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Ein Zeichen für die geregelte Stadtverwal
tung ist das von dem Bürgermeister Johann
Konrad Rubeler, dem Ratsschöffen Johann
Heinrich Platt und dem Stadtschreiber Georg
Wilhelm Schirling 1742 aufgestellte „Inven
tarium über alle der Stadt Kirchhain habenden
Dokumenten, Recessen, verhandelten Acten,
Rechnungen und andern Briefschaften, wie auch
geometrischen Grundnetzen in 22 Stück über
dero Wälder, Ackern und Wiesen betr.". In
diesem Repertorium des Stadtar
chivs sind viele Archivalien verzeichnet, die
heute leider verloren sind, z. B. ein Rüge
protokoll von 1400, Rechnungen seit 1542 u. a.
A p o t h e k e anzulegen. Das Privileg wurde
im 18. Jahrhundert wiederholt. Amts-Physici
und Chirurgen sind erst in den letzten Jahr
zehnten des 18. Jahrhunderts hier ansässig.
Zwei aus Kirchhain stammende Arzte seien
wenigstens hier genannt: Benedikt Stil
lin g (geb. 1810, starb 1879 in Kassel als
Geh. Sanitätsrat), dessen Arbeiten über das
Rückenmark und Gehirn hoch bewertet wurden,
und der Hygieniker Paul Römer (1876
bis 1916).
Wie die Stadt, so hatte auch die Kirche im
großen Krieg an Ansehen und Gut eingebüßt.
Das Kirchengebäude wurde gründlich instand
Kirchhain. Marktplatz mit Rathaus.
Einer sozialen Maßnahme aus der Regie
rungszeit Landgraf Karls ist noch zu gedenken.
Die 1721 berufene Kommerzienkommission
(später Kommerzienkollegium) legte Frucht-
böden am Sitze der Rentereien an und sta
pelte dort einheimische und auswärts gekaufte
Getreidevorräte auf. Dieses Getreide wurde
auf zweimal wöchentlich stattfindenden Frucht
märkten in Marburg, Frankenberg, Ebsdorf,
Kirchhain, Neustadt, Rosenthal und Rauschen
berg zu festgesetzten Preisen verkauft. Dort
konnten die Bäcker ohne Zwischenhandel ihren
Bedarf aufkaufen. Die Maßnahme war ein
Mittel, der Teuerung zu begegnen und den
Wucher zu bekämpfen. Johann Ludwig Grebe
aus Remsfeld erhielt 1693 die Erlaubnis, eine
gesetzt. Seit 1684 hielt die reformierte Ge
meinde in der Pfarrkirche früh um 7 Uhr
(Sommer) ihren Gottesdienst. Die Kollatur
ihrer Prediger stand der Landesherrschaft zu.
Heinrich Horch, ein separatistischer Mystiker,
Mitherausgeber der sog. Marburger Bibel
(1712) verlebte, vor seinen Verfolgern ver
borgen, die letzten Jahre seines Lebens in
Kirchhain (f 1729).
Kirchhain war um die Mitte des 18. Jahr
hunderts ein wohlhabendes Ackerstädtchen, da
hemmte der siebenjährige Krieg die
weitere Entwicklung aufs neue. Seine Lage
am Zusammenfluß mehrerer Flüßchen und am
Fuße der Amöneburg brachte es mit sich, daß
es als Brückenkopf der oft umstrittenen Ohm-