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schungen gegönnt waren, große Erfolge erzielt und
g. 23 . eine germanische Siedelung aus der römischen
Kaiserzeit bei Niederhone nachgewiesen hat. In
Eschwege besteht ja schon seit 1904 ein Zweigver-
ein des Hessischen Geschichtsvereins, der die Samm
lungen im ehemaligen Schloß pflegt.
Auffallend spät erst regte sich das Interesse für
die deutsche Vorgeschichte in Ma r b u r g , ob
wohl dort schon lange eine Sammlung und ein
Zweigverein bestanden. Die Forschung ging auch
nicht von der Universität aus, sondern von Georg
Wolfs in Frankfurt, der, unterstützt von Archiv
direktor Küch, den Ebsdorfer Grund durchforschte.
Die während des Kriegs 1915—1918 durchge
führten Untersuchungen hatten einen überraschen
den Erfolg: Es gelang die dichte 23 estedelung der
Gegend nachzuweisen, angefangen von merkwürdi
gen neolithischen Häusern am Frauenberg bis zu
Grabhügeln der La Tene-Zeit in den Wäldern der
Lahnberge.
Wir sehen also, wie von allen Seiten her die
Durchforschung des Landes in Angriff genommen
wird und wie sich die Fundkarten allmählich mit
Einzeichnungen füllen.
Neben Gräber und Siedelungen traten in den
neunziger Jahren die vor- und frühge-
schichtlichen Burgen und Befestigungen.
Als Carl Schuchhardt die fränkisch-sächsische Land
wehr untersuchte, die sich durch das nördliche Hestsn
hinzieht, beteiligte sich der Geschichtsverein an der
Vermessung, und als Schuchhardtö Atlas der
niedersächsischen Befestigungen erschien, der übrigens
mit den Burgen bei Rinteln schon die Nordgrenze
Kurhefsens überschritt, schlosten sich unter seinem Ein
druck das Kasieler Museum, der Oberhessische Ge-
schichtSverein in Gießen, das TLieöbadener 8Nu-
seum und der Verein für Nastauische Altertums
kunde zusammen, um die Herausgabe eines ähn
lichen Werkes über die Burgen zwischen Diemel,
Werra, Kinzig, Rhein und Sieg zu unternehmen.
Wirksamste Unterstützung fanden diese Pläne bei der
1901 errichteten Römisch-Germanischen Kommission
des Deutschen Archäologischen Instituts. Mit
ihren Mitteln konnte die Altenburg bei Nieden
stein durch Ausgrabungen großen Stiles erforscht
werden, die 1905 von General Eisentraut und
Boehlau begonnen, dann von Hermann Hofmeister
fortgesetzt und beendet wurden. Die abschließende
Publikation Hofmeisters befindet sich im Druck sist
im Herbst 1930 erschienen). Die vielen schönen
Pläne der anderen hessischen Burgen, besonders
der Rhönbefestigungen, die Wilhelm Lange und
General Eisentraut aufgenommen haben, sind lei
der lange liegen geblieben, sollen jetzt aber auch
möglichst bald veröffentlicht werden.
Die Nachkriegszeit brachte eine festere Organi
sation der Forschung. 1922 wurde ein „Ver
trauensmann für kulturgeschichtliche Bodenalter
tümer" ernannt (es war Johannes Boehlau, dem
vor kurzem Gero Merhart von Bernegg gefolgt
ist), 1926 suchte man die Beobachtung und Kon
servierung prähistorischer Reste auf dem Lande da
durch zu stützen, daß man in jedem Kreis einen oder
mehrere „Pfleger" bestellte, die vor allem aus der
Lehrerschaft ausgewählt wurden. Schon der Ge-
schichtsverein hatte feit 1904 Pfleger bestellt, die
für die Beobachtung, Erwerbung und Erhaltung
von Altertümern sorgen sollten, und schon damals
waren die Erwartungen, die man bei dieser Ein
richtung hegte, nicht immer erfüllt worden. Das
Gleiche muß auch von den prähistorischen Pflegern
gesagt werden, während freilich andererseits etwa
das Beispiel des Lehrers Boley in Dillich zeigt, zu
welch außerordentlich fruchtbaren Ergebnissen die
treue und sorgfältige Arbeit und Beobachtung der
Bodenfunde im Gelände führen kann.
Den wichtigsten Fortschritt bedeutete eö aber,
daß an der Universität Marburg eine Dozentur
für Vorgeschichte errichtet und daß ste einem Mann
von der Arbeitsfreudigkeit und der Gedankenfülle
Walther Bremers übertragen wurde. Was Bre
mer in den wenigen Jahren von 1920—1925 für
die Vorgeschichte Hessen geleistet hat, zeigt nur un
vollkommen das Verzeichnis seiner Schriften (Prä
historische Zeitschrift XVII 1926, 285 s.), denn
gerade die großen zusammenfassenden Werke wie
eine „Geschichte der Chatten" sind nicht mehr voll
endet worden. Seine Vorlesungen haben der Hei
matforschung eine Reihe junger Gelehrter zuge
führt, seine Ausgrabungen find in jenen schwierigen
Jahren besonders von H e r s fe l d aus unterstützt
worden, sie haben über die Besiedelung dieser Ge
gend neues Licht verbreitet und das Hersfelder
Museum um eine schöne und gut geordnete prä
historische Sammlung bereichert.
Die Arbeit der letzten Jahre stand im Zeichen
der Inventarisation. Im Hessischen Landesmuseum,
das kurz vor dem Kriege seinen Neubau bezogen
hatte, wurde die prähistorische Sammlung nach
modernen Gesichtspunkten aufgestellt (Trennung in
Schau- und Studiensammlung, übersichtliches Ma
gazin) und inventarisiert. Als besonders wichtiges
Hilfsmittel erweist sich das von Alexander Langs
dorfs angelegte Inventar, das die Funde nach Krei
sen geordnet verzeichnet.
In Marburg hat G. v. M erhärt, der die
bei dem Universitäts-Jubiläum von 1927 ge
schaffene Professur bekleidet, mit der Landesauf
nahme begonnen, eine Werkstatt eingerichtet, und
den Anfang zu einem Archiv gemacht, das alle