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der gefunden haben, denn glücklicherweise find die
Menschen noch nicht auögestorben, denen solche aus
einem lebendigen Vollmenschentum gewachsenen
Schöpfungen des Geistes dauernde Freude bereiten.
Zu diesen Menschen hat auch Kaiser Wilhelm II.
gehört, der seinerzeit eine „Gänsewiese" von Mul-
ler-Cassel gekauft hat, um sie im Wilhelmshöher
Schloß aufhängen zu lassen, damit er sie dort alle
Tage vor Augen habe, und später noch eine „Thü
ringer Landschaft". Einen „Thüringischen Bauern
hof" hat der Herzog von Coburg-Gotha erworben,
der dem Künstler auch die Goldene Medaille für
Kunst und Wissenschaft verlieh, eine andere Land
schaft, „Vor dem Dörfchen" betitelt, hängt in der
Berliner National-Galerie, ein „Markttag am
Wittenbergplaß" in Berlin" gar im Canadischen
Museum zu Toronto. Hierbei mag erwähnt sein,
ein hervorragender Jurist und nach der Annexion
des Kurfürstentums Heffen-Kaffel durch Preußen
Sachwalter des Kurfürsten Friedrich Wlihelm I.
im Prozeß gegen Preußen. Der Großvater Le
onhard Müller, als Architekt ein Schüler Küs
sows, hat sich als kurhessischer Baurat besondere
Verdienste um Hersfeld und um die Erhaltung
der dortigen Stiftsruine erworben; an ihn als
einen Ehrenbürger der Stadt erinnert ein Denk
mal in den von ihm geschaffenen Stadt-Anlagen.
Zwei Brüder dieses Baumeisters waren Maler
und hießen merkwürdigerweise Beide mit Vorna
men Friedrich. Der ältere, Professor an der Kas
seler Kunst-Akademie, gehörte in Rom zu dem
Kreis der Nazarener, der jüngere, zum Unterschied
von ihm der Rote genannt, ist als Landschafter
viel gerühmt worden, aber früh gestorben. Von
Adolf Müller-Cassel, Skizzenblott.
daß Müller-Cassel nicht mit eigentlichen Land
schaften angefangen hat, sondern mit der Darstel
lung großstädtischer Motive; seine eigentümliche
Begabung für die Landschaft ist erst später zum
Durchbruch gekommen.
Übrigens entstammt Adolf Müller einer Fa
milie, deren Glieder Generationen hindurch bedeu
tende Rollen im hessischen Kunst- und Geistesleben
gespielt haben. Der Vater, Julius Müller, war
den Söhnen des älteren sind zwei als Journalisten
in Kassel wirksam gewesen, und der ältere von
diesen hat seine Begabung auf seinen Sohn Max
Müller vererbt, der lange Jahre die „Kasseler
Allgemeine Zeitung" redigiert hat; von den anderen
Brüdern ist der eine Sänger, der jüngste Mönch
geworden. Adolf Müller selbst, in Kassel am 2.
August 1864 geboren, hat dort die Akademie be
sucht, vieler Herren Länder gesehen, auch ein Jahr