Full text: Hessenland (37.1925)

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Ein Zeichen für die geregelte Stadtverwal 
tung ist das von dem Bürgermeister Johann 
Konrad Rubeler, dem Ratsschöffen Johann 
Heinrich Platt und dem Stadtschreiber Georg 
Wilhelm Schirling 1742 aufgestellte „Inven 
tarium über alle der Stadt Kirchhain habenden 
Dokumenten, Recessen, verhandelten Acten, 
Rechnungen und andern Briefschaften, wie auch 
geometrischen Grundnetzen in 22 Stück über 
dero Wälder, Ackern und Wiesen betr.". In 
diesem Repertorium des Stadtar 
chivs sind viele Archivalien verzeichnet, die 
heute leider verloren sind, z. B. ein Rüge 
protokoll von 1400, Rechnungen seit 1542 u. a. 
A p o t h e k e anzulegen. Das Privileg wurde 
im 18. Jahrhundert wiederholt. Amts-Physici 
und Chirurgen sind erst in den letzten Jahr 
zehnten des 18. Jahrhunderts hier ansässig. 
Zwei aus Kirchhain stammende Arzte seien 
wenigstens hier genannt: Benedikt Stil 
lin g (geb. 1810, starb 1879 in Kassel als 
Geh. Sanitätsrat), dessen Arbeiten über das 
Rückenmark und Gehirn hoch bewertet wurden, 
und der Hygieniker Paul Römer (1876 
bis 1916). 
Wie die Stadt, so hatte auch die Kirche im 
großen Krieg an Ansehen und Gut eingebüßt. 
Das Kirchengebäude wurde gründlich instand 
Kirchhain. Marktplatz mit Rathaus. 
Einer sozialen Maßnahme aus der Regie 
rungszeit Landgraf Karls ist noch zu gedenken. 
Die 1721 berufene Kommerzienkommission 
(später Kommerzienkollegium) legte Frucht- 
böden am Sitze der Rentereien an und sta 
pelte dort einheimische und auswärts gekaufte 
Getreidevorräte auf. Dieses Getreide wurde 
auf zweimal wöchentlich stattfindenden Frucht 
märkten in Marburg, Frankenberg, Ebsdorf, 
Kirchhain, Neustadt, Rosenthal und Rauschen 
berg zu festgesetzten Preisen verkauft. Dort 
konnten die Bäcker ohne Zwischenhandel ihren 
Bedarf aufkaufen. Die Maßnahme war ein 
Mittel, der Teuerung zu begegnen und den 
Wucher zu bekämpfen. Johann Ludwig Grebe 
aus Remsfeld erhielt 1693 die Erlaubnis, eine 
gesetzt. Seit 1684 hielt die reformierte Ge 
meinde in der Pfarrkirche früh um 7 Uhr 
(Sommer) ihren Gottesdienst. Die Kollatur 
ihrer Prediger stand der Landesherrschaft zu. 
Heinrich Horch, ein separatistischer Mystiker, 
Mitherausgeber der sog. Marburger Bibel 
(1712) verlebte, vor seinen Verfolgern ver 
borgen, die letzten Jahre seines Lebens in 
Kirchhain (f 1729). 
Kirchhain war um die Mitte des 18. Jahr 
hunderts ein wohlhabendes Ackerstädtchen, da 
hemmte der siebenjährige Krieg die 
weitere Entwicklung aufs neue. Seine Lage 
am Zusammenfluß mehrerer Flüßchen und am 
Fuße der Amöneburg brachte es mit sich, daß 
es als Brückenkopf der oft umstrittenen Ohm-
	        

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