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und Leuten war es, was Thielmanns Schöp
fungen ihren Wert verlieh, sondern das für ihn
selbst Charakteristische. So ist es begreiflich,
daß Bantzer und Thielmann die landläufige
Bezeichnung Heimatkunst für ihr Schaffen von
Anfang an mit aller Entschiedenheit abgelehnt
haben. Unser Altmeister Karl Bantzer sagte
vor Jahren einmal zu mir: „Ob man diese
Kunst Hessenkunst oder sonstwie benennt, dar
auf kommt es nicht an, sie entsteht wie alle
Kunst aus innerem Trieb heraus und nicht
nach einem Programm, keiner anderen Sache
als sich selbst zuliebe."
Im Jahrgang 1918 dieser Zeitschrift habe
ich versucht, Professor Thielmanns Schaffen
zn würdigen. Heute gibt es schwerlich einen
kunstliebenden Menschen in Hessen, der nicht
irgend eine Reproduktion Thielmannscher Kunst
besitzt, und seien es nur die beiden Jahrgänge
der „Hessenkunst", die sein Gepräge tragen.
Hochgeschätzt sind seine zahlreichen Radierun
gen, und mit wie verblüffender Meisterschaft
er zu karikieren verstand, wird hoffentlich schon
in Kürze ein besonderer Band erweisen. Einige
seiner großen Gemälde sind Gemeingut des
deutschen Volkes geworden. Eins hängt in der
Kasseler Städtischen Galerie, ein anderes im
Darmstädter Landesmuseum, ein drittes in der
Berliner Nationalgalerie, vieles ist in Privat
besitz. Im Januar wird uns eine Gedächtnis
ausstellung im Kasseler Kunsthaus Gelegen
heit geben, sein gesamtes Lebenswerk noch ein
mal zu umfassen.
Obwohl in Herborn geboren, fand Wilhelm
Thielmann doch recht eigentlich erst in Hessen,
was seinem innersten Wesen entsprach. Von
Haus aus war er zum Lehrer bestimmt ge
wesen. Und das ist er auch geworden. Aber
nicht geblieben. Dazu war der innerste Drang
des Künstlers, der schon als Knabe durch sein
zeichnerisches Können überraschte, zu mächtig.
Kassel war dann der Boden, auf dem er zu
dem wurde, was er werden mußte. Dann
aber zog auch ihn Willingshausen in der
Schwalm, die älteste deutsche Künstlerkolonie,
so stark an, daß er mit Leib und Seele dort
heimisch wurde und dauernd dort Wurzel faßte.
Hier gedachte er schaffend sein Leben zu be
schließen.
Das Schicksal wollte es anders. Im frohen
Kreise saß er hier in Kassel, wo er zu Besuch
weilte, noch einmal, der Frischesten einer, mit
uns zusammen. Vier Tage später traf ihn
ein Gehirnschlag. Seine letzte Freude war die
Vollendung seines eigenen Hauses in Willings
hausen, das er an eben dem Tage mit Frau
und Kindern beziehen wollte, an dem man ihn
dort zu Grabe trug. Und hier offenbarte es
sich, welcher Wertschätzung sich Professor Thiel
mann als Mensch erfreut hatte. Nicht nur
seine alten Herborner Schulkameraden waren
aus der Ferne herbeigeeilt, um ihn auf seinem
letzten Gang zu begleiten, sondern auch die
Bevölkerung des Schwalmtales selbst, mit der
er so eng verwachsen war, umstand mit seiner
Familie, mit seinen treuesten Freunden die
Gruft. Zwölf Schwälmer Bauern in ihrem
Festschmuck mit deur Dreimaster, kräftige Ge
stalten, wie er sie so oft auf die Leinwand
gebannt, trugen, indes die Glocken über dem
Malerdorf klangen, den Sarg auf den Fried
hof hinaus. Er ruht im Boden der hessischen
Heimat, die ihm und der er selbst so viel ge
geben hat.
Thielmann als Mensch — das Köstlichste
an ihm war der goldene Humor, der von
seiner Wesensart nicht zu trennen war und
der seinen Abglanz auch auf seine Schöpfungen
übertrug. Von dieser seiner ureigensten Gabe
wird, so hoffe ich, an dieser Stelle noch die Rede
sein. Wir aber wollen uns durch die Klage
um seinen allzufrühen Tod nicht die Genug
tuung darüber trüben lassen, daß er ein reich
ausgeschöpftes, vom harten Ringen zum un
bestrittenen Erfolg aufsteigendes Leben schmerz
los beschloß und daß uns seine Kunst ein Ver
mächtnis überreichte, das noch späte Zeiten in
dankbarer Ehrfurcht hüten werden.
Paul Heidelbach.
Der Aufruhr in Borken und die Erschießung des Kanoniers Kaufmann
im Januar 1807.
Im 47. Bande der Zeitschrift für hessische
Geschichte und Landeskunde hat Wilhelm Lange
eine Liste der in der Franzosenzeit anläßlich
der Insurrektionen erschossenen Personen auf
gestellt, die für den Soldatenaufstand von
Von Or. Philipp Losch.
1806/7 acht Todesopfer namhaft macht, näm
lich die Unteroffiziere Schumann und Trieb
fürst, den Wirt Wenzel, den Jäger Pfannkuch,
den Dragoner Hupseld und die Musketiere
Schäfer, Bachmann und Sommermann vom