Full text: Hessenland (39.1927)

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Treis a a. d. Lumda" sprach. Diese vom Vortragenden 
geleiteten Ausgrabungen konnten durch namhafte Funde 
von Steinwerkzeugen und Tierknochenresten das Auf 
treten des Eiszeitmenschen in unserem engeren Heimat 
gebiet nachweisen. Es handelt sich wohl um eine 
etwa 20—25 000 Jahre zurückliegende Siedlung der 
älteren Steinzeit. (Bericht: Oberhesf. Ztg. 6. 12.) 
Vor der F r i tz l a r e r Gruppe des Hessischen Ge 
schichtsvereins sprach am 20. Oktober Prof. Or. Van 
der a u - Fulda über die Ergebnisse der von ihm ge 
leiteten Ausgrabungen am Büraberg. Es ergab sich, 
das; die der iro-schottischen Heiligen Brigida geweihte 
Kirche fränkischer Bauart war; au der Nordseite tvurde 
eine Taufzelle mit Taufbrunnen, dem ersten seiner Art, 
der bisher in Deutschland entdeckt tvurde, gesunden. 
Die Befestigungen mögen schon um 550 ein starkes 
Kastell der Franken gebildet haben. Das Kastell in 
seiner ganzen Führung zeigt die römische Bauart. Im 
Frühjahr 1928 sollen die Straßeuzüge und das Prä- 
torium freigelegt Iverdeu. (Bericht: Kaff. Post 21.10.) 
Der Geschichtsverein Alt-Wanfried erwarb 
wieder eine Reihe wertvoller Stücke für sein Heimat 
museum. 
Der Verein für Naturkunde in Kassel hielt 
am 11. Oktober seine Vorstandssitzung im Gasthaus 
„Herkules" Hohenzollernstraße ab. Außer sonstigen ge 
schäftlichen Angelegenheiten wurden die im kommenden 
Winterhalbjahr 1927/28 zu haltenden Vorträge be 
sprochen. Die Veranstaltungen finden, wenn nichts 
anderes bestimmt wird, im Gasthaus „Herkules" statt. 
Beginn abends 81/4 Uhr. Etwaige Programmänderungen 
sind an den bekannten Aushangstellen (Engel-Apotheke, 
Obere Königstraße, Schwanen-Apotheke, Friedrich-Wil 
helmsplatz und Gasthaus „Herkules") zu ersehen. — 
Am 27. Oktober sprach Studienrat E. Dippel über 
die neu eröffnete astronomisch-physikalische Abteilung 
des Landesmuseums. Dieser Vortrag war zugleich eine 
Vorbereitung für eine nachfolgende Führung durch die 
Sammlung. Tie weiteren Vorträge werden teils aus 
dem Gebiet der Geologie, der Medizin, der Chemie 
und sonstigen naturwissenschaftlichen Fächern sein. So 
sprach am 10. November Lehrer H. Penndorf über die 
Grundwasserverhältnisse des Kasseler Beckens und die 
Wasserversorgung der Stadt Kassel. Am 24. Novem 
ber wurden die Ausflüge und Reisen, die der Verein 
für Naturkunde im verflossenen Sommer veranstaltete, 
besprochen. Der letzte Vortrag des Jahres 1927 fand 
am 8. Dezember statt, und zwar sprach Dr. A. Grimme 
über die Tuberkulose der Tiere mit Vorlagen. In 
1 9 2 8 finden in jedem Monat 2 Sitzungen statt, und 
zwar wird an einem Abend ein größerer Vortrag ge 
halten und am anderen Abend werden Vorlagen lind 
Mitteilungen aus allen Gebieten der Naturwissenschaft 
gemacht werden. Au Vorträgen ist geplant, am 
l2. Januar von H. Schwitzer, über Bettfedern und 
ihre Verwertung zu sprechen. Dr. G. Alsberg hält 
am 9. Februar einen Vortrag auf medizinischen: Ge 
biet. Dr. K. Brauer wird am 8. März Streifzüge 
durch die Lebensmittelchemie unternehmen. Tie Haupt 
versammlung des Vereins für Naturkunde findet am 
26. April statt, und zivar wird Prof. B. Schaefer über 
die Naturdenkmäler (mit Lichtbildern) sprechen. Tie 
Borträge, versprechen sehr interessant zu werden, und 
hoffentlich wird eine größere Zahl von Zuhörern an 
ihnen teilnehmen. Dr. Sch. 
Verein für Naturkunde. In der letzten 
Vereinssitzung des Vereins für Naturkunde hielt Herr 
H. Penndorf einen hochinteressanten Vortrag über 
„die Grundwasserverhältnisse im K a s - 
feler Becken und die Wasserversorgung 
der Stadt Kasse l," der im Auszug wiedergegeben 
sei: Als die Temperatur der Uratmosphäre unserer 
Erde unter den Siedepunkt des Wassers gefallen war, 
erreichte dieses in Form von Regen zum ersten Male 
die Erdoberfläche. Dieses Niederschlagswasser sammelt 
sich seitdem teils in den Meeren, Seen, Flüssen usw., 
teils sickert es in die oberen Schichten der Erdrinde 
ein und bildet hier das Grundwasser. Je nach der 
Wasferdurchlässigkeit der Schichten unterscheiden wir 
durchlässige Gesteine (Sand, Kiesel, Schotter, Sand 
steine, Kalke, Dolomite, Basalte) von den undurch 
lässigen Gesteinen Ton, Lehm, Mergel und Tonschiefer. 
Das Sickerwasser durchdringt die durchlässigen Schichten, 
bis es auf einer undurchlässigen Schicht aufgestaut 
wird, um aus ihr je nach ihrer Neigung stehen zu 
bleiben oder langsam weiter zu fließen. An einem 
natürlichen bzw. künstlichen Einschnitt oder an einem 
sogenannten Verwerfungsspalt kann das Grundwasser 
als Ouelle wieder zu Tage treten. Im ersten Falle 
sprechen wir von ^chichtquellen. Zu ihnen gehören die 
zahlreichen Quellen der Randberge des Kasseler Beckens 
— besonders die Basaltgebirge der westlichen Umrah 
mung. Hier dringt das Niederschlagswasser im klüftigen 
Basalt in die Tiefe, sammelt sich auf einer tonigen 
Schicht der Tertiärunterlage und sprudelt am Hange 
als Quelle hervor. Ebenso verschwindet das Regen- 
wasser im klüftigen Sandstein des Ostrandes, bis es 
durch eine undurchlässige Tonschicht zum Austritt ge- 
zwungen wird. Verwerfungsquellen finden wir im Kas 
seler Becken nur im Zuge des Kasseler Grabenbruches 1 , 
wo einstmals der durchlässige Muschelkalk in die un 
durchlässigen Rötmergel niedergcbrochen ist. Hier wird 
das im Muschelkalk eindringende Wasser an der Grenze 
zum Rötmergel an Verwerfungsspalten im Muschel 
kalk wieder emporgedrückt. Wegen der geringen flächen 
haften Ausdehnung des Muschelkalks im Kasseler Becken 
sino die schwachen Verwerfungsquellen nur spärlich ver 
treten; es seien diejenigen am Eichwäldchen, an der 
Prinzenquelle und in: Ahnetal genannt. — Grund 
wasser ist in: Untergrund des Kasseler Beckens in 
reicher Menge und in mehreren .Horizonten oder Stock 
werken vorhanden. Das oberste Grundwasserstockwerk 
liegt östlich der Fulda (Waldauer Wiesen, Forstfeld). 
Es wird gespeist durch die Niederschläge, die in die 
Schotter und Sande eindringen, die die flachen .Hügel 
in der Umgebung von Ochshausen, Krumbach, Vollmars 
hausen bedecken und die, allmählich unter einer 1—2 m 
starken Lehmdecke verschwindend, zur Fulda hinabziehen. 
Die undurchlässige Unterlage dieses Grundwasserstromes 
besteht aus Rötmergeln. Infolge feiner geringen Tiefe 
wird dieser Wasserhorizont durch die Fulda angeschnitten, 
so daß er sich zu ihr hin entwässert. Der Eintritt 
vom Fuldawasser in das Grundwasser wird verhindert 
einmal durch den Druck des einfließenden Wassers, 
zum anderen durch die Schlammdecke des Flußbodens; 
wohl aber verursacht Hochwasser einen Aufstau des 
Grundwassers. — Ein zwei;er Grundwasserstrom hat 
sein Nährgebiet in: Habichtswald und sauen Vorbergen. 
In tertiären Sanden, die sich ostwärts ins Kasfeler 
Becken hinabziehen und von Lehm bedeckt sind, strömt 
er auf Rötmergeln zur Senke. Er steht nicht mit der 
Fulda in Verbindung, da er 10—16 m tiefer liegt 
uno vom Flußwasser durch eine undurchlässige Lehm- 
bzw. Tonschicht getrennt ist. Diesem Stockwerk ent 
nehmen d:e Brunnen der städtischen Wasserleitung bei 
1 Näheres: H. Penndorf, Geologische Wanderungen 
im Niederhessischen Berglande.
	        

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