Full text: Hessenland (40.1928)

344 
Wer als Fremder die Obevweser befuhr, der konnte 
von ihm immer gut beraten werden, j-ebe Einzelheit 
des Stromtales kannte er, war nicht nur mit dem 
Fahrwasser, den Ufern, dem Wetter vertraut, son 
dern er wußte auch viel von- Land und Leuten, wußte 
viel von der Tierwelt im und am Strome. Auf 
merksam beobachtete er z. B. das Auftreten der Werra 
alge n> die seit einigen Jahren die Fischerei schädigen 
und durch ihren weißen Schaum auch auf der Weser 
sich markieren. Die Reiher des Stromtales kannte 
er und ihre Stände, und wer der Weser und ihrem 
Lande Freund war, der war auch sein Freund. 
Viele Einnerungen verknüpfen mich mit Heinrich 
Schünemann, jede Weserfahrt, die ich mit ihm machen 
konnte, war Freude, Genuß und Belehrung zugleich, 
und als 1922 das Projekt des Ambaues der unteren 
Fulda genehmigt war und bei Gelegenheit der Strom 
bereisung jenes Jahres durchsprachen ward, freute 
er sich des Tages, an dem er seinen Dampfer nach 
Kassel führen würde, so wie er Anfang August 1895 
im Dienste der Bremer Schleppschiffahrt A.-G. den 
Schleppdampfer „Nienburg", der Kahn „Bremen 18" 
in der Trosse hatte, in den Kasseler Hafen steuerte 
als den ersten Schleppdampfer, der hier einlief. 
Der letzte Winter hatte dem bis dahin so kern 
gesunden Manne mit Krankheit arg zugesetzt, und bis 
in den Hochsommer hinein vermochte er sich nicht 
recht zu erholen, wenn er auch wieder Dienst tat. 
Nun ist er allzu schnell weggegangen, und alle seine 
Freunde, die er so gern an Bord seines Schiffes mit 
kräftigem Händedruck grüßte, werden ihn noch lange 
vermissen. Bruno Jacob. 
Per s o n a lchro n i k. Der als Heimatforscher 
weithin bekannte Verfasser der „Geschichte von Hers 
feld" und Herausgeber von „Mein Heimatland", Leh 
rer Wilhelm Neu haus in Hersfeld, wurde auf 
Vereinsnachrichten. 
Hessischer G e s chi ch t sverei n. Die Ver 
anstaltungen des Kasseler Vereins finden in die 
sem Winter am ersten Montag jeden Monats (Unter 
haltungsabend) im Evangelischen Vereinshaus und am 
dritten Montag jebcn Monats (Vortragsabend) in 
der Landesbibliothe'k 8,30 Uhr abends statt. Am ersten 
Unterhaltungsabend gab der Vorsitzende, Bibliotheks 
direktor Dr. H opf, einen Ueberblick Aber die Auf 
gaben und die für das Winterhalbjahr geplanten 
Vorträge. Es folgte lein Bericht über die Tagung 
der landesgeschicytlichen Vereine in Danzig, in dessen 
Geischichte auch manches hessische Geschlecht leine Rolle 
spielt. — Am ersten Vortragsabend am 32. Oktober 
sprach der beste Kenner des Marburger Studenten 
lebens, Geheimer Justizrat Heer-Marburg, über 
die „M a r b u r g e r S t u de n t e n s ch a f t i m R e - 
v o l u t i o n sj a h r 18 4 8/49". Redner behandelte 
zunächst die Urburfchenschaft als Trägerin der stu 
dentischen Erneuerungs- und Freiheitsideen gegen 
über den Korps unid sodann den sog. Progreß, eine 
radikalere Fortsetzung der urburschenschaftlichen Ideen 
in' politischen wie studentischen Fragen, der in Mar 
burg 1845 in größter Blüte stand', aber nur für we 
nige Jahre. 1847 bildete sich der S. C. wieder und 
als chri'stliches Gegengewicht! gegen den Prozeß d'er 
Wingolf. Ende Februar 1848 flammte nach den er 
sten Nachrichten üb'er die Pariser Februarrevolution 
die studentische Bewegung neu auf. In d'er am 
2. März errichteten „Allgemeinen Studentenschaft" 
Vorschlag des Hersfelder Magistrats zum Konrektor 
ernannt. — Der frühere Leiter des Kasseler 'Stadtver 
messungsamtes, Stadtvermesfungsdirektor i. R. Wil 
helm Blumenauer, vollendete am 24. Oktober 
fein 75. Lebensjahr. In 34jähriger Arbeit hat Blu 
menauer die Vermessungsabteilung der Stadt Kassel 
aus kleinen Anfängen zu einem Vermessungsamt ent 
wickelt, das heute zu den bestorganisierten der preußi 
schen Großstädte zählt. Auch auf dem Gebiet des 
Siedlungswesens hat er eine reiche Tätigkeit entfaltet. 
Ein von ihm verfaßtes Wanderbuch durch die hessi 
schen Gaue erfreut sich heute noch großer Beliebtheit. 
Zusammenschluß der Hugenotten- 
N a ch k o m m e n. Der Deutsche Hugenottenverein bit 
tet um Veröffentlichung folgenden Aufrufs: „Der 
Deutsche Hugenottenverein beabsichtigt, ein Verzeichnis 
möglichst aller in Deutschland lebenden Nachkommen 
von „Refugies" anzulegen. Personen, die von den 
im 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts um ihres 
Glaubens willen geflüchteten Franzosen, Wallonen 
oder Waldensern abstammen, werden gebeten, ihren 
Namen, Stand, Geburtstag und Wohnort dem Schrift 
führer des Deutschen Hugenottenvereins, Pfarrer Lo 
renz, Berlin W 63, Kurfürstenstraße 122, auf Post 
karte mitzuteilen. 
K a s s e l zur B i e d e r m e i e r z e i t. Kunstmaler 
Ernst Metz -Eschwege stellte im Kunsthaus eine große 
Zahl von Aquarellen und' Zeichnungen aus, die, von 
prachtvoller 'Staffage erfüllt, heute _ verschwundene 
architektonische Ausschnitte aus dem biedermeierlichen 
Kassel darstellen. Es wäre außerordentlich 'wünschens 
wert, wenn diese nach mühsamem Studium mit größ 
ter historischer Treue geschaffenen Bilder angekauft 
und dauernd zugänglich gemacht würden. 
führten die Progressisten d'as Wort. Man forderte 
Wiedereinsetzung der 1847 suspendierten liberalen und 
radika lere Fortsetzung de r u rb u rsch e itsch a st l i ch e n Idee n 
hofser, Bewaffnung d'er Studenten zur Verstärkung 
der Bürgergarde, Abschaffung der Sonderrechte der 
Universität usw. Wortführer 'war der Alemanne Tra- 
bert, der auch mit dem Teutonen Otto Braun und 
dem Frankonen Weigel die Marburger Studenten 
schaft auf dem zweiten' Wartburgsest und dem All 
gemeinen Deutschen Durschentag in Eisenach vertrat, 
wo sie die Gründung eines Studentenparlaments 
durchsetzten. Das Erstarken der reaktionären Gewal 
ten in Deutschland brachte aber bald ein Abflauen 
der studentischen Bewegung, die durch die mit dem 
Ministerium Hassenpflug im Februar 1860 auch in 
Kurhessen einsetzende Reaktion völlig erdrückt wurde. 
Letzter Rest der progressistischen und demokratischen 
Bewegung in iver Marburger Studentenschaft war 
bis 1866' die Verbindung Saxonia. (Bericht: Kaff. 
Post 34. 10.). — Am wissenschaftlichen Unterhaltungs 
abend am 6. November berichtete Zolldirektor W o - 
ringer an der Hand interessanter Gerichtsakten 
des kurfürstlichen Justizamts Steinbach-Hallenberg 
und des Obergerichts Fulda über einen Fall von 
Schatzgräberei aus dem Jahre 1840. Danach hatte 
ein Maurergeselle mit einigen anderen Bewohnern 
Steinbach-HalleNbergs im Turmverließ der dortigen 
Hallenburg angeblich eine Menge reinen Silbers und 
Goldes gefunden. Eine [patene amtliche Untersuchung
	        

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.