Full text: Hessenland (38.1926)

sahd he: „Bleibsd sitzen, 's wird nidd 
gesch..Mä zeichenden no Vorlagen; 
wann einer 'ne Vorlage ferdich gezeichend 
hadde, dann kam der Grahn mid en großen 
Packen Vorlagen un zeichde se einen. Wemme 
eine schunn emo gezeichend hadde, dann 
mußdeme schbrechen: „Gehabd." Eimo war 
ich au ferdich, un hä zeichde mä annere Vor 
lagen; wenn se mä nidd gefielen, sahd ich: 
„gehabd". Nu hadde ich schunn veelemo 
„gehabd" geschbrochen, do zeichde hä mä so'n 
großen Kreis mit ludder Bläddern, der ge 
fiel me nu erschd rechd nidd un ich sahde au 
Widder „gehabd". Do gawe mä awer einen 
uffen Backen, daß ich nidd wußde, ob ich en 
Wibbchen oder en Männchen war, un sahde: 
„Du verdammder Lausejunge, das häddesde 
schunn gehadd, du Ekel, das gew ich^ imwer- 
haubd keinen von uch ze zeichnen, das äs 
en idaljenscher Deckenblafong." 
Das war nu d's ledzde Johr in der 
Schule. Im Wender gingeme in de Komfer- 
mandenschdunne un de Osdern wurdeme kom- 
fermierd. Den Mondag no der Komfer- 
madzjon machden de Mäderchen un de Jun 
gen, die in der Briederkirje komfermierd 
>varen, de iebliche Abschiedsseier. Mä gin 
gen uff den Leimenkeller, das war do, eh 
mer an den „Bunden Bock" kam. Den 
anneren Dag kam ich in de Lehre, de 
Schulzidd war nu verbie. Wann ich awer 
Heide als ahler Mann an disse Zieden zerick 
denke, un denke dran, wie me de Lehrer 
geärjerd hodd, dann mechdeme de Männer 
gerne noch emo vor sich sehen, enn de Hand 
dricken un schbrechen wie als Junge: „Ich 
well's nidd Widder duhn." 
Erbach. Schloßportal (Archivbau.) 
Photograph B. Meyer, Michelstadt. 
Erbach im Odenwald. (Mit fünf Abbildungen.) 
Die zwischen Rhein, Main uno Neckar malerisch im 
Odenwald gelegene, durch ihre Kunsttöpfereien, Diamant- 
schleifereien und Elfenbeinschnitzereien bekannte hessische 
Kreisstadt Erbach hat neuerdings in Karl Morneweg* 
einen trefflichen Schilderer gefunden, unter dessen sach 
kundiger Führung >vir einen Einblick in die mannig 
fachen Reize der allen Odenwaldtvanderern bekannten 
Stadt gewinnen. 
Die Umgegend gehörte einst zum römischen Zehntlanv 
und war später fränkisches Königsland. Erbach lag da 
mals in der Mark Michelstadt, die Ludwig der Fromme 
815 dem Geschichtsschreiber und Biographen Karls des 
Großen, Einhard, und seiner Gattin Jmma schenkte. Im 
Dorf lag wohl auch der Edelhos des später nach ihm 
benannten Geschlechtes, das die Sage von Einhard und 
* K a r l M o r n e w c g , E r b a ch i m O d e n w a l d. 
Ein Führer durch das Städtchen, seine Geschichte, die 
Sammlungen im Schloß und seine Umgebung mit 25 
Abbildungen und 2 Plänen. Hrsg. vom Verkehrsverein 
Erbach. Erbach i. O. 1924. 104 Seiten. Preis 2 M. 
lDem schmucken Bändchen sind mit freundlicher Erlaub 
nis des Verkehrsvereins unsere Abbildungen entnommen.) 
Jmma abstammen läßt. Seit der Mitte des 13. Jahr 
hunderts waren die Erbacher Herren Schenken des Pfalz 
grafen bei Rhein. 1303 ivnrde die Burg Erbach zum 
ersten Male urkundlich genannt. Schenk Eberhard XIII., 
in dessen Diensten der berühmte Maler Matthias Grüne- 
wald starb, tvurde 1532 von Kaiser Karl V. in den 
' Reichsgrafenstand erhoben. Die Nachfolger trugen viel 
zur Verschönerung der kleinen Residenz bei, die freilich 
unter dem mit der Gräfin Juliane v. Waldeck vermählten 
Grafen Ludwig dem Ritter im 30jährigen Krieg hart 
mitgenommen wurde. Der zur Zeit der französischen 
Revolution lebende Graf Franz schuf im Schloß eine 
Altertumssammlung, wie sie Deutschland bis dahin noch 
nicht gesehen hatte. Er war auch der Gründer der Er 
bacher Elfenbeinschnitzerei. Im Jahr 1806 ging die 
Grafschaft Erbach, zunächst nicht zum Vorteil ihres Ver 
kehrs und Handels, an das Großherzogtum Hessen über. 
Erst im letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts wurde 
das Städtchen durch die Eisenbahn mit der übrigen Welt 
verbunden. 1892 rief der hessische Staat in Erbach eine 
Fachschule für Elfenbeinschnitzerei ins Leben, und noch 
heute bestehen dort über 50 Schnitzereien; auch sind vier 
von Hanau hierher verpflanzte Diamantschleifereien hier
	        
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