Full text: Hessenland (39.1927)

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ter dem Eckpfosten eines alten Fachwerkbaues der 
Fahrgasse, der heutigen Pfarrgasse, er zeigt in go 
tischen Majuskeln noch folgende Buchstaben 
Y\(o* 
Ten hl. Valentin, den Beschützer der Fallsüchtigen 
und der Fallenden, finden lvir an vielen steilen 
Straßen, ich erinnere an St. Veit von Staffelstein, 
an St. Valentin auf der Heide in Tirol, >v.o die 
Paßstraße 400 m tiefer nach Mals sich senkt. 
Der Name der Stadt Gelnhausen wird urkund 
lich sehr spät erwähnt, nach Förstemann, Altdeut 
sches Namenbuch, wo er zu dem Personennamen- 
Stamm Gail gestellt wird, erst im 12. Jahrhundert 
als Gailin-, Gelen- oder Gelnhusen. Das von 
Kreuter mitgeteilte Bolchuaseri 5 vom Jahre 1193, 
aus einer italienischen Quelle, muß als ver 
derbte Lesart ganz außer Betracht gelassen werden. 
Die Grundform des Namens ist demnach geil. 
Nach den deutschen Wörterbüchern bedeutet das 
althochdeutsche Adjektiv geil „lustig wachsen und 
wuchern," in die Höhe schießen, ebenso vom Boden, 
von Bäumen lute von Tieren gebraucht; vergl. 
noch altsächs. gel und angelsächs. gäl in gleicher 
Bedeutung, auch ein althochd. gil kommt vor. Tie 
Erklärungen der Wörterbücher, auch des Grimm'- 
schen, sind jedoch unvollständig: geil wird auch 
von aufsteigenden Verkehrsstraßen und Wegen ge 
braucht, eine geile Straße ist eine steile Straße. 
Von den Straßen geht die Benennung auf die Berg 
hänge und die Berge über, vergl. z. B. „d e r 
geile Berg" zwischen Kilianstädten und Wind 
ecken, Kreis Hanau, über den die Straße nach 
Oberhessen zieht. Betrachten wir denjenigen Ort, 
der in seinem Namen mit Geilenhusen im ersten 
Wortteil gleichbedeutend ist: Gelenldrehen (1170), 
Geilenkirchen Reg.-Bez. Aachen. Im engen 
Tal der Wurm (zur Rur) gelegen, steigen beider-» 
seits die drei Fernstraßen steil an; die nord 
östliche Straße über die Höhe senkt sich ins Tal 
des Rode-Baches und hat für die dort auf gero 
detem Boden'entstandene Siedelung, im Verein mit 
weiteren drei dort stark ansteigenden Straßen den 
Ortsnamen Gillrath veranlaßt. Auch G al 
le n k i r ch e n bei .Hall im württembergischen Jagst- 
Kr. und Geilshausen Kr. Gießen, an Straßen 
aufstiegen gelegen, gehören hierher. Geilnau 
im Lahntal, Kr. Diez, 1284 Geilenowe, wird in 
Grimms-Wörterbuch für eine vermutliche „fette Au" 
gehalten: der Ort liegt am Ausgang eines engen 
Tals, von dem beiderseits Straßen stark ansteigen, 
von denen die nach dem 21/2 km entfernten .Holz-- 
appel 200 in Steigung zu bewältigen hat! Also 
unzweifelhaft eine Au an der Geilen (Straße). 
Schon im 8. Jahrhundert haben wir für geil eine 
Nebenform gnl, 6 die zu güll und gill wird, 
vergl. G ü l 1, Dorf- und H 0 fgül l, früher Gill 
Kr. Gießen, 8. und 9. Jahrhundert Güllen Gnllinen, 
12. Jahrhundert Gulle; bei Hofgüll steigt die von 
Eberstadt kommende Verkehrsstraße an und zieht 
an der Wetter aufwärts weiter, bei Dorfgüll ist 
Straßenaufstieg nach Garbenteich. Jung-Stilling 
erzählt in seiner Lebensgeschichte (S. 1): In West 
falen bei dem Kirchdorf Florenburg liegt eine Stun 
de südöstlich davon Tiefenbach, „der östliche Berg 
heißt der Gill er, geht steil auf"; Florenburg ist 
Hilchenbach Kr. Siegen, Tiefenbach ist das Dorf 
Grund, über den Giller, mit 678 in die höchste Er 
hebung des Siegerlandes, zieht eine Straße. Auch 
der Gall-Berg bei Herbstein in Oberhessen, 
dessen eine Seite von einer Straße überschnitten 
wird, gehört hieher; ferner der Gall-Berg zwi 
schen Rebsdorf und Ulmbach, Kr. Schlüchtern, so 
wie die Höhe „a u f dem Kal l" bei Röddenau 
über der Edder, Kr. Frankenberg, welche beiden 
letzteren nach Arnold 7 mit irisch gall Fels zusam 
menhängen sollen; diese Örtlichkeiten ensprechen 
jedoch mit ihren stark ansteigenden Verkehrsstraßen 
ganz unsern Geilen-Ortsnamen, sie find also zwei 
fellos hierher zu stellen. Das S t e i n g ä l l ch e n, 
ein Flurteil nahe bei Eschwege am rechten Ufer 
der Werra, am großen Wehr, wo der erste Neben 
arm der Werra sich abzweigt^, das nach Arnold 
gleichfalls keltischer Herkunft sein soll, scheint nichts 
anderes als ein deutsches „Steiugeröll" zu sein. 
Von der Aufzählung weiterer zum Vergleich zu 
stellenden Namen sehe ich ab.-' 
Die Frage, ob Personennamen in unserer 
Ortsnamengruppe enthalten sind, ist von mir bis 
jetzt noch nicht erörtert worden. Wohl haben För 
stemann, Grimm (nach Vilmar), Arnold u. a. • 
Personennamen in dem Namen Ölelnhausen ange 
nommen — und, nachdem der ursprüngliche Sinn 
eines Ortsnamens nicht mehr verstanden wurde, 
hat eine spätere Zeit zuweilen fingierte Personen-- 
namen in die Ortsnamen hineingetragen — aber 
die frühere Namenforschung hat gänzlich die große 
Wichtigkeit des Verkehrs, der mit der frühfrän 
kischen Zeit besonders stark einsetzte und sich in den 
Ortsnamen wiederspiegelt, außer acht gelassen. Im 
Ortsnamen Göllheim, Bez.-Amt Kirchheim-Bo- 
landen, 9. Jahrhundert Gylnlteiin, soll nach Förste 
mann der Personenname Gilo enthalten sein, un 
zweifelhaft gehört aber Göllheim zu unserer Namen- 
gruppe, denn hier hat die große Verkehrsstraße zum 
Flußpaßort Dreisen, über die Pfrimm und weiter 
über den Tonnersberg, eine sehr starke Steigung 
zu überwinden. Nun könnte an dieser gilen ein 
Vorspann leistender Fuhrmann seinen Wohnsitz auf 
geschlagen haben, benannt nach der Örtlichkeit, und 
nach diesem Gilo könnte der hier später entstandene 
Ort benannt worden sein, immer aber wäre dann 
diese Person zuerst nach der Örtlichkeit benannt 
worden, nicht umgekehrtcko So mögen denn auch die 
Gelnhäuser ihre G e l a, jene sagenhafte Geliebte 
Barbarossas, oder den Gelo und Geilo, die sich in 
dem Ortsnamen versteckt halten sollen, ruhig für 
alle Zeiten ihrem Sagenschatz einverleiben. Der 
Name bedeutet nichts anderes als das, was die 
Ortslage ganz deutlich besagt: die Behausungen 
am geilen (Berg), oder wenn wir schon für die 
althochdeutsche Zeit das Substantiv geile an
	        
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