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nicht wieder heim zn kommen, oder meine Faust zu
merklichem Abbruch des Feindes rühmlich zu ge
brauchen."
So war sein .Herz erleichtert und die Ehrenfrage
reinlich entschieden, wenn es auch nichts half und
er sich fügen mußte.
* * *
Jener Enkel, der Herrn Simon von Wallen
stein auf dem Hnssitenzuge begleitete, trug beit
gleichen Namen wie sein Großvater und ivar ihm
nicht unebenbürtig, wovon sein Zuname „der
Stolze" und mancher Bericht über seine Taten
zeugt. Seine ritterliche Tugend stach besonders
in einer Angelegenheit hervor:
Durch seine Mutter, eine Erbtochter von Buche
nan, hatte er Ansprüche ans die Güter dieses Ge
schlechtes erworben. Während nun ein Teil derer
von Buchenau gewillt war, ihn in ihre Ganerb
schaft aufzunehmen, >var eine andere Partei unter
ihnen dagegen. Somit war der Keim zu Krieg und
Fehde gelegt, und beide Seiten warben Anhänger
unter der Ritterschaft. Sogar die Fürsten griffen
in den Streit ein, denn Simon war der Marschall
und Vertraute des Landgrafen Ludwig zn Kassel,
während dessen Bruder Heinrich zu Marburg sich
den Gegnern Simons zugesellte.
So geschah es eines Tages im Sommer des
Jahres 1468, daß sich unter Trompetenschall die
feindlichen Herolde nach Buchenau begaben und
daselbst nicht weniger als vierzehn Fehdebriefe aus
einmal abgaben. Herr Simon von Wallenstein
war freilich nicht daheim, aber seine wohledle Ge-
mahlin, Frau Margarethe von Dalwigk, und En
gelhard von Buchenan wußten, was sich der Sitte
gemäß geziemte, und bewirteten die Herolde reich
lich mit Speise und Trank. Manch anderem wäre
bei solcher Lage der Dinge das Herz entfallen,
nicht so Herrn Simon, als er vom Hoflager seines
Fürsten nach Buchenau zurückkehrte. Er vernahm
die Neuigkeiten sonder Furcht und Zagen, wie es
sich für einen Ritter seines Geschlechtes gebührte,
und auf die vierzehn Fehdebriefe entgegnete er mit
.großer Gelassenheit: „Es sei ihm leid, daß ihn
jene Herren befehden und hassen wollten, denen
er allezeit zn Diensten bereit gewesen sei, doch so
müsse der Knecht oft seines Herrn entgelten und
mit genießen; sie sollten nur nicht verzagen, das
könnte nicht allein mit Briefen zugehen, denn da
gehöre mehr zu, als ein Paar rote Schuhe zum
Tanze. Würde nur Landgraf Heinrich abstehen,
vor den andern würde ihm nicht bangen; doch
wolle er Gott walten lassen."
Seine Zuversicht betrog ihn nicht. Die Feinde
mußten die Belagerung seiner Burg, zu der es
schließlich kam, unverrichteter Sache aufgeben, und
die Chronik erzählt von ihnen: „Sie machten sich
davon wie die Hallgänse, die sich verirrt haben,
und einer klagte dem andern seine Unfälle. . ,
und zogen also heim mit ihren Senfmühlen."
* * *
Ein edler Mann wird niemals einer Frau die
Ehrerbietung versagen, die ihr gebührt, wenn sie
in dem Reiche ihrer Weiblichkeit verharrt. So
bald sie aber die Schranken überschreitet, die sie sich
selbst ziehen muß, wird auch der Zarteste nicht an
stehen, sie zurückziüveisen. Denn nur im ihm Ge
mäßen reift jedes Menschen Vollendung.
Ein Mann und Held durchaus war Konrad von
Wallenstein, in vielen schwersten Kämpfen erprobt,
bis er von Kaiser Maximilians Hand in der Dom
kirche des eben eroberten Stnhlweißenbnrg zum
Ritter geschlagen wurde. Gleicherweise treu wie
tapfer, errang Konrad auch das innigste Vertrauen
seines Fürsten, des Landgrafen Wilhelm von Hes
sen. Als dieser in schweres Siechtum verfiel,
wandte er sich also an seinen Ratgeber: „Konrad,
wir haben manchen Weg mit einander gereiset.
Weil wir nun fühlen, daß wir sterben werden,
so wollen wir die Reise bis gen Marburg znni
Grabe auch mit einander tun und bitten dich, daß
du unsere Seele, Weib und Kinder, Land und
Leute, desgleichen unsern Bruder und dessen Weib
unb Kinder im Befehl haben und das Beste tun
wollest, als wir zu dir, das zuvor andern, Ver
trauen haben. Denn du bist mit sonst sieben unserer
Räte von uns zum Vormund erwählt und ge
setzt. Doch du als oberster über alle, als alleiniger
Regent."
Und Konrad hätte dies Vertrauen gewiß nicht
enttäuscht. Aber die Landgräsin Anna von Meck
lenburg, von Herrschsucht gepeinigt, wußte zwischen
ihren Gemahl und seine Günstlinge Mißtrauen zu
säen, so daß er sie verwarf und gar vor anderen
Fürsten mit harten Beschwerden verklagte. Da
Ivar es kein Wunder, daß Herr Konrad von Wal
lenstein, der das Land ob dieser Weibsqnertrei-^
bereien in Unfriede und Zwiespalt sah, nach dem
Tode seines Herrn im Jahre 1509 ans dem Land
tage am Spieß mißmutig ausrief: „Man müsse
eher im Blute bis an die Sporen ivaten, ehe man
sich einer Frau unterwürfe!"
* * *
Der Junker Heinrich von Banmbach war ein
eifriger Diener seines Landesherren, des Land
grafen Philipp von Hessen. Nachdem er diesem
sonderlich ans den Zügen gegen den Herzog Hein
rich von Braunschweig seinen tapferen Arm ge
liehen, ward er im Jahre 1542 zum Amtmann
über die braunschweigischen Ämter Fürstenberg,
Holzminden und Wickense bestallt, worin er sich
so wohl bewährte, daß ihn der Landgraf mit wich
tigen Sendungen betraute. So ging er einst nach
England und im Jahre 1546, vor Ausbruch des
Schmalkaldischen Krieges, an die schwäbischen
Städte, um sie als Bundesgenossen zu gewinnen.
Als er während dieser eiligen Reise auf der Fahrt
gen Ulm war, erlitt seines Knechtes Gaul einen
Schaden am Fuße, so daß Junker Heinrich den
Diener in einem Dorfe zurücklassen mußte. Da er
sich des Unfalls wegen versäumt hatte, hielt er's
für nötig, die Nacht durch zu reiten, und blieb.