Full text: Hessenland (39.1927)

Buchstaben „Adolf". Diesen Teller schenkten wir 
unserem Adolf, auf den der Spruch auch noch lange 
Jahre Paßte, bis er sich vor etwa sechs Jahren 
noch eines Besseren besann und eine alte Freundin 
heiratete, die ihn dann, als er vor einem halben 
Jahr erkrankte, gar treulich bis zu seinem schweren 
Ende gepflegt hat. 
Adolf Lins war so sehr in Willingshausen zu 
Hause, daß man hätte denken können, er lebte aus 
schließlich dort, wenn er, der gewöhnlich den echten 
Kasseläner Tonfall beibehalten hatte, nicht bei der 
Unterhaltung mit den Bauern aus den vergeblichen 
Versuchen, schwälmerisch zu sprechen, immer sehr bald 
in die rheinische Mundart verfallen wäre und da 
durch verraten hätte, daß er auch am Niederrhein, 
bejonders im Dorfe Nierst, ebenso heimisch war 
wie in Willingshausen. Während er die Wintermo 
nate in Düsseldorf verbrachte, wo er außer den Sit 
tenbildern und Landschaften auch Bildnisse, lebens 
große Akte und Tiere malte und im Malkasten eine 
führende Persönlichkeit war, verbrachte er die Früh 
jahrsmonate mit Düsseldorfer Freunden am Nieder 
rhein, von wo er außer Bildern auch eine Menge 
drolliger Erlebnisse mitbrachte, die er in lebhaftester 
Schilderung dann in Gesellschaft zum Besten gab. 
Erwähnt muß noch werden, daß Lins etwa von 
1909 an einige Jahre mit seinem Freund Mühlig 
anstatt nach Willingshausen nach Röllshausen im 
Schwalmgrund ging, wohin ihm auch eine Anzahl 
jüngerer Berliner Maler folgten, die rpir ein Jahr 
in Willingshausen gewesen waren, und von denen 
Eichhorst, Lünstroth, Högg und die iin Kriege ge 
fallenen Courtois und Wiegand (Schüler von Lins) 
zu nennen sind. In dieser Zweigniederlassung von 
Willingshausen entwickelte sich ebenfalls ein sehr 
schassensfrohes Leben, und ein reger freundschaft 
licher Verkehr rüber und nüber entstand, uno 
zwar nicht nur im Sommer, sondern auch im Win 
ter, denn inzwischen hatten Thielmann sich in Wil 
lingshausen, Eichhorst und Lünstroth in Röllshausen 
dauernd niedergelassen. Jetzt wohnt in Röllshausen 
nur noch dauernd der Kasseler Karl Mons. 
So verlor Düsseldorf und Hessen in Adolf Lins 
nicht nur einen vortrefflichen Künstler, sondern 
auch einen der liebenswürdigsten Menschen. 
Tie Kasseler städtische Gemäldesammlung besitzt 
nichts von Lins, es tväre nötig, wenn sie eine 
heimische Galerie sein soll, und nur dadurch kann sie 
Charakter bekonnuen, daß der Verbleib des in Paris 
ausgezeichneten Gänsebildes ermittelt und es für 
Kassel erworben würde. Es gäbe da überhaupt 
noch manches nachzuholen. Im September dieses 
Jahres wird in der Düsseldorfer Kunsthalle eine 
Lins-Gedächtnisausstellung stattfinden. Es wäre 
sehr wünschenswert, daß diese Ausstellung dann auch 
im Kunsthaus seiner Vaterstadt Kassel gezeigt wird. 
z/JHcitfcifct stieg «.. Von Dr. Anneliese Bretschneider. 
Aus dem Material des Hessen-Nassauischen Wörterbuchs. 
Welcher Frühlingsbote wird wohl so stürmisch 
von der Kinderschar begrüßt wie der braungeflü 
gelte Maienbringer Melolontha vulgaris? Sinnend 
denkt der einsame Spaziergänger bei dem Summen 
über sich der entschwundenen Jugendsreuden, und 
selbst das Alter belächelt wohlwollend diesen Künder 
des licht- und wärmespendenden Sommers. Nur 
Landmann und Förster ziehen bedenkliche Gesichter, 
wenn die Käserzahl allzu sehr anschwillt und Schaden 
in Wald und Feld anrichtet. Jedenfalls erregt 
der Maikäfer überall ungewöhnliches Aufsehen. 
Dieses ihm dargebrachte Interesse ist in den merk 
würdigen Eigenschaften begründet, die ihn vor 
andern Arten der Käsergattung auszeichnen und 
die ihm beim mundartsprechenden Volke die ver 
schiedensten Namen eingetragen haben, ja, denen 
er es verdankt, daß ec überhaupt überall im Hessen- 
Nassauischen Lande einen Namen hat. Denn der 
Bauer neigt sonst dazu, das Getier, das nicht zu 
Haus, Hof und Stallung gehört, zu übersehen und 
nicht der Ehre eines besonderen Namens für würdig 
zu erachten. 
Wie ist es nun mit den Qualitäten unseres. 
Braunrockes bestellt? Seine unangenehmste Eigen 
schaft, die unersättliche Freßlust, hat ihm den Namen 
„Laubsresser" eingetragen, und zwar in der Um 
gebung von Schlüchtern. Andrerseits dient er selbst 
dem immer hungrigen Hühnervolk zum schmack 
haften Mahle! „Hühnerklette, Hühnerkleber" wird 
er in einem großen oberhessischeu Gebiet genannt, 
das ungefähr von Gießen-Wetzlar bis Butzbach und 
den nordwestlichen Teil des Kreises Büdingen sich 
erstreckt. 
Von einer anderen, besonderen ..Eigenart des 
Tierchens rührt der Name „Klette, Maiklette" her, 
den es vielfach im Kreise Marburg führt und der 
auch vorherrscht im nördlichen Kreise Gießen und 
im südlichen Kreise Alsfeld, Gebiete, die geographisch 
benachbart sind. 
Tie Klette ist bekanntlich die Frucht des Kleb- 
krautes (Galium aparine); jeder weiß, daß sie sich 
festkrallt, gleichsam klebt. Man braucht nur einmal 
einen Maikäfer auf die Hand zu nehmen — und die 
Erklärung dafür, daß auch er „Klette" heißt, ist 
gegeben: er hält sich mit den Widerhäkchen seiner 
Beine fest, er „klebt". Zu bemerken ist hier nur, 
daß „Klette" der sprachlichen Herkunft nach zn 
„kleben" gehört — und unser Braunrock steht mit 
einemmale als ein „Kleber" da. Und siehe da! 
Blicken wir uns weiter in der Provinz um, so 
finden wir die „Klette" tatsächlich als „Kleber" 
wieder. „Kläwer, Kleawer" und ähnlich ist die 
ganz geläufige Bezeichnung z. B. bei Melsungen, 
im südlichen Kreise Wetzlar, in der Umgegend von 
Nauheim usw. „Hühnerkleber, Baumkleber, Wei 
denkleber" heißt er um Butzbach, im ganzen mitt
	        

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