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Illustrierte Monatsblätter für Seimatsorschung, Kunst und Literatur
Schriftleiter Paul Heidelbach, Kassel. Unter Mitwirkung von Bezirkskonservator Baurat Dr.Holtmeyer, Kassel/
Direktor der Landesbibliothek Or. Hopf, Kassel,- Lyzeallehrer K e ller, Kassel,- Staatsarchivrat Ur. Kn et sch, Marburg,-
Oberbibliothekar Professor Or. Losch, Steglitz,- Schriftsteller Heinrich Ruppel, Homberg,- Professor vr. Schaefer,
Kommissar für Naturdenkmalpflege im Reg.-Bez. Kassel/ Geheimrat Unkversitätsprofessor vr. Schröder, Göttingen/
Universitätsprofessor vr. Schwanike, Marburg/ vr. Werner Sunkel, Marburg/ Professor vr. Vonderau, Fulda,-
Universitätsprofeffor Or. W e d e k i n d, Marburg.
——— 3m Einverständnis mit den Vereinen:
Verein für hessische Geschichte und Landeskunde,- Hessischer Gebirgsverein,- Knüllgebirgsverekn,- Allgemeiner Deutscher
Sprachverein, Kassel,- Verein für Naturkunde, Kassel,- Geologischer Verein, Marburg,- Biologische Vereinigung, Marburg/
Gesellschaft für Familienkunde in Kurhessen und Waldeck/ Hessischer Volksschullehrerveretn.
— ii in.... Bezugspreis vierteljährlich 2.— Mark >->
39. Jahrgang Heft 3 Kassel, März 1927
Aus der Geschichte einer Kasseler Andrücke/
Mit dem Anwachsen der Stadt Kassel hatte sich
begreiflicherweise das Bedürfnis für eine zweite
Gelegenheit zum Überschreiten der die Stadt in
einen größeren (Altstadt und Oberneustadt) und
einen kleineren Teil (Unterneustadt) zerlegenden!
Fulda ergeben. Besonders erforderte der Verkehr
mit den ans dem rechten Fuldaufer oberhalb der
Stadt liegenden Dörfern einen solchen zweiten Über
gang. Die alte Brücke, deren Pfeiler bis vor kur
zem noch als Eisbrecher über dem Wasserspiegel
der Fulda zu erblicken waren, war selbst schmal
und nur durch enge Gassen, die beiden Fuldagassen
und die Kettengasse 1 2 , zu erreichen. Von ihr aus
mußte man erst zum Leipziger Tor gehen, das etwa
an der Stelle der jetzigen Kurzen Straße lag; von
diesem aus führten dann Garten- und Feldwege
zu den benachbarten Dörfern. Ein Übergang über die
Fulda an der Stelle der jetzigen Drahtbrücke mußte
also den Weg zu den Dörfern erheblich abkürzen. So
lange Kassel Festung war, erschien eine solche
zweite Verbindung der beiden Fuldauser aus mili
tärischen Gründen unzulässig. Nachdem aber am
15. Dezember 1767 Landgraf Friedrich II. den Be
fehl zur Entfestigung Kassels gegeben hatte, mit
dessen Ausführung bereits am 21. desselben Mts.
begonnen wurde, fiel das Haupthindernis für einen
zweiten Fuldaübergang weg. Der Landgraf ließ
deshalb an der Stelle, an der sich jetzt die 1870
erbaute sog. Drahtbrücke befindet, eine Schiffbrücke
1 Soweit nicht andere Quellen angegeben sind, nach
den Akten der ehemaligen kurhessischen Oberzolldirektion,
betr. die Fuldafähre an der Karlsau bei Kassel.
2 Die drei Gassen führten früher den Namen obere,
mittlere, untere Fuldagasse.
Von Zolldirektor i. R. A. Woringer.
erbauen. In welchem Jahre dies geschehen ist,
läßt sich nicht mehr feststellen. Schminke in seinem
1767 erschienenen „Versuch einer Beschreibung der
Residenz- und Hauptstadt Cassel" erwähnt die Schiff
brücke noch nicht, ebensowenig auch Engelhard in
seiner 1778 herausgegebenen „Erdbeschreibung der
Hessischen Lande Casselischen Antheiles". Dagegen
erscheint die Brücke auf dem Stadtplan von 1781.
Sie muß also wohl 1779 oder 1780 zum ersten
Male erbaut worden sein. Denn sie stand nicht
dauernd. 1792 und 1797 erwähnt Apell in seiner
„Beschreibung von Eassel und dessen Umgebungen",
daß sie nur im Sommer aufgeschlagen werde. Im
Winter Pflegen ja Schiffbrücken vielfach des Eis
gangs und des Hochwassers wegen abgefahren zu
werden. 1803 war sie nicht mehr vorhanden? Man
hatte sie beseitigt, weil sie, wie ein Bericht des
Maires der Stadt Kassel, v. Canstein ^ vom 7. De
zember 1810, Nr. 1374 ch besagt, unzweckmäßig
gewesen war. An ihrer Stelle wurde eine Überfahrt
eingerichtet, die nun um so mehr erforderlich war,
als mittlerweile am rechten Fuldauser vor der sog.
Maulbeerplantage Badeanstalten angelegt worden
waren. Das Fährrecht auf den hessischen Flüssen
war ein Regal, seine Ausübung stand daher der
Landesherrschaft zu, die sie verpachtete. Der erste
Pächter der neuen Fähre war der Schreiner An
dreas Hartdegen. Ties Pachtverhältnis bestand aber
s Krieger in seinem 1803 erschienenen Buche: „Cassel
in historisch-topographischer Hinsicht" erwähnt sie nicht
mehr.
1 Wilhelm Friedrich Gustav von Canstein war 1806
kurhessischer Geheimer Kriegsrat und Kammerherr.
5 Archiv der Stadt Kassel.