354
Großer Büchcrsaal
wurde, verzichtet haben. Daß Buch bei der Be
gründung der Bibliothek mitgewirkt hat, wissen
wir aus einer Rechnung vom 29. März 1580, die
er durch seine Unterschrift als richtig bestätigt —
bei dem guten persönlichen Verhältnis, das ihn mit
seinem fürstlichen Schüler verband, darf man wohl
annehmen, daß ihn der Landgraf auch als Bera
ter herangezogen und nicht nur zur Verwaltung
seiner Ankäufe bestellt hat.
Von den Nachfolgern Wilhelms IV. hat
eigentlich keiner der Bibliothek ein wirkliches Ver
ständnis entgegengebracht. Sie begnügten sich
durchweg damit, der Bibliothek die unentbehrlichen
Mittel zur Verfügung zn stellen, griffen wohl
auch einmal ein, wenn Raumnot und andere Mrß-
stände allzu sehr hemmten und schädigten. Dieser
Mangel an Interesse zeigte sich auch in der Aus
wahl der mit der Verwaltung betrauten Persön
lichkeiten, die in den meisten Fällen ohne Rücksicht
auf ihre Vorbildung ans persönlichen und höfischen
Gründen zu ihrer Stellung kamen. Wenn trotz
dem eine Reihe von wirklich tüchtigen Biblio
thekaren die Geschäfte geführt haben, wenn dies
vielfach Mariner waren, die mit guten Geistesgaben
ausgestattet aus den ihnen gebotenen Möglichkeiten
herausholten, was überhaupt herauszuholen war —
so ist dieses im Ganzen erfreuliche Bild nicht so sehr
landgräflicher Sorgsamkeit in der Auswahl der
Bibliothekare, als deren zunächst unbekannter Tüch
tigkeit zu danken; Männer wie Johannes Buch,
Rudolphus Scholasticus, Michael Angelocrator,
Johann Hermann Schmmcke, Johann Arckenholtz,
Friedrich Wilhelm Strieder, Ludwig Völkel und
nicht zuletzt die Brüder Grimm haben ihre z. T.
hervorragenden Leistungen recht häufig im iWider-
stre-'t mit dem Landesherrn vollbringen müssen. Die
Befähigung und das Interesse, damit aber auch
das Verdienst der meisten Landgrafen des 17. und
18. Jahrhunderts lag eben auf anderem Gebiet und
fand in der Bibliothek nicht den Raum zur Betäti
gung, durch die ihre Entwicklung in ganz anderem
Umfang hätte gefördert werden können, als das
tatsächlich der Fall war. So hat z. B. Moritz,
den die Geschichte den „Gelehrten" nennt, seiner
Bibliothek im Grunde teilnahmlos gegenübergestan
den. Und doch hat er durch eine Maßnahme erheb
lich in den Gang der Entwicklung eingegriffen und
das Fortbestehen der Bibliothek gesichert: in seinem
Testament hatte er die Unteilbarkeit der Bibliothek
festgelegt, nachdem er in dem zur Sicherung seiner