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war etwas auffallend, man beruhigte sich aber, als
man hörte „das fie deshalb erden oder steinerne
Kreuße brauchen und dieselben sampt dem Wein
verehren, die weill sie vor dieser Zeitt silberne
Pflaschen gebraucht und einem Fürsten dieselben
mit Wein voll verehret, welche sie mit hinwegk-
genommen".
Von Köln ging es durch das Sauerland nach
Kassel, und am 5. September 1611 konnte L. Otto
seinen Vater, den L. Moritz, auf dem Weißenstein
begrüßen und ihm von seiner langen Reise Bericht
erstatten.
Sechs Jahre später war der junge Landgraf
tot. Sein Ende ist bis auf den heuti
gen Tag nicht völlig aufgeklärt.
Man weiß nur, daß der damals 2Zjährige, als
seine, ihm eben angetraute zweite Frau Anna
Magd. v. Dessau in Marburg an den Masern
erkrankte, auf den Rat seines Leibarztes der Luft
veränderung halber im Juli 1617 mit seinem gan
zen Hofstaate von Oberhessen nach Heröfeld über
siedelte. Hier wurde er dennoch selber krank und
fieberte; aber die Gefahr schien überwunden, bis
auf einmal am Morgen des 7. August 1617 das
Ereignis geschah, das seinem jungen Leben ein Ende
machte. Am besten erzählt man es so, wie seine
Räte Asmus v. Baumbach, Henrich Leröner und
Hermann Tbalmüller es dem bekümmerten Vater,
dem Landgrafen M'oritz, meldeten: Morgens kurz
nach 5 Uhr hatten des Landgrafen Ärzte Joh.
Hartmann und Cornel. Thaurer ihm zur Vertrei
bung der Flatuens ein Klistier verordnet und zur
Stärkung der Leibeskräfte eine „saure Brühe" be
willigt. Um diese Zeit verließen die Arzte den
Landgrafen, um Medikamente zu präparieren. Bei
ihm blieben der Apotheker, ein Page, der Kammer
schneider und der Armbrustierer 17 ). Da „hatt
16) Seine erste Gemahlin Cath. Urs. v. Baden war
nach kurzer Ehe 1615 im Kindbett gestorben.
17) Der Armbrustierer Nicolaus Schütz, der beim
Tode des Landgr. Otto im Gemach gewesen, wurde spä-
Aus alten Fuhrmannstagen.
(Kulturhistorische Skizze unter Berücksichtigung
der hessischen Verhältnisse.)
Wenn heute die Automobile sich auf staubigen
Landstraßen den Rang abjagen oder D-Züge mit
rasender Geschwindigkeit über die Schienen pras
seln, dann denkt man kaum noch an den, der einst
der Beherrscher der Straßen war: an den alten
Fuhrmann. Vereinzelt sieht man wohl noch hier
und da einen jener alten Planwagen, gezogen von
stattlichen Rossen mit messingbeschlagenen schönen
herunden im Hoff 18 ) ein Hundt gebollen, darüber
I. F. Gn. sich entrüstet, einem Pagen befohlen
beim Sattelknecht ein gespandt u. geladen Pistohl
zu Hollen, dermitt den Hundt zu schießen. Wie
nuhn die Pistole gebracht worden, haben I. F. G.
nicht allein dem Pagen sondern auch den übrigen
Cammerdienern u. Uffwärtern beides auß dem
Cammerfenster u. unten im Hoffe, wohin der Hundt
getroffen würde, zuzusehn u. Achtung zu geben be
fohlen. Jnmaßen denn I. F. G. mitt der Pistoll
ins Stubenfenster gangen u. nach dem Hundt die
Pistoll gerichtet. Alsbald sie sich aber auß dem Fen
ster verlohren, darauf die Pistole lohsgegangen,
welches als es geschehen u. diejenige, so in der Cam
mer gewesen, gehöret und den Schoß außer dem Fen
ster nicht vernommen, seindt sie geschwindt ins Ge
mach geloffen, haben sie befunden, daß I. F. G.
mitt dem Kopff u. Henden albereits zur Erde ge
sunken u. stark geschweißt. Demnach sie nun hin
zukommen, richten sie I. F. G. mit dem Haupte
auff, behalten sie auff der Erde in ihren Armen
sitzende und findten, daß der Schuß durch die linke
Brust hindurch gangen. Indem nun Dr. Hart
mann, Junkern u. andere auch hinzugelauffen, ruf-
fen sie I. F. G. tröstlichen zu, darauff sie auch gute
Zeichen von sich gegeben. Wie nun solches alles
eigentdlich ergangen sey, kann Niemandes wisten."
In den Leichenpersonalien wurde im Konzept der
Vorgang ausführlich wie oben erzählt, dann aber
dahin abgeändert, daß „die Pistole under der Handt
ganz unversehens u. ohne einige I. F. G. Muth
maßung losgegangen" sei.
So erfüllte sich an dem Landgrafen Otto zum
ersten Male der Fluch, der nach der Tradition
auf der Erstgeburt des Hauses Hessen-Kassel ruht.
ter am 13. Aug. 1617 auf Befehl des Landgr. Moritz
„handtfeft gemacht", ohne daß ihm eine Schuld nach
gewiesen werden konnte.
18) des alten Abtsschloffes von Hersfeld, des sog.
Stifts.
Von B. L i e b e r s , Kassel.
Geschirren, aber das mutet uns wie ein Überbleibsel
anderer Zeiten an, wie eine bewußte Herausforde
rung gegenüber dem Zeitalter moderner Technik.
Und doch haben diese Fuhrleute mit ihren Wa
gen ehedem eine bedeutende Rolle im europäischen
Verkehr und Handel gespielt, und jene mürrischen
und wortkargen Gesellen der Landstraße waren
einst die wichtigsten Faktoren unseres Wirtschafts
lebens, bis tief hinein ins vorige Jahrhundert.
Gerade in Hessen verfügte das Fuhrmannswesen