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Wer als Fremder die Obevweser befuhr, der konnte
von ihm immer gut beraten werden, j-ebe Einzelheit
des Stromtales kannte er, war nicht nur mit dem
Fahrwasser, den Ufern, dem Wetter vertraut, son
dern er wußte auch viel von- Land und Leuten, wußte
viel von der Tierwelt im und am Strome. Auf
merksam beobachtete er z. B. das Auftreten der Werra
alge n> die seit einigen Jahren die Fischerei schädigen
und durch ihren weißen Schaum auch auf der Weser
sich markieren. Die Reiher des Stromtales kannte
er und ihre Stände, und wer der Weser und ihrem
Lande Freund war, der war auch sein Freund.
Viele Einnerungen verknüpfen mich mit Heinrich
Schünemann, jede Weserfahrt, die ich mit ihm machen
konnte, war Freude, Genuß und Belehrung zugleich,
und als 1922 das Projekt des Ambaues der unteren
Fulda genehmigt war und bei Gelegenheit der Strom
bereisung jenes Jahres durchsprachen ward, freute
er sich des Tages, an dem er seinen Dampfer nach
Kassel führen würde, so wie er Anfang August 1895
im Dienste der Bremer Schleppschiffahrt A.-G. den
Schleppdampfer „Nienburg", der Kahn „Bremen 18"
in der Trosse hatte, in den Kasseler Hafen steuerte
als den ersten Schleppdampfer, der hier einlief.
Der letzte Winter hatte dem bis dahin so kern
gesunden Manne mit Krankheit arg zugesetzt, und bis
in den Hochsommer hinein vermochte er sich nicht
recht zu erholen, wenn er auch wieder Dienst tat.
Nun ist er allzu schnell weggegangen, und alle seine
Freunde, die er so gern an Bord seines Schiffes mit
kräftigem Händedruck grüßte, werden ihn noch lange
vermissen. Bruno Jacob.
Per s o n a lchro n i k. Der als Heimatforscher
weithin bekannte Verfasser der „Geschichte von Hers
feld" und Herausgeber von „Mein Heimatland", Leh
rer Wilhelm Neu haus in Hersfeld, wurde auf
Vereinsnachrichten.
Hessischer G e s chi ch t sverei n. Die Ver
anstaltungen des Kasseler Vereins finden in die
sem Winter am ersten Montag jeden Monats (Unter
haltungsabend) im Evangelischen Vereinshaus und am
dritten Montag jebcn Monats (Vortragsabend) in
der Landesbibliothe'k 8,30 Uhr abends statt. Am ersten
Unterhaltungsabend gab der Vorsitzende, Bibliotheks
direktor Dr. H opf, einen Ueberblick Aber die Auf
gaben und die für das Winterhalbjahr geplanten
Vorträge. Es folgte lein Bericht über die Tagung
der landesgeschicytlichen Vereine in Danzig, in dessen
Geischichte auch manches hessische Geschlecht leine Rolle
spielt. — Am ersten Vortragsabend am 32. Oktober
sprach der beste Kenner des Marburger Studenten
lebens, Geheimer Justizrat Heer-Marburg, über
die „M a r b u r g e r S t u de n t e n s ch a f t i m R e -
v o l u t i o n sj a h r 18 4 8/49". Redner behandelte
zunächst die Urburfchenschaft als Trägerin der stu
dentischen Erneuerungs- und Freiheitsideen gegen
über den Korps unid sodann den sog. Progreß, eine
radikalere Fortsetzung der urburschenschaftlichen Ideen
in' politischen wie studentischen Fragen, der in Mar
burg 1845 in größter Blüte stand', aber nur für we
nige Jahre. 1847 bildete sich der S. C. wieder und
als chri'stliches Gegengewicht! gegen den Prozeß d'er
Wingolf. Ende Februar 1848 flammte nach den er
sten Nachrichten üb'er die Pariser Februarrevolution
die studentische Bewegung neu auf. In d'er am
2. März errichteten „Allgemeinen Studentenschaft"
Vorschlag des Hersfelder Magistrats zum Konrektor
ernannt. — Der frühere Leiter des Kasseler 'Stadtver
messungsamtes, Stadtvermesfungsdirektor i. R. Wil
helm Blumenauer, vollendete am 24. Oktober
fein 75. Lebensjahr. In 34jähriger Arbeit hat Blu
menauer die Vermessungsabteilung der Stadt Kassel
aus kleinen Anfängen zu einem Vermessungsamt ent
wickelt, das heute zu den bestorganisierten der preußi
schen Großstädte zählt. Auch auf dem Gebiet des
Siedlungswesens hat er eine reiche Tätigkeit entfaltet.
Ein von ihm verfaßtes Wanderbuch durch die hessi
schen Gaue erfreut sich heute noch großer Beliebtheit.
Zusammenschluß der Hugenotten-
N a ch k o m m e n. Der Deutsche Hugenottenverein bit
tet um Veröffentlichung folgenden Aufrufs: „Der
Deutsche Hugenottenverein beabsichtigt, ein Verzeichnis
möglichst aller in Deutschland lebenden Nachkommen
von „Refugies" anzulegen. Personen, die von den
im 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts um ihres
Glaubens willen geflüchteten Franzosen, Wallonen
oder Waldensern abstammen, werden gebeten, ihren
Namen, Stand, Geburtstag und Wohnort dem Schrift
führer des Deutschen Hugenottenvereins, Pfarrer Lo
renz, Berlin W 63, Kurfürstenstraße 122, auf Post
karte mitzuteilen.
K a s s e l zur B i e d e r m e i e r z e i t. Kunstmaler
Ernst Metz -Eschwege stellte im Kunsthaus eine große
Zahl von Aquarellen und' Zeichnungen aus, die, von
prachtvoller 'Staffage erfüllt, heute _ verschwundene
architektonische Ausschnitte aus dem biedermeierlichen
Kassel darstellen. Es wäre außerordentlich 'wünschens
wert, wenn diese nach mühsamem Studium mit größ
ter historischer Treue geschaffenen Bilder angekauft
und dauernd zugänglich gemacht würden.
führten die Progressisten d'as Wort. Man forderte
Wiedereinsetzung der 1847 suspendierten liberalen und
radika lere Fortsetzung de r u rb u rsch e itsch a st l i ch e n Idee n
hofser, Bewaffnung d'er Studenten zur Verstärkung
der Bürgergarde, Abschaffung der Sonderrechte der
Universität usw. Wortführer 'war der Alemanne Tra-
bert, der auch mit dem Teutonen Otto Braun und
dem Frankonen Weigel die Marburger Studenten
schaft auf dem zweiten' Wartburgsest und dem All
gemeinen Deutschen Durschentag in Eisenach vertrat,
wo sie die Gründung eines Studentenparlaments
durchsetzten. Das Erstarken der reaktionären Gewal
ten in Deutschland brachte aber bald ein Abflauen
der studentischen Bewegung, die durch die mit dem
Ministerium Hassenpflug im Februar 1860 auch in
Kurhessen einsetzende Reaktion völlig erdrückt wurde.
Letzter Rest der progressistischen und demokratischen
Bewegung in iver Marburger Studentenschaft war
bis 1866' die Verbindung Saxonia. (Bericht: Kaff.
Post 34. 10.). — Am wissenschaftlichen Unterhaltungs
abend am 6. November berichtete Zolldirektor W o -
ringer an der Hand interessanter Gerichtsakten
des kurfürstlichen Justizamts Steinbach-Hallenberg
und des Obergerichts Fulda über einen Fall von
Schatzgräberei aus dem Jahre 1840. Danach hatte
ein Maurergeselle mit einigen anderen Bewohnern
Steinbach-HalleNbergs im Turmverließ der dortigen
Hallenburg angeblich eine Menge reinen Silbers und
Goldes gefunden. Eine [patene amtliche Untersuchung