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Gelände hinauf. Nach einer knappen Stunde
fuhr der Schnellzug vorbei — vielleicht kamen
Leute, die ihn noch erreichen wollten. Die
Station lag gut eine halbe Stunde entfernt in
einem Seitentale. Zwei, die auf der Landstraße
daherkamen, strebten eilend vorwärts. Der
Mann, ein Offizier, hatte seinen Arm um die
Schultern der neben ihm schreitenden Frau
gelegt und ein Ende feines Mantels fürsorglich
hochgezogen. Buckelsack hörte, wie er bat: „Du
solltest umkehren, Doraline — verliere mir
nicht Mut und Hoffnung, Liebste . . ."
„Wenn du nun in die Irre gehst, den Zug
versäumst!"
„Denke nur auf deine Sicherheit!"
Nach einer herzlichen Umarmung trennten
sich die beiden.
Buckelfack stand da mit offenem Munde. Das
war die Pfarrfrau! Er hatte genau gesehen,
wie ein fremder Mann bei nachtschlafender
Zeit diese Frau umfaßte und küßte! Donner
schlag! Und wenn er an die Strafpredigten des
Pfarrers dachte! Laß dich nicht gelüsten! Na
— ihm sollte dieser Salbader noch einmal
kommen! Buckelsack schlugen die Zähne auf
einander. Wenn das unter die Leute kam!
Da kam der Teichwärter quer über die Fel
der. Er hatte eiue kleine offene Wasserbütte
mit der Fifchbeute zu unterst in seinem Rücken-
korb stehen. Buckelsack nahm beit Handkorb
und eilte ihm entgegen.
„Ist die Luft nicht mit?" fragte der Teich
wart.
„Nee, nee doch, die ist rein!"
Er fetzte den Apfelkorb auf die Bütte und
berichtete fein Erlebnis, nichts weiter, und
wenn er hinzufügte, daß der Soldat stattlich
gewesen sei, so war das nicht gelogen.
„Grundgütiger Himmel! Nu' sag' mal, was
denkst du denn, was der Pfarrer anfängt, wenn
er das erführt?"
„Der wird das Mundausreißen in Zukunft
fein lassen!"
„Ob man's ihm steckt?"
„Wozu! Meine Mutter selig meinte immer:
„Die Sonne bringt es an den Tag!"
„Ja — na — ich blase nicht gerne auf den
Funken in der Asche."
„Adjes — gute Geschäfte."
Buckelsack schlich heimwärts, als die Sonne
aufging und die Lerchen singend dein neuen
Tage entgegenflogen. Der Pfarrer stand in
der offenen Pforte. Wie bleich und elend der
Mann aussah! Da hatte es wohl schon ein
geschlagen?
„Was machst du denn für ein -dummes Ge
sicht?" fragte Buckelsacks Frau, als er zu Hauje
ankam. Sie erhielt aber erst eine Antwort,
nachdem Buckelsack in aller Behaglichkeit seine
Kaffecfuppe ausgelöffelt hatte. Dann erzählte
er. Er fetzte nichts zu und ließ nichts aus,
und wenn er von des Pfarrers verstörtem Aus
sehen sprach, so hatte er eine Tatsache'berich
tet. Indessen war der Teichwart langsam seine
Straße gewandert. Er dachte über das Ge
hörte und über seinen Pfarrer nach. Der
Schulmeister hatte ihm neulich im Vertrauen
gesagt, daß er übertriebene sittliche Forderun
gen stelle. Was war das überhaupt „sittliche
Forderungen"? Auch so ein neumodisch Ding!
Er konnte sich dabei nichts denken! Man soll
dem Ochsen nicht das Maul verbinden beim
Dreschen — warum denn einem Teichwart das
Angeln verbieten? „Morgen, Teichwart!" rief
ihn einer an. Schneider Herrmann hatte ihn
eingeholt. Er hatte sein grünes Hütchen schief
aufgesetzt. Eine blaue Häherfeder steckte hinten
im Bandknoten, ein Fellranzen hing ihm über
die mageren Schultern. In der Hand trug er
ein Vogelbauer mit einem Distelfinken, das
von einem roten Schnupftuch umbunden war.
Die Begegnung war dem Teichwart un
bequem.
„Du gehst wie ein Dromedar, Schiff der
Wüste genannt. Was balanzierft du denn auf
deinem Buckel — etwa eine Wasserbütte?"
„Halt deine Guschen!" erwiderte Trubbe
ärgerlich.
Der Schneider war nicht leicht zu beleidigen.
Er lachte und begann zu pfeifen.
Nach einiger Zeit erwachte im Teichwärter
das Verlangen, sich mitzuteilen. Er erzählte
und hielt sich an Tatsachen.
„Schauderhaft, was? Eine ist halt wie die
andere — wie die Mücken! Immer um das
Licht herum, bis sie die Fittiche versengt haben!"
Schneider Herrmann rückte sein Hütchen auf
die andere Seite und kratzte seinen grauen
Schopf.
„Ja—ja, so ist es, ich gönn's dem Pfaffen."
„Was hast du denn in deinem Schnupftuch?"
„Nur einen Distelfinken. - Der Vogelleim
wird auch schon gefälscht, auf niemand ist mehr
Verlaß."
Schneider Herrmann wurde das langsame
Gehen zu unbequem. Er schützte Eile vor und
empfahl sich.
Wie froh war der Teichwart, als der Korb
wagen des Schultheiß Gentebrecht aus die
Landstraße einbog und ihm erlaubt wurde,