Full text: Hessenland (37.1925)

Das Schicksal der Karlsau. Die scharfen im 
Frühjahr 1921 in der „Hessischen Post" erhobenen Pro 
teste gegen die zunehmende Verwahrlosung der Au ver 
anlaßten damals ein rasches Eingreifen des Landwirt 
schaftsministeriums. Das Ergebnis der Neuordnung schien 
damals die gesicherte weitere Erhaltung des Parkes zu 
sein. Heute jedoch, nach vier Jahren, wird dieselbe Klage 
über den zunehmenden Verfall des Parkes erhoben. 
Eine Versammlung des Kasseler Bürgerbundes am 
19. Januar, zu der einige Sachverständige und Ver 
treter der Aupark- und Preußischen Domänenverwaltung 
geladen waren, beschäftigte sich eingehend mit der Zu 
kunft der Karlsau. Der Vorsitzende, Bankier Pfeiffer, 
behandelte in ausführlichen Darlegungen die einzelnen 
Mißstände und erhob zum Schluß drei Forderungen zur 
Erhaltung der Karlsau: Erstens müßte für Mittel gesorgt 
werden. Die Regierung müsse sich äußern, wie sie sich 
die Weiterentwicklung der Au denke. Weiter müsse un 
bedingt gefordert werden, daß die Au nur durch Sach 
verständige geleitet und bewirtschaftet werde. Wenn 
der Staat sich dieser notwendigen Einsicht verschließe, müsse 
drittens als ultima ratio gefordert werden, daß Aupark 
und Wilhelmshöher Park aus der Verwaltung des Staates 
in die Obhut der Stadt übergingen. Eine andere Lösung 
der Aufrage sei nicht möglich. — Wir werden an dieser 
Stelle noch ausführlich auf diese für Kassel und Hessen 
so wichtige Frage zurückkommen müssen. 
H o ch s ch u l n a ch r i ch t e n. Marburg: Professor 
Or. Wilhelm Zangemeister hat den an ihn ergan 
genen Ruf auf den Lehrstuhl der Geburtshilfe und 
Gynäkologie an der Universität Königsberg angenommen. 
— Als Nachfolger von Professor C u r t i u s ist Professor 
Or. Leo Spitze r-Bonn als Ordinarius der romanischen 
Philologie berufen worden. — Prof. Or. Jacob söhn 
wurde von der Finnischen Gesellschaft in Helsingfors 
zum korrespondierenden Mitglied gewählt. — Gießen: 
Die Hessische Ludwigsuniversität zählt im Wintersemester 
1465 immatrikulierte Studierende, darunter 90 Studen 
tinnen. Der Staatsangehörigkeit nach sind 1346 Reichs 
deutsche, darunter 718 Hessen-Darmstädter und 528 
Preußen, ferner 119 Ausländer. Einschließlich der zum 
Hören Zugelassenen beträgt die Gesamtzahl 1655. 
P e r s o n a l ch r o n i k. Der Rektor der dompfarr- 
lichen Schule Prof. vr. h. c. Josef Vonderau, der am 
1. Januar auf eine 40jährige Tätigkeit an der Fuldaer 
Schule zurückblickte, wurde zum Ehrenbürger der Stadt 
Fulda ernannt. Er hat u. a. die Ausgrabungen am 
Fuldaer Dom und der Hersfelder Stiftskirche geleitet. — 
Die Vereinigung ehemaliger Klosterschüler hat zum Ge 
denken an die beiden ehemaligen verdienten Direktoren 
der alten Klosterschule in Hersfeld Wilhelm M ü n - 
scher und Konrad Duden an dem Direktorgebäude 
eine Gedenktafel anbringen lassen. — Der durch seine 
Vorträge im Hessischen Geschichtsverein bekannte Geheime 
'Studienrat Or. Ferdinand S ch a n tz beging seinen 
80. Geburtstag. — Einer der bekanntesten Kasseler 
Juristen, der am 24. Januar 1845 in Meerholz 
geborene Justizrat Karl F r i e ß beging seinen 80. Ge 
burtstag. Er hat sich vor allem als Wirtschafts 
jurist einen Namen gemacht und vertrat 1881 bis 
1884 den Wahlkreis Eschwege-Schmalkalden-Witzenhausen 
"ls Mitglied der liberalen Vereinigung im Reichstag. — 
Seinen 70. Geburtstag beging der stellvertretende Vor 
sitzende der Handelskammer und langjährige Direktor 
der Dresdner Bank Kommerzienrat Gustav Plaut in 
Kassel. Der städtischen Verwaltung gehörte er lange 
Zeit als Stadtverordneter und Stadtrat an. — Seinen 
70. Geburtstag beging Superintendent Rust in Fulda. 
— Am 2. Januar beging der um das Kasseler Musik 
leben verdiente außerordentlich volkstümliche Kapell 
meister Georg Henkel seinen 60. Geburtstag. 
K u n st n o t i z e n. Das Landesmuseum hat eine 
wertvolle Madonnen st atue erworben. Der Er 
werb der aus Liudenholz geschnitzten bemalten Figur, 
eines Meisterwerkes einer mittelrheinischen Werkstatt um 
1420, tvar dadurch möglich, daß die Kasseler Stadt 
verwaltung dem Museum den größten Teil der erheblichen 
Kaussumme zinslos vorstreckte, tim Ostern tvird die seit 
Kriegsbeginn gebildete Sammlung mittelalterlicher Skulp 
turen in dem unter Professor Sautters künstlerischer 
Leitung umgearbeiteten Kirchensaal des Museums und 
den beiden anstoßenden Räumen eröffnet werden. — Die 
Kasseler Stadtverwaltung hat aus dem Nachlaß Pro 
fessor Thielmanns zwei wertvolle Gemälde für die 
städtische Gemäldegalerie angekauft, nämlich eine Land 
schaft und einen Schwälmer-Kopf. Der Ankauf einer wei 
teren Landschaft ist beabsichtigt. 
Der Erfinder des Telephons. (Zu stinem 
50. Todestag.) 90 Jahre waren am 7. Januar ver 
flossen, seitdem in der alten Reichsstadt Gelnhausen 
Philipp Reis als Sohn eines Bäckers und Land 
wirts geboren wurde. Früh verwaist, kam er 11- 
jährig in die Garniersche Erziehungsanstalt zu Fried- 
richsdors am Taunus, wurde in Frankfurt Lehrling 
in einem Farbwarengeschäft, genügte 1855 in Kassel 
seiner Militärpflicht, wurde 1858 Mathematik- 
Philipp Reis. 
lehrer am Garnierschen Institut, heiratete 1859, starb 
aber schon am 14. Januar 1874 zu Friedrichsdors an 
der Lungenschwindsucht. Schon den Zweiundzwanzig- 
jährigen beschäftigte die Konstruktion eines Telephons 
— auch der Name stammt von ihm —; 1864 zeigte er 
seinen Apparat auf der Naturforscherversammlung in 
Gießen vor, dem Kränkelnden gelang es aber nicht, 
seine Erfindung zur Geltung zu bringen, auf die mau 
sich erst wieder besann, als Graham Bell den Reis'schen 
Apparat verbesserte. Erfinderlos . . . 
Hundert Jahre. Die städtische Sparkasse in 
Hersfeld blickt in diesem Jahr auf ein 100 jähriges 
Bestehen zurück. — Die „Liedertafel" in Gudens- 
berg wird im Juni ihr 100jähriges Bestehen feiern. 
— 100 Jahre waren am 1. Januar verflossen, seit die 
evangelische Gemeinde in Fritzlar zuerst einen eigenen 
Pfarrer und Lehrer erhielt. 
Aus W i tz e n h a u s e n. Die 700-Jahrfeier unserer 
Stadt wiro in den Tagen vom 15. bis 18. August statt 
finden. ; |
	        

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