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Bücherschau.
Neues aus dem Verlag N. G. Elwert-
Marburg.
Der einstige Kammerdirektor des Fürsten zu Stolberg-
Wernigerode Fritz Bo de, der uns im Vorjahr in
seinem Band „Glückliche Tage" in so frischer Weise seine
Felsberger und Kasseler Jugenderinnerungen schilderte,
hat nun, 70jährig, ein zweites Bändchen folgen lassen,
„Brausende Jugend". Bilder aus glücklicher
Zeit. (156 Seiten, Preis in Leinen geb. 4 M.) Wir
verleben mit ihm seine ungebundene Burschenzeit in
Göttingen, Leipzig und Marburg, begleiten ihn als
Referendar nach Ullendorf, dessen gemütliches Kleinstadt
leben und dessen schöne Umgebung lebendig vor uns
treten, und siedeln dann mit ihm tvieder nach Kassel über,
das er erst nach Abschluß der großen juristischen Staats
prüfung verläßt. Das alte Göttingen der 70er Jahre,
das Göttinger und Marburger Studentenleben und auch
die Kasseler Verhältnisse jener Zeit treten in Bodes Schil
derung in bewußten Gegensatz zur Gegenwart, wie denn
diesem überzeugten lauckator tomporis acti die Erinne
rung die so glücklich verlebte Jugendzeit in goldeneim
Schimmer verklärt. Haben diese Erinnerungsbilder an
sich schon kulturhistorischen Wert, so werden sie daneben
durch die herzgewinnende aufrichtige Art der Darstellung
als willkommene Ergänzung des ersten Bändchens wieder
viele Freunde finden. — Derselbe Verlag bringt jetzt,
von Dr. Rudolf Homburg neu herausgegeben, A. F.
C. Vilmars Deutsches N a m e n b ü ch l e i n" in
8. Auflage heraus (101 Seiten, Preis 2,80 M). Das
Büchlein ist auch heute noch durchaus lebensfähig und
steht uns besonders nahe, weil es vorwiegend auf hes
sischem Material fußt. Daß auf Wunsch des Verlegers
der Vilmarsche Text pietätvoll gewahrt blieb, ist beson
ders anzuerkennen. — Unter dem Titel „Volks
lieder aus dem Kinzigtale" (116 Seiten,
Preis 2 M) hat Martin Schäfer hundert Volks
lieder im unteren Tal der Hanauer Kinzig gesammelt,
mit den zwei- und dreistimmigen Weisen aufgezeichnet
und mit erläuternden Anmerkungen versehen. Daß auch
in dieser verdienstvollen Volksliedersammlung die Liebes
lieder überwiegen, ist erklärlich. Uber jedem Liede ist der
Ort verzeichnet, aus dem es stammt und in Klammern
die Zeit hinzugefügt, in der es mit Sicherheit in diesen
Orten schon gesungen wurde. So bildet das Buch eine
wertvolle Ergänzung zu Böckel und Lewalter. — Als
Heft 19 der von Prof. Dr. Ferdinand Wrede heraus
gegebenen „Dialektgeographie" bietet Fritz H o f m a n n
eine wertvolle Gabe in seinem „Nieder hessischen
Wörterbuch (278 Seiten, Preis 21 M), das aus
Grund der Mundart von Oberellenbach im Kreis Roten
burg zusammengestellt wurde. Hofmann bringt nicht wie
Vilmar und seine Fortsetzer lediglich die Idiotismen, son
dern das gesamte mundartliche Sprachenmaterial mit
etwa 7700 Wörtern. Entsprechend der Beschäftigungsart
der Bewohner gibt die Landwirtschaft mit allem, was
dazu gehört, diesem Wortschatz sein Gepräge. Das er
klärt auch die geringe Zahl der Abstrakta. Dem Wörter
buch geht ein Abriß einer historischen Grammatik vor
aus, der das Verständnis der Oberellenbacher Mundart
ungemein erleichtert. In der Einleitung zeigt Hof-
manw die bei Gestaltung der Mundart maßgebenden Ein
flüsse auf, behandelt die Volksetymologie, zeigt den Unter
schied im Wortschatz nach dem Lebensalter der Sprechen
den, zieht Schlüsse aus der Sprache auf den Charakter,
weist auf die Empfänglichkeit des Landmanns für die
feinsten Vorgänge der Natur hin, auf die große Anschau-
lichkeit des Ausdrucks im Sprachleben des einfachen
Mannes wie überhaupt auf die Spiegelung der innersten
Wesensart in den Erscheinungen der Sprache. Leider
bleibt mit Rücksicht auf den durch die Herstellungskosten
bedingten Preis der Wunsch, dieses ausgezeichnete Werk
in der Hand jedes seine heimatliche.Sprache liebenden
Hessen zu sehen, ein unerfüllbarer. U.
Neues aus dem Verlag Joh. Braun-
Esch w e ge.
Die Siedlungsgeographie hat in den letzten Jahren er
hebliche Fortschritte gemacht und ist auch an unserer
engeren Heimat nicht vorübergegangen. Einen neuen
willkommenen Beitrag bietet Dr. Herbert G e h l s d o r f
in seiner Untersuchung „Landschaft und Besied
lung im Ringgaugebiet" (154 Seiten, Preis
geb. 12 M). Das zu den landeskundlichen Arbeiten des
Geographischen Seminars der Universität Göttingen ge
hörende Werk beschränkt sich nicht nur auf die Muschel
kalkhochfläche des niederhessischen Ringgau im Kreise Esch-
wege, sondern bezieht auch ihr Vorland bis zu dem den
Ringgau von drei Seiten umgebenden Werratal mit ein.
Der Verfasser, der alle Ortschaften und Kleinsiedlungen
selbst besucht und das Gelände eingehend untersucht hat,
behandelt die Urlandschaft zur Frühzeit der Besiedlung,
den geschichtlichen Gang der Besiedlung, die Lage der
Ansiedlungen, ihre äußere Gestalt, Straßen und Ver
kehr und bringt zum Schluß eine Zusammenstellung
der Ortschaften, Kleinsiedlungen, Nebenwohnplätze und
Wüstungen sowie ein Verzeichnis der Flurnamen. Ver
fasser zeigt, wie sich auf engem Raum beträchtliche
landschaftliche Gegensätze — freundliche Flußtäler, ty
pisch bewaldete Berglandschaft des Buntsandstein und
gewaltige Felsabstürze der Muschelkalktafel — finden und
mit ihnen große landschaftliche Schönheiten. Die Boden
schätze des Ringgaus sind gering, das Gebiet ist über
wiegend landwirtschaftlich. Die alten eingebürgerten Wirt
schaftsverhältnisse haben in zweihundert Jahren das
Bild der Ansiedlungen kaum geändert und werden sie in
absehbarer Zeit kaum ändern. Und das ist in unserer
sich überstürzenden Gegenwart immerhin etwas Tröst
liches. — Beigefügt sind dem Werk fünf Karten (Über
sichtskarte, geologische Übersichtskarte, Darstellung der
Urlandschaft, geschichtlicher Gang der Besiedlung, Ge
markungen und Wirtschaftsformen), 15 Skizzen im Text
und im Tafelanhang 36 Abbildungen mit Erklärungen.
Möchten der Fleiß des Verfassers und die Opferwillig
keit des Verlegers in einem zahlreichen Absatz des Wer
kes ihren Lohn finden. — Das lange erwartete Werk des
Vorsitzenden der Biologischen Vereinigung für Hessen
Dr. Werner Sunkel, „Die Vogel sau na von
H e s ) e n. Wohngebiete und Verbreitung der hessischen
Vögel" (216 Seiten, Preis 5 M) ist nun auch erschienen
und wendet sich an alle hessischen Vogel- und Natur
freunde. Die Vogelwelt Hessens fand bisher, im Gegen
satz zu derjenigen anderer Länder, noch keine zusammen
fassende Darstellung. Es wird also hier zum ersten
Male versucht, eine Ornithologie nicht nur Kurhessens,
sondern auch der Nachbargebiete Nassau, Freistaat Hes
sen, Waldeck und Kreis Wetzlar zu schreiben und zwar
unter eingehender Benutzung des in der Fachliteratur
und den Sammlungen vorliegenden Materials und vor
allem auch fremder und fast zwanzigjähriger eigener
Beobachtungen. Abweichend von der sonst üblichen syste
matischen Artenfolge hat der Verfasser die Arten nach
Einheiten des Lebensraums gruppiert, um vor allem