Helene Brehm.
Zu ihrem 6 0. Geburtstag.
Der 24. Januar 1862 schenkte dem Hessenlande
einen Dichter und eine Dichterin. Nur daß der-
sagenumwobene Freund Adebar Helene Brehm nicht
wie den lebensfrohen späteren Volkskundler und
Komponisten Johann Lewalter vom heute längst
zugeworfenen Fackelteich zur Obersten Gasse der
Residenz, sondern vom berühmteren, damals noch
wasserreichen Frauhollenteich auf dem Wissener in
das Bürgermeisterhaus des nahen, für immer mit
dem Namen unseres Fabeldichters Burkhard Wal-
dis verknüpften Abterode brachte. So mögen jenen:
die quakenden Teichfrösche im Weichbilde Kassels
schon früh das Ohr für Melodik geschärft haben,
während Helene Brehm den Sinn für das uralte
Bodenständige und für volkstümliche Überlieferung
mitbekam. Ihr äußeres Leben ist kurz umrisse».
Bis zum 16. Lebensjahr besuchte sie die Privat
schule des Pfarrers Coing in Abterode, trat dann
in die erste Klasse der Karolinenschule in Eisenach
ein und bestand nach dem Besuch des dortigeu
Lehrerinnenseminars ihre Prüfung als Lehrerin für-
höhere Mädchenschulen. Nachdem sie kürzere Zeit
an einer Privatschule in Homburg v. d. Höhe unter
richtet hatte, übernahm sie 1884 eine Stelle an der
Stadtschule in Rinteln, die sie am 1. April 1919
eines Augenleidens wegen ausgeben mußte. Neben
dem Lehrberuf übte sie schon früh eine lebhafte
schriftstellerische Tätigkeit aus. Aber so viel auch
von ihr an Gedichten, Skizzen, Plaudereien, Stim
mungsbildern, kleinen Erzählungen und heimatlich
volkskundlichen Aufsätzen in hessischen und angesehe
nen auswärtigen Zeitschriften veröffentlicht wurde.
gesammelt erschien bisher nur ein Bändchen Gedichte
„Von heimischer Scholle" (Verlag Friedr. Scheel,
Kassel). In Kürze wird jedoch der Heimatschollen
verlag in Melsungen einen weiteren Gedichtband von
ihr „Aus meinem Garten" herausgeben. Eine
Sammlung „Christusgedichte" (religiöse Lyrik),
Kindergeschichten und ein Band Prosa harren noch
des Verlegers. Mehrere ihrer Gedichte wurden
vertont, z. B. u. a. von ihrem Altersgenossen
Lewalter, eins ihrer Kindergedichte trug ihr vor
Jahren einen Preis bei den Kölner Blumenspielen
ein.
Helene Brehm zählt zu den besten Lyrikerinnen
ihrer engeren Heimat; ihre besondere Stärke aber
liegt in der mundartlichen Dichtung; ihre Gedichte
in Abteröder Mundart sind von realistischer Natur
treue und verraten eine tiefe Beobachtung der bäuer
lichen Psyche. Auch im „Hessenland" hat sie uns
schon manches aus der Vergangenheit ihres Dorfes
erzählt; immer wieder weiß sie den Gemeindeakten'
und Pfarreibüchern neuen, unsere Volkskunde und
Heimatgeschichte bereichernden Stoff zu entnehmen,
wie sie denn auch zu den eifrigsten Mitarbeitern
des Hessen-Nassauischen Wörterbuches zählt. Wie
ihre ganze dichterische und schriftstellerische Produk
tion auf die Liebe zur Heimat eingestellt ist, so war
Helene Brehm auch unserer Zeitschrift seit langen
Jahren eine eifrige Mitarbeiterin. Und so ist es
gerade dem „Hessenland" Herzensbedürfnis, der
Dichterin, von der wir noch manche reiche Gabe
erhoffen, zu ihrem Ehrentage die herzlichsten Wünsche
zu übermitteln! U.
-chS-'-Sch-
Schoolversiemnis?
(Abteröder Mundart.)
Das Annemargret woar änn gähnz fahles Wieb?,
Nischtdoon^ woar sinn liwwester 1 Zietvertrieb,
Unn dän gähnzen Daag imme Fenster gelai 5 ;
Trimms woar'sch unn bleab's? änne oarme Frai?
Sinnem Matchen^ hädd's fällen 10 sinn Kleid geflickt,
Unn fällen es ai 11 zor Schoolen geschickt.
Doa hädd dar Lehrer moal Ernst gemacht
Unn's Annemargret zor Ahnzeigen gebracht.
Doa kimmet^ das Wieb zumme Lehrer wie wild,
Unn krischt 13 unn gaafet 14 , schbektakelt unn schilt.
„Wo krich ich de Mark här, ich oarme Frai?!
Doa kunn" Se mich liwwer glich dot geschlai""!
Rinteln a. W.
Dar Lehrer äß gain^ Dreenen^ 3 nit schdark.
Hä packt in de Taschen: „Hier habt Ihr die Mark!
Nun bessert Euch aber auch, Annemargret,
Und hört auf zu weinen; seid ruhig und geht!" —
Der Lehrer drifft oaweds^ dän Härr Subberdänt,
Där ai das Annemargrete grat könnt.
„Die Frau hat die Sache mir weinend erzählt;
Was wollte ich machen? Ich gab ihr das Geld!"
Bähle-o druff feaf)t 21 där Lehrer dän Härr Sekkerdar:
„Die Margret bezahlte die Mark doch, nicht wahr?"
„Die Frau ist zu arm, das wissen Sie ja!
's ist beigelegt, — weil nichts zum Pfänden da!"
Helene Vrehm.
7 Schulversäumnis, 8 Weib, 3 Nichtstun . 4 liebster, ? liegen . 6 7 darum,
7 blieb's, 8 Fran, ° Mädchen, Tochter, selten, u auch, 18 kommt,
weint, 14 schreit, 15 können , 16 schlagen , 17 gegen, 16 Tränen, 19 abends,
bald, 81 fleht.