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das Jahr 1635 für jene Gegenden ein fast völ
liges Fehljahr war. Die Bedeutung aber, die
die kriegführenden Parteien dem Hohentwiel
beimaßen, erhellt daraus, daß, als Herzog
Eberhard sich geneigt zeigte, dem Prager
Frieden von 1635 beizntreten, die darüber
gepflogenen Unterhandlungen sich deshalb zer
schlugen, weil der Herzog entschieden eine Ab
tretung der Feste Hohentwiel oder auch nur
eine Besetzung durch österreichische Truppen
zurückwies, bestärkt durch Widerholts Antwort
auf das an ihn gestellte Ansinnen: „Davor
behüt uns lieber Herr und Gott!" Der Herzog
wußte aber auch, daß er auf Widerholt sich
verlassen konnte; denn unter dem 24. Novem-
schon bis auf einen Musketenschuß genähert,
als ihn Widerholt aus seiner Stellung ver
trieb. Mehr als durch diesen Vorstoß der
Feinde litt die Besatzung unter einer Seuche,
die in zwei Monaten anderthalb hundert Per
sonen, darunter alle Unteroffiziere, den Pfarrer
und beide Feldschere, dahinraffte. So war es
in der Tat mit Freude zu begrüßen, daß die
Waffenstillstandsverhandlungen am 15. Febr.
1636 in Schaffhausen zum Ziele führten; die
Belagerung wurde aufgehoben und fxeier Wan
del für die Besatzung hergestellt. Aber Wider
holt gab sich keinen übertriebenen Hoffnungen
hin; und die Entwicklung der Dinge gab ihm
völlig recht. Immer wieder erhob Österreich
Der Hohentwiel.
ber 1635 schrieb er ihm, er möchte für Ver
stärkung der Mannschaft sorgen und die Festung
niemals übergeben, außer auf seinen persön
lichen oder einen ganz von feiner Hand ge
schriebenen und mit seinem kleinen Sekret-
Jnfiegel bekräftigten Befehl; ja, ein Jahr
später wiederholt er an den Kommandanten
voir Hohentwiel die frühere Anweisung mit
dem Zusatze, daß er sogar erst dem dritten in
der bezeichneten Weise abgefaßten Schreibell
folgen dürfe.
Mittlerweile hatte schon, seit dem Spät
sommer des Jahres 1635, die erste Belagerung
an den Wällen des Hohentwiel angeklopft:
der kaiserliche Oberst Vitzthum hatte von drei
Seiten Verfchanzungen aufgeworfen und sich
an deil Herzog Eberhard die Forderung der
Abtretung des Hohentwiel. Daß Eberhard
davon nichts wissen wollte, haben wir oben
aus seiner erneuten und verschärften Anwei
sung an Widerholt ersehen; aber auf Unter
stützung hatte dieser bei feinem Herrn nicht
zu rechnen. So mußte er nach eigenem Er
messen handeln. Für die Verproviantierung
der Festung, die Ergänzung der Mannschaft
und die Wiederherstellung der Schanzwerke
hatte er sogleich die erste Ruhepause nach
der Belagerung ausgenützt; nunmehr, da die
Abtretung an Österreich immer und immer
aufs neue verlangt wurde, trat Widerholt mit
Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar in Ver
bindung, der gedroht hatte, er würde im Falle