295
er auch nach gehaltenem Gespräch zu Rittern
geschlagen Ln Beyseyn Prinß Hennerich Frie
derichs von Wallia ... et aliorum. Von den
Unsern seindt darbey gewesen Landtgraff Otto,
Gr. Wilhelm v. Nassau, Gr. Casimir v. Erbach,
2 Graffen v. Leiningen, 2 Herren v. Stahren-
bergk, ihrer beider Hoffmeister, Franciscus Seger,
Hoffmeister Tücher, Burckhardt Schetzell, Didrich
0. Falckenbergk, Chr. Starschedell jun., Hermann
Thalmüller u. andere mehr. Der Königk forderte
von hochgedachtem Prinß Heinrich v. Walliaö das
Schwerdt, welcher es alöbalden aus der Schritten
auszöge, küßete u. I. K. 9 V. reichste, darauf Kon.
May. die zween Legaten gefordert, fie heißen nie
derknien, schlüge fie flechlich 2 mahl auff die
Schulder u. sagte darauf in Englischer Sprache:
Stehe auff, Ritter Otto v. Starschedel, item
Stehe auff Ritter Caspar Widmarckler, welches
auch nach beschehener Danksagung lateinisch von
dem Starschedel, französisch von dem Obristen
Widmarckter geschehen."
Damit war der Besuch bei dem englischen König
abgeschlossen. Die Hessen kehrten nach London zu
rück, wo ihnen der L o r d m a y 0 r am 28. Juni
ein großes Gastmal gab. „Der Maior hat über
meinem Herren gesessen, stattliche u. wackere Lenthe
zu auffwarten gehabt. Sein Schwerdt, so ihme
auf der Gassen vorgetragen wirt, ist neben ihm zur
rechten Handt ahn der Wandt gestanden, seine
Pagen seindt mit rotem Sammet u. gelben seiden
Adtlaß gekleidet gewesen, haben güldene Ketten
umb den Leib gehabt u. ahn den Überschlagen
breitte schöne güldene Spitzen; auch nach gehaltener
Taffel des Melard Mayers Haus besehen. Des
Majoris Diener gehen in langen Talaren herein
und mit güldenen Ketten gezieret. Nomen ma
joris Londin. Craven. Unter wehrender Taffel
hatte der Major seinen Vorschneider. Die Trac-
dation wahr königlich, die Mustc sehr gutt. Es
mus der Maior zu Lunden durchs gantze Jahr eine
freye Taffel halten, kan keiner darzu erwehlet wer
den, er habe dan 20 000 Pfund Sterl. in Ver
mögen. "
Zum Abschied schenkte König Jakob dem Land
grafen ein köstliches Kleinod von 120 Diamanten,
die Begleiter erhielten goldne Ketten je nach ihrem
Rang 5 —iofach um den Leib zu tragen. Der
Prinz v. Wales schickte dem Landgrafen vier schöne
Pferde mit kostbarem Geschirr.
Die Rückkehr der Hessen erfolgte am 7. Au
gust 1611 von Dover nach Boulogne und führte
durch die spanischen Niederlande,
die wir heute Belgien nennen. Uber diesen Teil
der Reise kann ich mich um so kürzer fassen, als ich
einen genauen Bericht darüber schon vor 15 Jah
ren in den Hessischen Blättern veröffentlicht habe 14 15 ).
Ich erwähne nur, daß die Hessen auch hier überall
die Spuren des furchtbaren langen Krieges zwi
schen Spaniern und Niederländern fanden. In
der Erinnerung der Menschen lebte der Kampf
noch fort. In Nieuport logierten die Hessen im
„Französischen Wappen", und die Wirtin erzählte
ihnen, sie habe schon zum zweiten Male „Ge-
spänste gleich als Soldaten, so Bihr begehrten nach
gehaltener Schlacht" erscheinen sehen, „darüber sie
stch entlich bey der Obrigkeit beschweret. Die Wir
tin hats uns selbst gesagt. An dem Ortt, da die
Schlacht geschehen, ist ein großes höltzern Creuß
aufgericht, bey welchem noch viell Todenköpff und
Beine lagen".
In Ostende wohnte der Landgraf im „Si
renen". „Als man den Thoren genähert, hat das
Wasser eben abgelauffen, also daß es so sehr gestun
ken, daß man hat die Nase müssen zuhalten, wegen
vieler Todten, so hin und wieder liegen." In Dün
kirchen konnte man einen hessischen Landsmann
begrüßen, einen Kapitän Heuser, der eine Kom
pagnie deutscher Soldaten befehligte. Uber Brügge,
Gent und Antwerpen ging es nach M e ch e l n ,
um das Haus zu sehen, „darinnen L. Philipps hoch-
löbl. Gedechtnis gefangen gesehen". In diesem da
mals von Jesuiten bewohntem Hause, sah man
noch an der Wand den Riß (Plan), den man 1550
bei dem mißlungenen Entführungsversuch des Zeug-
meisters Rommel für den Landgrafen gezeichnet
hatte. Das Unternehmen wurde hauptsächlich durch
die Albernheit des landgräfl. Hofnarren verraten,
der in einer Herberge seine Kleider zum Verkauf
ausbot und laut ausrief: er wolle auch durch
brennen 16 ).
In der Hauptstadt Brüssel fand großer
Empfang durch den regierenden Erzherzog Albrecht,
einen Sohn Kaiser Maximilians II. statt. Es
war das gewöhnliche Programm: Festmahl, Jag
den, Besuche bei den Vornehmen des Landes und
reiche Abschiedsgeschenke, für den Landgrafen kost
bare Pferde, für die Begleiter Ehrenketten, diesmal
aber nur 3—Zmal um den Leib zu tragen; denn der
Erzherzog war kein König, wenn er auch als ein
ziger der deutschen Fürsten das Prädikat „Durch-
lauchtigkeit" für sich beanspruchte. Er ließ den
Landgrafen im eignen Wagen bis nach Namur
fahren, dann gings über Lüttich, Aachen, Jülich
nach Köln. Das übliche Gastgeschenk des Magi
strats bestand in Wein, der merkwürdiger Weise
in 18 irdenen Krügen geliefert wurde. Diese Form
1 4 ) Eine Reise durch die belg. Niederlande vor Z00
Jahren. Hess. Blätter 195 No. 4090 ff.
15) Vgl. Rommel, Philipp d. Großm. 2,544 ff-
3, 270 ff.