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ter dem Eckpfosten eines alten Fachwerkbaues der
Fahrgasse, der heutigen Pfarrgasse, er zeigt in go
tischen Majuskeln noch folgende Buchstaben
Y\(o*
Ten hl. Valentin, den Beschützer der Fallsüchtigen
und der Fallenden, finden lvir an vielen steilen
Straßen, ich erinnere an St. Veit von Staffelstein,
an St. Valentin auf der Heide in Tirol, >v.o die
Paßstraße 400 m tiefer nach Mals sich senkt.
Der Name der Stadt Gelnhausen wird urkund
lich sehr spät erwähnt, nach Förstemann, Altdeut
sches Namenbuch, wo er zu dem Personennamen-
Stamm Gail gestellt wird, erst im 12. Jahrhundert
als Gailin-, Gelen- oder Gelnhusen. Das von
Kreuter mitgeteilte Bolchuaseri 5 vom Jahre 1193,
aus einer italienischen Quelle, muß als ver
derbte Lesart ganz außer Betracht gelassen werden.
Die Grundform des Namens ist demnach geil.
Nach den deutschen Wörterbüchern bedeutet das
althochdeutsche Adjektiv geil „lustig wachsen und
wuchern," in die Höhe schießen, ebenso vom Boden,
von Bäumen lute von Tieren gebraucht; vergl.
noch altsächs. gel und angelsächs. gäl in gleicher
Bedeutung, auch ein althochd. gil kommt vor. Tie
Erklärungen der Wörterbücher, auch des Grimm'-
schen, sind jedoch unvollständig: geil wird auch
von aufsteigenden Verkehrsstraßen und Wegen ge
braucht, eine geile Straße ist eine steile Straße.
Von den Straßen geht die Benennung auf die Berg
hänge und die Berge über, vergl. z. B. „d e r
geile Berg" zwischen Kilianstädten und Wind
ecken, Kreis Hanau, über den die Straße nach
Oberhessen zieht. Betrachten wir denjenigen Ort,
der in seinem Namen mit Geilenhusen im ersten
Wortteil gleichbedeutend ist: Gelenldrehen (1170),
Geilenkirchen Reg.-Bez. Aachen. Im engen
Tal der Wurm (zur Rur) gelegen, steigen beider-»
seits die drei Fernstraßen steil an; die nord
östliche Straße über die Höhe senkt sich ins Tal
des Rode-Baches und hat für die dort auf gero
detem Boden'entstandene Siedelung, im Verein mit
weiteren drei dort stark ansteigenden Straßen den
Ortsnamen Gillrath veranlaßt. Auch G al
le n k i r ch e n bei .Hall im württembergischen Jagst-
Kr. und Geilshausen Kr. Gießen, an Straßen
aufstiegen gelegen, gehören hierher. Geilnau
im Lahntal, Kr. Diez, 1284 Geilenowe, wird in
Grimms-Wörterbuch für eine vermutliche „fette Au"
gehalten: der Ort liegt am Ausgang eines engen
Tals, von dem beiderseits Straßen stark ansteigen,
von denen die nach dem 21/2 km entfernten .Holz--
appel 200 in Steigung zu bewältigen hat! Also
unzweifelhaft eine Au an der Geilen (Straße).
Schon im 8. Jahrhundert haben wir für geil eine
Nebenform gnl, 6 die zu güll und gill wird,
vergl. G ü l 1, Dorf- und H 0 fgül l, früher Gill
Kr. Gießen, 8. und 9. Jahrhundert Güllen Gnllinen,
12. Jahrhundert Gulle; bei Hofgüll steigt die von
Eberstadt kommende Verkehrsstraße an und zieht
an der Wetter aufwärts weiter, bei Dorfgüll ist
Straßenaufstieg nach Garbenteich. Jung-Stilling
erzählt in seiner Lebensgeschichte (S. 1): In West
falen bei dem Kirchdorf Florenburg liegt eine Stun
de südöstlich davon Tiefenbach, „der östliche Berg
heißt der Gill er, geht steil auf"; Florenburg ist
Hilchenbach Kr. Siegen, Tiefenbach ist das Dorf
Grund, über den Giller, mit 678 in die höchste Er
hebung des Siegerlandes, zieht eine Straße. Auch
der Gall-Berg bei Herbstein in Oberhessen,
dessen eine Seite von einer Straße überschnitten
wird, gehört hieher; ferner der Gall-Berg zwi
schen Rebsdorf und Ulmbach, Kr. Schlüchtern, so
wie die Höhe „a u f dem Kal l" bei Röddenau
über der Edder, Kr. Frankenberg, welche beiden
letzteren nach Arnold 7 mit irisch gall Fels zusam
menhängen sollen; diese Örtlichkeiten ensprechen
jedoch mit ihren stark ansteigenden Verkehrsstraßen
ganz unsern Geilen-Ortsnamen, sie find also zwei
fellos hierher zu stellen. Das S t e i n g ä l l ch e n,
ein Flurteil nahe bei Eschwege am rechten Ufer
der Werra, am großen Wehr, wo der erste Neben
arm der Werra sich abzweigt^, das nach Arnold
gleichfalls keltischer Herkunft sein soll, scheint nichts
anderes als ein deutsches „Steiugeröll" zu sein.
Von der Aufzählung weiterer zum Vergleich zu
stellenden Namen sehe ich ab.-'
Die Frage, ob Personennamen in unserer
Ortsnamengruppe enthalten sind, ist von mir bis
jetzt noch nicht erörtert worden. Wohl haben För
stemann, Grimm (nach Vilmar), Arnold u. a. •
Personennamen in dem Namen Ölelnhausen ange
nommen — und, nachdem der ursprüngliche Sinn
eines Ortsnamens nicht mehr verstanden wurde,
hat eine spätere Zeit zuweilen fingierte Personen--
namen in die Ortsnamen hineingetragen — aber
die frühere Namenforschung hat gänzlich die große
Wichtigkeit des Verkehrs, der mit der frühfrän
kischen Zeit besonders stark einsetzte und sich in den
Ortsnamen wiederspiegelt, außer acht gelassen. Im
Ortsnamen Göllheim, Bez.-Amt Kirchheim-Bo-
landen, 9. Jahrhundert Gylnlteiin, soll nach Förste
mann der Personenname Gilo enthalten sein, un
zweifelhaft gehört aber Göllheim zu unserer Namen-
gruppe, denn hier hat die große Verkehrsstraße zum
Flußpaßort Dreisen, über die Pfrimm und weiter
über den Tonnersberg, eine sehr starke Steigung
zu überwinden. Nun könnte an dieser gilen ein
Vorspann leistender Fuhrmann seinen Wohnsitz auf
geschlagen haben, benannt nach der Örtlichkeit, und
nach diesem Gilo könnte der hier später entstandene
Ort benannt worden sein, immer aber wäre dann
diese Person zuerst nach der Örtlichkeit benannt
worden, nicht umgekehrtcko So mögen denn auch die
Gelnhäuser ihre G e l a, jene sagenhafte Geliebte
Barbarossas, oder den Gelo und Geilo, die sich in
dem Ortsnamen versteckt halten sollen, ruhig für
alle Zeiten ihrem Sagenschatz einverleiben. Der
Name bedeutet nichts anderes als das, was die
Ortslage ganz deutlich besagt: die Behausungen
am geilen (Berg), oder wenn wir schon für die
althochdeutsche Zeit das Substantiv geile an