regte eine Ver 
öffentlichung über die Holzgerechtigkeit der Gelnhäuser 
im Nsenburger Wald an, über welche starke Akten 
bände im hiesigen Ratsarchiv zeugen, aber auch außer 
hals derselben noch manche volkstümliche Erinnerungen 
lebendig find, die im Interesse der Geschichtskunde der 
Vaterstadt aufgezeichnet und der Öffentlichkeit zugäng 
lich geinacht werden müßten. 
Schließlich wurde noch beschlossen, ini September 
einen Ausflug nach der Ronneburg und Büdingen zu 
unternehmen, wobei Herr Gewerbelehrer Nies- Bü 
dingen in der Ronneburg einen Dortrag zu halten sich 
bereit erklärt hat, während Herr Kustos Welker die 
Führung durch das Büdinger Fürstliche Museum über- 
nchmen will. Den beiden Herren für ihre Bereitwil 
ligkeit besten Dank. 
Oie Wiener Urkunden werden in Gießen durch Herrn 
I. L. K r e u t e r durchgesehen werden, während das im 
Büdinger Archiv liegende Urkundenbuch der Stadt 
Gelnhausen Herr Rektor Kaufmann durchsehen 
wird. Uber die Durchsicht des in Berlin befindlichen 
Stadtbuchs und des weißen Buchs in Speyer werden 
seinerzeit noch die zu ergreifenden Maßnahmen vor 
geschlagen und beschlossen werden. 
Bericht über den Vortragsabend des Geschichtsvereins 
Gelnhausen am 23. September 1931. 
Oer Dorsttzende Herr Rektor i. R. Kaufmann 
eröffnete den, anstelle des wegen das Dauerregens aus 
gefallenen Ausfluges nach der Ronneburg, veranstalteten 
Abend und begrüßte die zahlreich erschienenen Mitglieder 
und mit besonderer Freude eine Anzahl Gäste. Er er 
teilte dann Herrn Julius Frey das Wort zu einem 
Bericht über die Durchsicht von Akten aus dem Haupt- 
nnd Staatsarchiv Wien, die auf Veranlassung von 
Herrn Universttätsprofessor Or. Or. Kalbfleisch 
der Universitätsbibliothek Gießen vor kurzem übersandt 
worden waren und dort in der dritten Septemberwoche 
von Herrn Frey eingesehen wurden. Der Vortragende 
berichtete, daß das gesanite bearbeitete, mit Oecisa 2387 
bezeichnete Aktenpaket Schriftstücke betrifft, welche die 
Stadt und Burg Gelnhausen mit dem Reichshofrat in 
Wien geführt hat und dessen Entscheidungen über die 
erfolgten Eingaben. Oer Rcichshofrat war das oberste 
Gericht des alten Reiches, das dem Kaiser neben dem 
Reichskammergeri'cht unmittelbar unterstand und zugleich 
die oberste kaiserliche Regierungsbehörde. Nach den 
vorhandenen Akten ist die Annahme gerechtfertigt, daß 
die ehem. freie Reichsstadt Gelnhausen alle strittigen 
Fälle dem Reichshofrat berichtete, ebenso auch wich 
tigere Verwaltungsangelegenheiten. Nach der Derpfän-
	        

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