Full text: Hessenland (42.1931)

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20. Faste! Owend hast, 
ick sei cuti guden Gasi. 
Lot mik nit toulàngge stohn, 
ick mot no oillen Huisern gohn. 
Faste! Owend hinger d'r Dur 
Broatwoest kumm herfur. 
Schinken blàir terbuten 
odd'r id? will dick schlouken. 
Faste! Owend hinken 
gir mài 'n Stuckche Schinken 
gir mài 'n Glàsken Branntewien 
dann wil! ick tevràden sin. 
llppt Johr fall de làiwe Gott juch Widder 
woat beschickn ungerai Aeikenbaume. 
(Wetterburg.) 
2i. Humme humme Wiede, 
Saft Saft Siede 
Kätzken leep ten Berge rupp, 
wie et wedder raff kam. 
kam de alle Rabe 
un schlog das Kätzken dant, daut, daut. 
(Sachsenhausen.) 
Franz Dingelstedt als Marburger Student. 
Auf den Dichter der „Lieder eines kosmopolitischen 
Nachtwächters" und des Weserliedes „Hier hab' 
ich so manches liebe Mal..." ist man in diesem 
Sommer bei der fünfzigsten Wiederkehr seines 
Todestages erneut aufmerksam geworden, nachdem 
er lange zu Unrecht vergessen war. In diesen Ta 
gen find es nun hundert Jahre her, daß sich Franz 
Dingelstedt in Marburg mit Rintelern und anderen 
Landsleuten aus dem schönen „kurhesfischen Si 
birien" in der ersten „Schanmburgia" zu frohem 
Tun vereinigte. 
Ende April 1831 war Franz Dingelstedt auf 
der Postkutsche zusammen mit Rinteler Conabi- 
turienten in Marburg eingetroffen x ). Der erst 
Siebzehnjährige hatte eine gute Reifeprüfung be 
standen; er war damals ein langaufgeschossener, aber 
blasser und engbrüstiger Jüngling; noch drei Jahre 
später wurde er bei der Aushebung der jungen Rin 
teler zum Militärdienst trotz seiner Größe wegen 
mangelhafter Körperentwicklung zurückgestellt 3 ). 
Dingelstedt hat unter seiner Lungenkrankheit sehr 
gelitten; sie ist eine der Wurzeln seiner Neigung 
zur Sentimentalität; gerade als Student sprach er 
manchmal von seinem nahen Ende 3 ). 
Aber für Dingelstedt wechselten Stimmungen 
sentimentaler Resignation mit Stunden der Lebens 
lust und des unbesorgten Sichauslebens, ja des 
Übermutes, wie ihn zu allen Zeiten Bruder Studio 
gepflegt hat. „Die Stimmungen wechselten wie die 
Wolken am Frühlingshimmel; neben den düsteren 
Ahnungen eines baldigen Endes schlägt die goldene 
Flamme der Lebenslust hoch empor"; Dingelstedt 
zieht selbst einmal „die Summe seiner damaligen 
Existenz" in den Worten: „ein Viertel krank, ein 
1) Friedrich Oetker, Lebenserinnerungen (Stuttgart 
1877) l, 93 - 
2) Werner Deetgen: Franz Dingelstedt und Julius 
Hartmann (Leipzig 1922) S. 13. 
3) Julius Rodenberg: Heimaterinnerungen an Franz 
Dingelstedt und Friedrich Oetker (Berlin 1:882) S. 23 f. 
Von Hermann ü h t e n w 0 l d t. 
Viertel fleißig, ein Viertel verliebt und ein Viertel 
verrückt" 4 ). 
Daß Franz Dingelstedt „sofort bei den Schaum 
burgern einsprang" 5 ), trifft nicht zu; denn das 
Corps Schanmburgia wurde nach Heers „Mar- 
burger Studentenleben" 6 ) erst am 31. August 
1831 von „abgefallenen Westfalen" und „Stu 
denten aus der Grafschaft Schaumburg" mit den 
Farben blau-weiß-schwarz (später blau-rot-schwarz) 
gestiftet. Es ist aber sehr wohl möglich, daß Dingel 
stedt biö dahin dem Corpö Guestphalia angehörte. 
Schon als Pennäler war er die treibende Kraft 
einer Rinteler Schülerverbindung „Hermannia" 7 8 ), 
da ist er doch sicher auch in Marburg bald beige 
sprungen. In dem unten angeführten Gedicht 
„Extrapost" erwähnt er 
„ . . . . Band und Quast 
Von grün-weiß-schwarzer Farbe", b) 
also in den Westfalenfarben. Freilich kann hier 
auch eine Verweslung mit den ersten Schaumburger 
farben blau-weiß-schwarz vorliegen. An anderer 
Stelle spricht er von „unserer Westfalenkneipe" 9 ), 
freilich für eine Zeit, in der er mit ziemlicher Sicher 
heit schon Schaumburger war. 
Wie dem auch sei, Franz Dingelstedt war e i n 
f r 0 h e r Z e ch k u m p a n , der auch auf Mensur 
seinen Mann stand. Auf Corpshatz bekam er z. B. 
eine mächtige Vmart, welche sein Lebtag lang sicht 
bar blieb 10 ). Zu tollen Streichen war auch Dingel 
stedt gern aufgelegt. So machten sein Corpsbruder 
Adolph Vogel, der spätere Journalist, und er ein 
mal eine „Spritztour", „beide in bunten Schlaf 
röcken, mit Ceveriskäppchen und Vogel außerdem in 
roten Pumphosen". Kurz vor dem Nachbarstädtchen 
st) Rodenberg zst. 
ó) Rodenberg 29. 
6) Marburg 1927. S. 126. 
7) Deetgen 9. 
8) Franz Dingelstedt, Sämtliche Werke VH!, 97 s; 
pql. Rodenberg 36 f. 
9) Werke V, 58. 
to) Rodenberg 29.
	        

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