Full text: Hessenland (42.1931)

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er auch nach gehaltenem Gespräch zu Rittern 
geschlagen Ln Beyseyn Prinß Hennerich Frie 
derichs von Wallia ... et aliorum. Von den 
Unsern seindt darbey gewesen Landtgraff Otto, 
Gr. Wilhelm v. Nassau, Gr. Casimir v. Erbach, 
2 Graffen v. Leiningen, 2 Herren v. Stahren- 
bergk, ihrer beider Hoffmeister, Franciscus Seger, 
Hoffmeister Tücher, Burckhardt Schetzell, Didrich 
0. Falckenbergk, Chr. Starschedell jun., Hermann 
Thalmüller u. andere mehr. Der Königk forderte 
von hochgedachtem Prinß Heinrich v. Walliaö das 
Schwerdt, welcher es alöbalden aus der Schritten 
auszöge, küßete u. I. K. 9 V. reichste, darauf Kon. 
May. die zween Legaten gefordert, fie heißen nie 
derknien, schlüge fie flechlich 2 mahl auff die 
Schulder u. sagte darauf in Englischer Sprache: 
Stehe auff, Ritter Otto v. Starschedel, item 
Stehe auff Ritter Caspar Widmarckler, welches 
auch nach beschehener Danksagung lateinisch von 
dem Starschedel, französisch von dem Obristen 
Widmarckter geschehen." 
Damit war der Besuch bei dem englischen König 
abgeschlossen. Die Hessen kehrten nach London zu 
rück, wo ihnen der L o r d m a y 0 r am 28. Juni 
ein großes Gastmal gab. „Der Maior hat über 
meinem Herren gesessen, stattliche u. wackere Lenthe 
zu auffwarten gehabt. Sein Schwerdt, so ihme 
auf der Gassen vorgetragen wirt, ist neben ihm zur 
rechten Handt ahn der Wandt gestanden, seine 
Pagen seindt mit rotem Sammet u. gelben seiden 
Adtlaß gekleidet gewesen, haben güldene Ketten 
umb den Leib gehabt u. ahn den Überschlagen 
breitte schöne güldene Spitzen; auch nach gehaltener 
Taffel des Melard Mayers Haus besehen. Des 
Majoris Diener gehen in langen Talaren herein 
und mit güldenen Ketten gezieret. Nomen ma 
joris Londin. Craven. Unter wehrender Taffel 
hatte der Major seinen Vorschneider. Die Trac- 
dation wahr königlich, die Mustc sehr gutt. Es 
mus der Maior zu Lunden durchs gantze Jahr eine 
freye Taffel halten, kan keiner darzu erwehlet wer 
den, er habe dan 20 000 Pfund Sterl. in Ver 
mögen. " 
Zum Abschied schenkte König Jakob dem Land 
grafen ein köstliches Kleinod von 120 Diamanten, 
die Begleiter erhielten goldne Ketten je nach ihrem 
Rang 5 —iofach um den Leib zu tragen. Der 
Prinz v. Wales schickte dem Landgrafen vier schöne 
Pferde mit kostbarem Geschirr. 
Die Rückkehr der Hessen erfolgte am 7. Au 
gust 1611 von Dover nach Boulogne und führte 
durch die spanischen Niederlande, 
die wir heute Belgien nennen. Uber diesen Teil 
der Reise kann ich mich um so kürzer fassen, als ich 
einen genauen Bericht darüber schon vor 15 Jah 
ren in den Hessischen Blättern veröffentlicht habe 14 15 ). 
Ich erwähne nur, daß die Hessen auch hier überall 
die Spuren des furchtbaren langen Krieges zwi 
schen Spaniern und Niederländern fanden. In 
der Erinnerung der Menschen lebte der Kampf 
noch fort. In Nieuport logierten die Hessen im 
„Französischen Wappen", und die Wirtin erzählte 
ihnen, sie habe schon zum zweiten Male „Ge- 
spänste gleich als Soldaten, so Bihr begehrten nach 
gehaltener Schlacht" erscheinen sehen, „darüber sie 
stch entlich bey der Obrigkeit beschweret. Die Wir 
tin hats uns selbst gesagt. An dem Ortt, da die 
Schlacht geschehen, ist ein großes höltzern Creuß 
aufgericht, bey welchem noch viell Todenköpff und 
Beine lagen". 
In Ostende wohnte der Landgraf im „Si 
renen". „Als man den Thoren genähert, hat das 
Wasser eben abgelauffen, also daß es so sehr gestun 
ken, daß man hat die Nase müssen zuhalten, wegen 
vieler Todten, so hin und wieder liegen." In Dün 
kirchen konnte man einen hessischen Landsmann 
begrüßen, einen Kapitän Heuser, der eine Kom 
pagnie deutscher Soldaten befehligte. Uber Brügge, 
Gent und Antwerpen ging es nach M e ch e l n , 
um das Haus zu sehen, „darinnen L. Philipps hoch- 
löbl. Gedechtnis gefangen gesehen". In diesem da 
mals von Jesuiten bewohntem Hause, sah man 
noch an der Wand den Riß (Plan), den man 1550 
bei dem mißlungenen Entführungsversuch des Zeug- 
meisters Rommel für den Landgrafen gezeichnet 
hatte. Das Unternehmen wurde hauptsächlich durch 
die Albernheit des landgräfl. Hofnarren verraten, 
der in einer Herberge seine Kleider zum Verkauf 
ausbot und laut ausrief: er wolle auch durch 
brennen 16 ). 
In der Hauptstadt Brüssel fand großer 
Empfang durch den regierenden Erzherzog Albrecht, 
einen Sohn Kaiser Maximilians II. statt. Es 
war das gewöhnliche Programm: Festmahl, Jag 
den, Besuche bei den Vornehmen des Landes und 
reiche Abschiedsgeschenke, für den Landgrafen kost 
bare Pferde, für die Begleiter Ehrenketten, diesmal 
aber nur 3—Zmal um den Leib zu tragen; denn der 
Erzherzog war kein König, wenn er auch als ein 
ziger der deutschen Fürsten das Prädikat „Durch- 
lauchtigkeit" für sich beanspruchte. Er ließ den 
Landgrafen im eignen Wagen bis nach Namur 
fahren, dann gings über Lüttich, Aachen, Jülich 
nach Köln. Das übliche Gastgeschenk des Magi 
strats bestand in Wein, der merkwürdiger Weise 
in 18 irdenen Krügen geliefert wurde. Diese Form 
1 4 ) Eine Reise durch die belg. Niederlande vor Z00 
Jahren. Hess. Blätter 195 No. 4090 ff. 
15) Vgl. Rommel, Philipp d. Großm. 2,544 ff- 
3, 270 ff.
	        

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