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Urteil zu bilden, weil alle Briefe von Dekker an
sie vernichtet worden sind und uns nur ein Brief
von Ottilie an Dekker bekannt geworden ist. So
weit wir aber sehen können, lag kein Grund vor,
das; Ottiliens Verwandte sich über dieses Verhältnis
zu schämen Hütten, wie offenbar doch der Fall ge-
Bausteine II. i@w)
Der französische Degen ist verloren. Dagegen
dürfte noch von jener Reise des Prinzen Wilhelm
das vorzügliche runde Wachsmedaillon mit seinem
Reliesportrait herrühren, das die feinen sympathi
schen Züge des jungen Prinzen zeigt (im Renais
sancezimmer des Museums); denn die Qualität
dieser farbigen Wachsarbeit weist aus einen höchst
durchgebildeten Künstler hin, wie ihn Paris eher
als andere Städte 'aufweisen konnte. Des Prinzen
Tagebuchnotiz Bl. 43 vom 2. 6. 1647, daß er dort dem
Maler und dem Wachspossierer gesessen habe, fügt
sich gut dazu. Als Portrait schließt dieses Me
daillon vortrefflich an.die Miniatur-Hochreliesbüste
des Prinzen in Wachs an, die mit der Jahreszahl
1644 datiert ist. Fraglich ist bloß, ob sich die In
schrift des Rundmedaillons: Wilhelmus Pacif(icus)
D. G. Hassiae Landgravius schon 1647 denken läßt.
Landgraf nennt sich Wilhelm ans Münzen schon
1638, princeps Hersfeld. fügt er seit 1651 zu. Aber
wann das Paeiliens aufkommt, das ihm auch der
Kilianische Stich in der Ehrensänle von 1663 gibt,
konnte ich nicht ermitteln. B o r dem Ulmer Waf
fenstillstand vom März 1647 dürfte es aber kaum
anzusetzen sein. Die Vormundsck)ast der Mutter er
losch 1650.
Saß Wilhelm dem Wachspossierer in Paris kurz
und gern, so zwang ihn im Januar 1648 ans der
Rückreise in Kleve der Bruder seiner Braut, der
große Kurfürst, zu einer anstrengenderen Sitzung.
Er mußte (Bl. 56 b) „den gantzen Morgen dem
Mahler Hundhorsten sitzen. Der Churfürst
kahm dazu und mußt ich wieder willen langer
sitzen bleiben, der Mahler mußt in des Churfürsten
beysein ein Maas von meiner lenge nehmen".
Das Honthorstportrait ist anscheinend verloren, denn
das im Rathausgang hängende arg mißhandelte
Kniestück dürfte es kaum sein. Ein anderes, wohl
1646 in Amsterdam entstandenes Portrait des an
mutigen Knaben hat sich glücklicherweise erhalten.
Es ist das dem Thomas de Keiser zugeschriebene
kleine Bildnis ans Kupfer in Kabinett 17 der Galerie
(Katalog Eisenmann 1888 Nr. 202 mit Tagebuch-
auszug). Ein Reiterbildnis Wilhelms, 1651 von
A. van Hülle gemalt, hat v. Drach 1888 identifi
ziert, Galerie Nr. 184 a.
Die übrigen Kunstwerke, die an Heinrich IV. er
innern, sind, von der Wachsbüste abgesehen, bald
aufgezählt, zumal ich den seit 1800 aus Schloß
Wilhelmshöhe, jetzt in der Löwenburg stehenden
Bronzereiter, der unter dem Namen Heinrich IV.
geht rind über den ich im Anhang handeln werde,
wesen ist. Ottilie mag anfänglich Liebe für Dekker
empfunden haben, sie hat mutig dagegen gekämpft,
Dekker über ihre Beziehungen zu Katzenstein auf
geklärt, und nur die Verehrung für einen großen
und im Verkehr liebenswürdigen Menschen ist übrig
geblieben.
Von Rudolf Hallo.
auslassen darf, weil die Benennung falsch ist. Es
ist das hervorragend gute flache Goldrelief auf
Schildpatt in kreisrundem Porphyrrahmen mit des
Königs Brustbild im Profil, das schon im Inventar
von 1786 erscheint, ferner eine Aqnarellminiatur
des Henri de Petüune, One de Sully, des klugen
Ministers Heinrichs, über dessen kühles Verhältnis
zu Moritz man die Gorrespondanee inedite S. 411
nachlese; ebenfalls schon tm Inventar 1786. Ferner
besitzt das Museum, in zwei Bleiabschläge zerlegt,
Avers und Revers der schönen Medaille G. Du
ft r 6 s aus die 1603 erfolgte Geburt Ludwigs XIII.,
des Sohnes von Heinrich und Maria di Medici,
und zwar in der variierten Ausführung, die Duftrs
1605 herausgab, mit Heinrichs Kopf in Dreiviertel
profil. Ob die Kasseler Abschläge eigene Arbeiten
des Meisters sind oder Vervielfältigungen, die trotz
des königlichen Patents, daß „kein Goldschmied und
kein Sandformer" sie abformen dürfe, immer wieder
fremde Hände vornahmen, ist schwer zu sagen; jeden
falls trägt der Abschlag der Vorderseite außer der
Signatur G Dupre F 1605 noch die Jahreszahl
1607 ans dem Armstumpf. Wie lang Kassel die Blei
medaillons besitzt, ist unbekannt. (Abbildung des
ersten Zustandes in A. Michels Histoire de PArt
V 2, S. 764.)
Schon im Inventar von 1786 erscheint das ovale
4 cm hohe Bisquitrelief mit Heinrichs Prosilkopf,
das sich aber nach Technik und Stil als Arbeit des
XVIII. Jahrhunderts erweist. Eine in einem Ver
zeichnis „von Statuen und Gruppen" aufgeführte
Nummer: Henri IV. und Sully en biscuit wurde
in Jeromes Zeit aus dem Wilhelmshöher Schloß
verschleppt (Heidelbach, Hessenland 1905, 61). Und
ein Henri IV en terre de Lorraine, dem hellen
elsässischen Tonmaterial, das das ausgehende XVIII.
Jahrhundert so gern verarbeitete, ist nach Mus.-
Akt. 20 im Januar 1778 „aus Serenissimi Eabinett
zum Kunsthaus abgegeben" worden. Auch er scheint
verloren^
4 Zu meiner Zeitschrst. 5p. G. V. Bd. 55 S. 290 ge
machten Anmerkung 3 über Nachbildungen des Nahl-
schen Grabmals zu Hindelbank in Terre de Lorraine,
die sich in Halle und Kassel befinden, füge ich aus
Brinkmanns monumentalem Führer durch das Ham
burgische Museum f. Kst. u. Gew. 1894, 470 noch ein
weiteres Exemplar in Hamburg hinzu. Auch Nachbil
dungen in Bisquit sind bekannt. Nach den Hess. Bei
trägen zur Gelehrsamkeit und Kunst I, 1785, 406 stellte
1783 der „Rat Nahl" ein von ihm gefertigtes Ton-
modell des von seinem Vater geschaffenen Grabmals
in der Kasseler Akademie aus.