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man die Aufgabe weder in kunsthistorischem, noch in denk
malspflegerischem, sondern in schöpferischem Sinne löst.
Die Frage ist trennend geworden, da die hydraulische
Auspressnng des Mauerwerks mit Zement ihrem Ende
entgegengeht. Diesen Arbeiten fallen die Wandmalereien
zum Opfer, und es besteht die Absicht, deren Erneuerung
vom Ausgang eines Wettbewerbs abhängig zu machen.
Was die äußere Erneuerung des ehrwürdigen Denkmals
anbetrifft, so ist beabsichtigt, nach dem Beispiele Reu
manns einen roten Verputz anzubringen. Damit geht
allerdings eine Patina verloren, wie diese in gleich inter
essanter Weise kein zweites rheinisches Denkmal ziert.
Das muß aber mit in Kauf genommen werden. Alles
in allem sind tiefgewurzelte Schäden, die den Zusammen
sturz des Domes in greifbare Nähe gerückt hatten, be
seitigt. Die noch zu lösenden Ausgaben sind in erster
Linie ästhetischer Natur.
Aus Marburg. Die Arbeiten zur Umgestaltung
des inneren Teils der reformierten Kirche sind seit
einigen Wochen im Gange. Bei der Gelegenheit stieß
man bei^einem Aufbruch an der Außenseite unmittel
bar vor dem Eingang zur Mühltreppe, also auf dem
sog. Kornmarkt, auf große Meugen menschlicher Gebeine.
Der Platz neben dieser früheren Dominikanerkirche war
bekanntlich, wie auch der Schuhmarkt, ein Friedhof. Im
Jahre 1536 wurde dieser zu einem Kornmarkt um
gestaltet. Jedenfalls sind bei irgend einer Gelegenheit
die dort freigelegten Gebeine in ein Massengrab unter
gebracht worden. Die Schädel und Knochen sind zum
Teil noch erhalten.
Aus Gladenbach. Unser schmuckes Hinterland
städtchen ist im Sommer das Ziel vieler Sommerfrischler
und Touristen. Die Umgebung der Stadt ist gebirgig,
entbehrt aber nicht schöner bewaldeter Höhen. Ter
Ort samt Gericht war ehedem im Besitz der Grafen von
Gleiberg und ging später erblich an die Herren von
Meerenberg über. Vom Jahre 1313 ab kam" Gladenbach
in den Besitz der hessischen Landgrafen. Unter Philipp
dem Großmütigen wird der bedeutende Bergbau auf
Silbererze erwähnt, seine höchste Entwicklung erlangte
dieser Betrieb aber unter Landgraf Ludwig von Mar
burg, der auch eine Münze erbauen ließ. Im Jahre
l558 wurden die ersten Gladenbacher Taler aus dem hier
geivonnenen Silber geschlagen. Tie Münze trug die In
schrift: „Ich getraue Gott in aller Not." Gladenbach
hat mehrere bedeutende Männer hervorgebracht, so den
berühmten Forstmann Gg. Ldw. Hartwig, geboren am
2. September 1764. Nach einer glänzenden Laufbahn
tvurde er 1811 Oberlaudforstmeister in Berlin. Damals
Bücherschau.
V o r n o t i z e n. Der Verlag Joh. Braun-Eschwege
wirb in diesen Tagen das lange erwartete Werk des Mar-
burger Ornithologen Dr. W. S u n k e l über „Die Vogel
fauna von Hessen" herausbringen (Preis etwa 5 M). —
Eine wertvolle Bereicherung der hessischen Literatur-
werden ferner die im Heimatschollen-Berlag (A. Ber
necker) Melsungen demnächst erscheinenden illustrierten
„Geologischen Wanderungen im niederhessischen Berg
land" des als Geologen bekannten Kasseler Lehrers
H. Penndorf bilden, für die Vorbestellungen mit
20o/o Preisermäßigung angenommen werden. — Eine
ganze Reihe Neuerscheinungen bringt wieder der Elwertsche
Verlag (G. Braun) in Marburg heraus. Zunächst unter
dem Titel „Brausende Jugend" den zweiten Teil von
Fritz B o d e s vielgelesenem Buch „Glückliche Tage"
(Preis etwa 3 M, geb. etwa 4 M). Weiter befindet sich
bewahrte er den Staat in den Zeiten größter Finanznot
vor der Veräußerung eines großen Teiles der preußischen
Staatsforsten. Er starb am 2. Februar 1837 in Berlin.
Ein anderer Sohn Gladenbachs war Dr. Aug. Friedrich
Diel. Er begründete die wissenschaftliche Pomologie;
nach ihm ist Diels Butterbirne benannt.
Aus Kasse l. Aus Anlaß des . hessischen Refor
mationsjubiläums, das am 21. und 22. Oktober in Hom
berg durch eine Feier der gesamten »Landeskirche be
gangen werden soll, beabsichtigt die Kasseler Landes
bibliothek eine Ausstellung ihrer wertvollen Schätze aus
der Frühzeit der evangelischen Kirche in Hessen. — Die
neuen Domglocken der Martinskirche sollen im August
geweiht werden. Der alte Brauch der täglich '100
Glockenschläge beim vollen Stundenschlag von morgens
4 bis abends 7 Uhr — ein altes Wahrzeichen Kassels —
soll beibehalten tverden und wird nach Anschaffung einer-
neuen Uhr von dem Uhrwerk betätigt. — Zur Wieder
herstellung des gotischen Reliesbildes „Marien Elend" am
Hause Ecke Wildemannsgasse und Weißer Hof bewilligte
der Magistrat aus seinem Verlag für Instandhaltungen
von Häuserfronten in der Altstadt einen entsprechenden
Betrag.
Aus H e r s f e l d. Das L u l l u s f e st, das seit 852
in Hersfeld alljährlich in der Woche, in die der 16. Ok
tober, der Todestag des hl. Lullus, fällt, gefeiert wird,
soll in seiner äußeren Form neugestaltet werden.
Von den alten Gebräuchen ist nur noch das Läuten der
tausendjährigen Lullusglocke, das Anzünden eines Feuers
auf dem Marktplatz und der Ruf „Enner, zwo, dräi,
Bruder Lolls" geblieben. Die Neugestaltung soll in der
Weise stattfinden, daß das Lullusfest wieder mit einem
Aufzug der Behörden, der Bllrgervertreter, der In
nungen usw. verbunden wird. Der Bürgermeister soll
eine Ansprache über das Thema „Die Stadt Hersfeld
im verflossenen Jahr" halten. Von der Stiftskirche soll
dann ein Kapitel aus der Heimatgeschichte verlesen wer
den. Eine auf Veranlassung des Magistrats gebildete 16-
gliedrige Kommission soll die Vorarbeiten treffen, so daß
das diesjährige Lullusfest schon in der neuen Form
begangen wird. — In diesen Tagen sind 300 Jahre ver
flossen, daß T i l l y s ch e Reiter die Lullusstadt und
ihre Umgebung arg heimgesucht haben. Der Petersberg
wurde vollständig ausgeraubt und der Eichhof verwüstet.
Sieben brave Hersfelder mußten unter entsetzlichen Ver
stümmelungen ihr Leben lassen. Noch schlimmer als der
Juni war der Herbst, als die eingeschleppte Pest 500
Hersfelder hinwegraffte.
im Druck ein mit zahlreichen Abbildungen geschmücktes
Buch von Geheimrat Heer „400 Jahre Marburger
Studentenleben" (Preis geb. etwa 10 M). Besonders
kostbar ausgestattet wird der als Festgabe zur 400-Jahr-
feier der Universität gedachte „Hessenkunstkalen-
der 19 27" mit durchweg farbigen Abbildungen zum
Leben der heiligen Elisabeth nach neuen Original
miniaturen von W. Großmann-Mainz. Auch im übrigen
wird der Kalender Textbeiträge zur Elisabethforschung
enthalten. Dann kommt Ende des Jahres Gundlachs
„Catalogus Professorum 1527—1910" heraus, außerdem
ein interessantes Werk über „Malwida von Meysenbug
und Theodor Althaus"von Dr. Dora W egel e.—Schließ
lich tvird im Verlag Stalling-Oldenburg die von Oberst-
leutn. Clausius bearbeitete „Geschichte des Jnf.-Rgts. von
Wittich (3.Kurh.) Nr.83 im Weltkrieg"demnächst erscheinen.