76
2 Meter dicke Wand gebrochen. Heute dient dieser
(sicher erst später gotisch eingewölbte. D. E.) Raum
als Schloßkapelle. In eine der Wände ist ein steinernes
Becken eingemauert, darin Elisabeth nach ihrer Geburt
zum erstenmal gebadet wurde.
Von den drei Frauen, die eine goldene Brücke der
deutschen zu den ungarischen Herzen gebaut haben, sind
die älteste und die jüngste Bayerinnen. Gisela, die
Gemahlin Stephans des Heiligen, wie auch Elis a -
beth, die Gemahlin Franz Josephs, führten beide das
bayerische Herzogswappen. Zwischen ihnen steht, sie
beide an Größe überragend, die Heilige, die Ungarin,
dann Landgräfin von Hessen und Thüringen, die Fran
ziskanerin auf deutschem Fürstenthron. Sie ist in ihrer
schlichten Frömmigkeit die echteste Nachfolgerin des Po-
Aus Heimat und Fremde.
Karl Adolf S ch i m m e l p f e n g, der auch den
Lesern unserer Zeitschrift durch seine Beiträge bekannte
Dichter, beging am 1. April seinen 50. Geburtstag. Der
altbekannten und weitverzweigten hessischen Familie ent
stammend, der auch der verstorbene Kabinettsrat des
letzten Kurfürsten angehörte, wurde Schimmelpfeng in
Solz als Sohn des Pfarrers Georg Schimmelpfeng ge
boren. Er verbrachte seine Kindheit in Abterode und
lourde nach dem Besuch des Gymnasiums Buchhändler.
Nach längerem Aufenthalt in England und am Rhein
ließ er sich in Bad Sooden an der Werra nieder. Seine
reifen, erst im letzten Jahrzehnt entstandenen Erstlings
gaben berechtigen zu der Hoffnung, daß dieser gestaltungs
kräftige Lyriker und Epiker noch Bedeutsames zu sagen
haben wird.
H o ch s ch u l n a ch r i ch t e n. Marburg: Am
22. März starb 67jährig der ' Honorarprofessor für
Staats-, Verwaltungs-, Völker- und Kirchenrecht Ober
verwaltungsgerichtsrat a. D. Or. fur. Albert L o tz. In
Kassel geboren, wo er auch als Referendar tätig war, kam
er 1902 von Liegnitz, wo er als Regierungsrat wirkte,
als Dozen't nach Münster, too er den Titel Professor
erhielt. Seit 1893 toar er Mitglied des preußischen
Abgeordnetenhauses, erhielt 1915 den Charakter als
Geh. Regierungsrat, lourde im gleichen Jahr Ober
verwaltungsgerichtsrat in Berlin und trat 1921 in den
Ruhestand. Später erhielt er einen Lehrauftrag an der
hiesigen Universität und wurde 1923 Honorarprofessor.—
Der a. o. Prof, und Proscktor am anatomischen Institut
in Leipzig Or. med. Ed. Jakobshagen hat den
Ruf als Abteilungsvorsteher am hiesigen anatomischen
Institut angenommen. — Die Stadtverordnetenversamm
lung genehmigte die Errichtung eines Universitats-Reit-
institutes im ehemaligen Deutschordensgut am Orten
berg und die Errichtung eines Denkmals für die ge
fallenen Dozenten und Studierenden an der alten Herrn
mühle, dem jetzigen Elektrizitätswerk, zwischen der
Weidenhäuser Brücke und dem Universitätsgebäude. Die
Denkmalsanlage in Form einer Brückenbastei mit einem
auf hohem Postament stehenden Löwen soll zum 400-
jährigen Universitätsjubiläum fertiggestellt sein. — Das
Kunstgeschichtliche Seminar veranstaltete eine Ausstel
lung niederdeutscher Handwebereien.
Personal chronik. Der letzte Kommandierende
General des XI. Armeekorps General der Artillerie a. D.
Viktor Kühne beging am 27. März sein 50 jähriges
Militärjubiläum. Nach dem Besuch des Kasseler Fried
richsgymnasium war er 1876 beim hessischen Feld
artillerieregiment Nr. 11 eingetreten. Im Weltkrieg er
warb sich General Kühne durch den Vorstoß über den
Szurdukpaß den Pom- le mérite. Kühne vermählte sich
verello (d. h. des hl. Franziskus von Assissi. D. E.),
die das deutsche Mittelalter auszuweisen hat. Hätte uns
Deutschen Ungarn nicht mehr gegeben als diese eine Frau,
es wäre Grund zu dauernder, tiefer Dankbarkeit. Es
mag sein, daß Marburg, wo in ihren Witwenjahren die
Heilige wirkte, wo die Elisabethkirche, dieses Wunder-
>verk deutscher Gotik, wenigstens jahrhundertelang ihre
Gebeine beberbergen durfte, wo jeder Fleck Erde vom
Leben und dem in seiner Armut überirdisch glänzenden
Ausgang dieser einzigen Frau erzählt, einen noch er
greifenderen Eindruck macht. Für mich war auch Saros-
Patak eine jener Wallfahrten, wo die Steine anfangen
zu reden, wo der Segensspruch der Lesung vom 19. No
vember zur Wirklichkeit wird: ,Laudent eam in portis
opera eius.‘—" Eingesandt von K. H. in H.
1882 mit einer Enkelin Ludwig Emil Grimms. Der
rüstige und liebenswürdige Herr würde sich ein hohes
Verdienst um die deutsche Kunstgeschichte erwerben, wenn
er uns auf Grund seiner eingehenden Kenntnisse und
seiner reichen noch unbekannten Kunstschätze eine Mono
graphie dieses feinsinnigen Malers und Radierers be
scheren würde, dessen Erinnerungen uns bereits Adolf
Stoll vermittelte.
Hundert Jahre waren im letzten Monat seit dem
Entstehen der Kasseler Karfreitagskonzerte der Staat
lichen Kapelle verflossen. Das erste Karfreitagskonzert
brachte 1826 in der alten lutherischen Kirche Spohrs
Oratorium „Die letzten Dinge" durch die kurfürstliche
Kapelle. Aus diesem Grunde legte der Lehrergesangverein
einen Kranz am Denkmal Louis Spohrs nieder.
Aus Kassel. Die große Osanna-Glocke der Martins
kirche war bekanntlich vor zwei Monaten gesprungen und
gänzlich unbrauchbar geworden, so daß bereits ihr Um
guß bzw. eine Schweißung erwogen wurde. Auf Vor
schlag des Bezirkskonservators wurde zuvor Professor
Biehle, Bautzen, zu Rate gezogen, der nach eingehender
Untersuchung die Glocke in den klangfähigen Zustand
zurückversetzte. Die akustische Prüfung vor und nach dem
Eingriff ergab, daß die Glocke ihre frühere Verfassung
wiedererhalten hat.
Vierhundert Jahre waren in diesen Tagen seit
dem Abbruch der Cyriakuskirche auf dem Marställer Platz
in Kassel verflossen, deren Steine zum Bau des nahen
Schloßwalles benutzt wurden. Die beim Abbruch her
untergeholte große „Osanna" kam damals in den Turm
der Martinskirche.
Aus Hanau. Unter tatkräftiger Mitarbeit des
Hanauer Geschichtsvereins ist es dem Hanauer Ober- •
bürgermeister Dr Blaum gelungen, eine über 300 Stück
enthaltende Frankfurter Sammlung alter Hanauer
Fayencen von höchster kunstgewerblicher Bedeutung
zu erwerben. Diese sehr wertvolle Sammlung bildete
den Kern der viel bewunderten Fayenceausstellung, die
das Frankfurter Kunstgewerbemuseum vor Jahresfrist
veranstaltet hatte und die großes Aufsehen erregte. Die
Fayence, die bisher völlig hinter dem Porzellan zurück
trat, wurde mit einem Male in die gleiche künstlerische
Linie mit dieser Edelmode eingewiesen. Das Museum
des Hanauer Geschichtsvereins, das bislang nur wenig
bedeutende Fayencearbeiten .Hanauer Provenienz zu zeigen
vermochte, rückt durch diese mit großen Mitteln erworbene
Sammlung an die allererste Stelle im Besitz schöner
Hanauer Stücke.
Aus Fulda. Einem Fund aus mittelalterlicher
Zeit ist man gelegentlich der Abtragung eines Kinder
spielplatzes inmitten der Stadt auf die Spur gekommen.