Full text: Hessenland (42.1931)

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schungen gegönnt waren, große Erfolge erzielt und 
g. 23 . eine germanische Siedelung aus der römischen 
Kaiserzeit bei Niederhone nachgewiesen hat. In 
Eschwege besteht ja schon seit 1904 ein Zweigver- 
ein des Hessischen Geschichtsvereins, der die Samm 
lungen im ehemaligen Schloß pflegt. 
Auffallend spät erst regte sich das Interesse für 
die deutsche Vorgeschichte in Ma r b u r g , ob 
wohl dort schon lange eine Sammlung und ein 
Zweigverein bestanden. Die Forschung ging auch 
nicht von der Universität aus, sondern von Georg 
Wolfs in Frankfurt, der, unterstützt von Archiv 
direktor Küch, den Ebsdorfer Grund durchforschte. 
Die während des Kriegs 1915—1918 durchge 
führten Untersuchungen hatten einen überraschen 
den Erfolg: Es gelang die dichte 23 estedelung der 
Gegend nachzuweisen, angefangen von merkwürdi 
gen neolithischen Häusern am Frauenberg bis zu 
Grabhügeln der La Tene-Zeit in den Wäldern der 
Lahnberge. 
Wir sehen also, wie von allen Seiten her die 
Durchforschung des Landes in Angriff genommen 
wird und wie sich die Fundkarten allmählich mit 
Einzeichnungen füllen. 
Neben Gräber und Siedelungen traten in den 
neunziger Jahren die vor- und frühge- 
schichtlichen Burgen und Befestigungen. 
Als Carl Schuchhardt die fränkisch-sächsische Land 
wehr untersuchte, die sich durch das nördliche Hestsn 
hinzieht, beteiligte sich der Geschichtsverein an der 
Vermessung, und als Schuchhardtö Atlas der 
niedersächsischen Befestigungen erschien, der übrigens 
mit den Burgen bei Rinteln schon die Nordgrenze 
Kurhefsens überschritt, schlosten sich unter seinem Ein 
druck das Kasieler Museum, der Oberhessische Ge- 
schichtSverein in Gießen, das TLieöbadener 8Nu- 
seum und der Verein für Nastauische Altertums 
kunde zusammen, um die Herausgabe eines ähn 
lichen Werkes über die Burgen zwischen Diemel, 
Werra, Kinzig, Rhein und Sieg zu unternehmen. 
Wirksamste Unterstützung fanden diese Pläne bei der 
1901 errichteten Römisch-Germanischen Kommission 
des Deutschen Archäologischen Instituts. Mit 
ihren Mitteln konnte die Altenburg bei Nieden 
stein durch Ausgrabungen großen Stiles erforscht 
werden, die 1905 von General Eisentraut und 
Boehlau begonnen, dann von Hermann Hofmeister 
fortgesetzt und beendet wurden. Die abschließende 
Publikation Hofmeisters befindet sich im Druck sist 
im Herbst 1930 erschienen). Die vielen schönen 
Pläne der anderen hessischen Burgen, besonders 
der Rhönbefestigungen, die Wilhelm Lange und 
General Eisentraut aufgenommen haben, sind lei 
der lange liegen geblieben, sollen jetzt aber auch 
möglichst bald veröffentlicht werden. 
Die Nachkriegszeit brachte eine festere Organi 
sation der Forschung. 1922 wurde ein „Ver 
trauensmann für kulturgeschichtliche Bodenalter 
tümer" ernannt (es war Johannes Boehlau, dem 
vor kurzem Gero Merhart von Bernegg gefolgt 
ist), 1926 suchte man die Beobachtung und Kon 
servierung prähistorischer Reste auf dem Lande da 
durch zu stützen, daß man in jedem Kreis einen oder 
mehrere „Pfleger" bestellte, die vor allem aus der 
Lehrerschaft ausgewählt wurden. Schon der Ge- 
schichtsverein hatte feit 1904 Pfleger bestellt, die 
für die Beobachtung, Erwerbung und Erhaltung 
von Altertümern sorgen sollten, und schon damals 
waren die Erwartungen, die man bei dieser Ein 
richtung hegte, nicht immer erfüllt worden. Das 
Gleiche muß auch von den prähistorischen Pflegern 
gesagt werden, während freilich andererseits etwa 
das Beispiel des Lehrers Boley in Dillich zeigt, zu 
welch außerordentlich fruchtbaren Ergebnissen die 
treue und sorgfältige Arbeit und Beobachtung der 
Bodenfunde im Gelände führen kann. 
Den wichtigsten Fortschritt bedeutete eö aber, 
daß an der Universität Marburg eine Dozentur 
für Vorgeschichte errichtet und daß ste einem Mann 
von der Arbeitsfreudigkeit und der Gedankenfülle 
Walther Bremers übertragen wurde. Was Bre 
mer in den wenigen Jahren von 1920—1925 für 
die Vorgeschichte Hessen geleistet hat, zeigt nur un 
vollkommen das Verzeichnis seiner Schriften (Prä 
historische Zeitschrift XVII 1926, 285 s.), denn 
gerade die großen zusammenfassenden Werke wie 
eine „Geschichte der Chatten" sind nicht mehr voll 
endet worden. Seine Vorlesungen haben der Hei 
matforschung eine Reihe junger Gelehrter zuge 
führt, seine Ausgrabungen find in jenen schwierigen 
Jahren besonders von H e r s fe l d aus unterstützt 
worden, sie haben über die Besiedelung dieser Ge 
gend neues Licht verbreitet und das Hersfelder 
Museum um eine schöne und gut geordnete prä 
historische Sammlung bereichert. 
Die Arbeit der letzten Jahre stand im Zeichen 
der Inventarisation. Im Hessischen Landesmuseum, 
das kurz vor dem Kriege seinen Neubau bezogen 
hatte, wurde die prähistorische Sammlung nach 
modernen Gesichtspunkten aufgestellt (Trennung in 
Schau- und Studiensammlung, übersichtliches Ma 
gazin) und inventarisiert. Als besonders wichtiges 
Hilfsmittel erweist sich das von Alexander Langs 
dorfs angelegte Inventar, das die Funde nach Krei 
sen geordnet verzeichnet. 
In Marburg hat G. v. M erhärt, der die 
bei dem Universitäts-Jubiläum von 1927 ge 
schaffene Professur bekleidet, mit der Landesauf 
nahme begonnen, eine Werkstatt eingerichtet, und 
den Anfang zu einem Archiv gemacht, das alle
	        

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