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hier die gleiche Zwiespältigkeit der Empfin
dung! Liegt dem einfach geschliffenem Glas
block noch die Auffassung von Glas als zu
behauendem Stein zugrunde, das der Franz
Gondelachfchen Werkstatt eigen war, so klingt
das zierlich geschnittene, von Blumentöpfen
gesäumte Wappen (nassau-oranisch) an den
Schnitt der vorigen Gläser an. An diese er
innert auch der facettenförmig geschliffene
runde Knauf des Schafts und der mäßig ge
hobene Fuß.
Dem Glasschneider Johann Friedrich Trüm-
per läßt sich — trotz der Fuldaer Rechnungen
— : kaum etwas näher kommen. Der von
Pazaurek angeführte — mir nicht bekannte
— pseudofacettierte Deckelpokal mit dem Wap
pen des Fürstabtes Adolf von Dalberg (1726
bis 1737) in der ehemaligen Minutolisamm-
lung von Liegnitz, der sich über den gewöhn
lichen Durchschnitt erheben soll, könnte wohl
von ihm geschnitten sein, da seine Lieferungen
von geschnittenen Gläsern, wie oben erwähnt,
gerade in diese Jahre fallen (1714—34). Ob
dagegen der pseudofacettierte, im Fuldaer Mu
seum befindliche Deckelpokal mit dem Wappen
des Fürstabtes und denen seiner Ahnen von
Trümper oder etwa von Johann Prißler, dem
Glasschneider von der Würzburgischen Glas
hütte, stammt, der im Jahre 1726 auch mit
einem Deckelpokal mit „dem hochadeligen Dal-
bergischen Wappen" vertreten ist, muß unent
schieden bleiben.
Der Fuldaer Glasschneider Daniel Ducke
kommt als Urheber der Gläser, wie Pazaurek
— für das Liegnitzer Glas — vermutet hat,
noch nicht in Betracht. Erst 1736 tritt er in
den Rechnungen auf, mit einfachen geschnitte
nen Bechergläsern. Außer Trümper hatte der
Fuldische Hof allerdings auch noch andere aus
wärtige Lieferanten: so den Glasschneider Joh.
Carl Häfner aus Breitenbach in Thüringen
( viermal erwähnt), Johann Prißler von der
Würzburgischen Glashütte (einmal erwähnt)
und Heinrich Gondelach (einmal erwähnt).
Doch keiner liefert so häufig und erhält so hohe
Bezahlungen wie Trümper. Unter den Glä
sern mit den Wappen der Fuldischen Aebte
Konstantin von Buttlar (1714—26) und Adolf
von Dalberg (1726—37) sind seine Arbeiten
zu suchen.
Daß die Lieferungen Trümpers in den Rech
nungen nach dem Jahre 1734 so plötzlich auf
hören, rührt daher, daß sich nun in Fulda
eine einheimische Glasschneidekunst entwickelt.
Die beiden wichtigsten Glasschneider sind D a -
niel Ducke (erwähnt von 1736—47) und
Stephan Anton Weiß (erwähnt von
1757*r-73). Gelegentlich liefern auch einfache
dekorierte Gläser die Glashändler Valentin
Schaum (erw. 1751—54), Johann Jos. Ducke
(erw. 1775—93) und die böhmischen Glas-
händler Joh. Jörg Ringelhahn (erw. 1751
bis 1755) und Joh. Füller (erw. 1751—81).
Der bedeutendste der Fuldaer Glasschneider
ist augenscheinlich Stephan Anton Weiß, der
als einziger den Titel Hofglasschneider führt,
der am besten bezahlt wird — wenngleich seine
Bezahlungen noch weit unter den Trümper-
schen stehen —, und der als einziger nicht noch
Glashändler nebenher ist.
Rur von ihm kann das im Fuldaer Museum
befindliche Kelchglas mit dem Wappen und
dem Monogramm des Fürstabtes Heinrich von
Bibra (1759—88) herrühren. 1759 heißt es
in einer Rechnung von Steph. Ant. Weiß, daß
er für ein Gesundheitsglas „mit dem neuen
fürstlichen Wappen und Namen im Zug ge
schnitten" 5 fl. bekommen habe. Ein anderer
Glasschneider kommt für dieses Glas nach den
Rechnungen nicht in Frage. Auch die an an
derer Stelle erwähnte nähere Angabe seiner
Gläser „mit einem feinen Gränze! geschnitten"
bezieht sich deutlich auf Gläser in der Art des
genannten. — Auf Daniel Ducke dürft-» das
einfache, pseudofacettierte Glas mit dem Wap
pen des Fürstabtes Amandus von Buseck (1737
bis 1756) im Museum zu Fulda zurückgehen,
wie sie öfters nach den Rechnungen von
Ducke geliefert worden sind.
Die Fuldaer Glasschneider scheinen sich, so
weit man sie mit den im Fuldaer Museum
befindlichen Wappengläsern der Aebte in Zu
sammenhang bringt, künstlerisch in durchaus
bescheidenen Grenzen gehalten zu haben. Ihre
Leistungen sind, vor allem die des Steph. Ant.
Weiß, zwar technisch gut und sauber, doch her
kömmlich und in der Erfindung ohne Eigen
art, wie man aber, da man keine anderen als
nur Monogramm- und Wappengläser von
ihnen kennt, nur mit Vorsicht äußern kann.
*) „(Daffel'ain'eri", sowie „englische" Gläser bezeichnen
offenbar 'eine bestimmte Gattung Gläser. Mit eng
lischen 'Gläsern ist vielleicht die englische Glasmasse
(d. h. Bleiglas), 'die vevroenlbet wurde, gemeint.
„Gasselische Kelche" führt u. >a. auch sin Preiskurant
(von 1735) ber Glashütte in Ilmenau in Thüringen
auf, au Zauberer Stelle auch „Gasselische Schloßkelche"
genannt, >die mit zu ben teuersten 'Gläsern gehören
(vergl. Stioda, Eine Glashütte in Ilmenau. Ztfchr.
bi. Ber. 's. Thüving. Gesch., Bd. 19, 1909).