Bode, Fritz. G l ü ck l i ch e T a g e. Klänge uno Bilder
aus der Jugendzeit eines alten Kurhessen. Karl
Victor, Kassel. 192 Seiten. Preis 200 Mark.
Schon der Titel dieses Buches muß in unsren desolaten
Zeitläuften fesseln, und es sind in der Tat glückliche
Tage, die der Verfasser, Kammerrat Fritz Bode in
Wernigerode, in seiner Geburtsstadt Felsberg verlebte und
von denen er so warmherzig zu erzählen weiß. 1864
siedelte seine Familie nach Kassel über, und dem noch
nicht großstädtischen Kassel der Jahre 1864—1875 gilt
seine weitere Schilderung. In welch humorvoller Weise
oas geschieht, mögen die zahlreichen Anekdoten aus dem
Bannkreis des alten Kasseler Gymnasiums erweisen.
Daß der Verfasser auf jeder Seite seines Buches zum
luuäutor tsmporis neti wird, kann man ihm nach einer
derart glücklichen Jugend nachfühlen. H.
Erzählende Literatur.
Die Raumknappheit zwingt dazu, nur ganz kurz
einige Neuerscheinungen aufzuführen. Da ist zunächst
auf Joh. H. Schwalms „Enkeltochter der
Hex" (Heimatschollen-Bücherei Nr. 1, 61 Seiten) hin
zuweisen. Schwalm ist nicht nur ein sachkundiger Geo
loge und der beste Kenner des Schwälmerlandes, dem er
entstammt, sondern auch ein vortrefflicher Erzähler.
Das zeigt auch dieses sein neuestes Werk, das uns ein
bäuerliches Drama mit all seinen harten, durch die
Gebundenheit der Weltanschauung bedingten Gegensätzen
aufrollt. — In eine ganz andere Welt führt uns des
jungen Adolf Hägers Roman „Rose B r u n o l d "
(83 Seiten). Er schildert uns das Schicksal eines Mäd
chens aus dem Volke, das mitten in allem Schmutz und
Schlamm, der sie umflutete, sich eine reine Seele be
wahrte, dann einen kurzen Rausch des Liebesglückes er
lebt und stark genug ist, den Rest ihres Lebens in Ent
sagung zu opfern. — Im gleichen Verlag wie diese
beiden Werke (A. Bernecker, Melsungen) erschienen auch
Heinrich R u p p e l s Geschichten „Mannsvolk und
Weibsleut" (230 Seiten). In diesen fast durchweg
dem bäuerlichen Leben Niederhessens entnommenen Er
zählungen hat der Verfasser der „Rhönbauern" und der
wuchtigen Erzählung von „Henn Laudenbachs Heim
kehr" ein Werk geschaffen, das bedingungslos den besten
literarischen Erzeugnissen der Gegenwart eingereiht wer
den muß und aufs neue den Beweis erbringt, daß Ruppel
unter den zeitgenössischen Erzählern nur wenige seines
gleichen hat. Nur einem Dichter, dem die Menschen
seiner Heimat derart vertraut sind wie Ruppel, können
solche schonungslos zupackenden Schilderungen gelingen,
die uns das Volksleben vor und nach dem Weltkrieg
'mit so eindringlicher Gegenständlichkeit spiegeln. — Auch
der Dichter des oberhessischen Volkslebens, Alfred Bock,
hat uns wieder mit einem neuen Roman „Der Elfen
beiner" (I. I. Weber, Leipzig. 160 Seiten) erfreut,
der wieder alle Vorzüge Bockscher Erzählungskunst auf
weist. In diesem Elfenbeinschnitzer Fabri, der sein
Handwerk der Elfenbeinplastik zum altehrwürdigen Kunst
handwerk zurückführen, lieber darben als öde Pfuscherei
treiben will und dadurch in Konflikt mit seiner Frau
gerät, hat der Dichter wieder in altbewährter Meister
schaft eine scharf umrissene Kabinettfigur geschaffen.
An diesem Konflikt geht der Künstler schließlich zu
Grunde, und nur seine ihm wesensverwandte prächtige
Tochter rettet durch eigenes willensstarkes Schaffen die
Ideale des Vaters in eine glücklichere Zukunft. Daß
das bürgerliche Leben der Kleinstadt, das den Hinter
grund der Geschehnisse bildet, wieder glänzend gezeich-
%
net ist, versteht sich bei Bock von selbst. — Das zwie
spältige Leben Georg Försters, des Weltumseglers, durch
eine ganze Reihe von Biographen bereits beleuchtet,
ist nun durch Ina Seidel auch in den Mittelpunkt
eines umfangreichen Romans gestellt worden: „Das
Labyrinth. Ein Lebens roman aus dem
18. Jahr Hunde r t." (Eugen Diederichs, Jenem
388 Seiten.) Das Zwischenspiel (Seite 143—204) be
handelt Försters Kasseler Zeit (1779—84) und läßt uns
in feingeistiger Weise einen Blick in das seltsame Kasseler-
Treiben dieser Zeit mit seinen Geheimbündeleien tun. —
Gleichfalls in Kassel spielt sich ein Teil des Romans
aus der Theaterwelt „Kämpferinnen" (I. P.
Bachem, Köln. 207 Seiten) von Maria Regina June
mann ab, die selbst einst Schauspielerin war und hier
die Erlebnisse einer „Tochter aus guter Familie" von
der kleinen Schmiere bis zur Großstadtbühne schil
dert. — Daß im gleichen Verlag ein neuer Roman
unserer Landsmännin M. Herbert erschien, der sich,
wie schon der Titel „Die Bartenwetz er" besagt,
in Melsungen abspielt, sei wenigstens noch kurz er
wähnt. — Zum Schluß sei darauf hingewiesen, daß der
Verlag Friedr. Scheel noch vor Weihnachten aus dem
Nachlaß Heinrich Bertelmanns einen Band Er
zählungen „Unter der Linde" herausgibt, der
u. a. auch die vier köstlichen Spatz engeschichten Bertel
manns enthalten wird. H.
Hessenkunst 19 2 3. Herausg. Chr. R auch, Bild
schmuck Hans v. V o l k m a n n. Marburg a. L.
(N. G. Elwert).
Allen widrigen Verhältnissen zum Trotz liegt nun
auch der 17. Jahrgang der Hessenkunst in sauberem
Druck vor. Geschmückt hat ihn diesmal die reife Kunst
Hans v. Volkmanns, der prächtige Schwalmzeichnungen
aus den Jahren 1886—1909, daneben aber auch, den
letzten Jahren angehörend, eine Anzahl Blätter aus
Reinhards- und Odenwald von großem Stimmungsreiz
vorlegt. Reichhaltig wie immer sind auch die gut illu
strierten Beiträge. Georg Krahl ftellt die 800 jährige
Jlbenstädter Klosterkirche in der Wetterau in Parallele
zum Mainzer Dom, Richard Hamann weist nach, daß
das reich mit Figuren geschmückte Portal der kleinen
Dorfkirche in Großenlinden bei Gießen eine Verschmel
zung des ortsüblichen Bogenportals mit dem antikisie
renden Architravportal von Arles und St. Gilles dar
stellt; Otto Schmidt weist das Denkmal des hl. Rusus
im rheinhessischen Gau-Odernheim dem Meister des
Grabmals Johanns von Nassau im Mainzer Dom
zu; W. von Grolmann datiert das Friedhofskreuz und
zugehörige Christusbild in Lorch am Rhein, Karl Knetsch
bringt viel neues Material über die seit 1463 in Kassel
tätige Bildhauerfamilie Herber, und Hans Lutsch be
handelt zum Schluß das Landschaftsbild der nach ihrem
Kunstwert ewig jungen Kathedrale zu Limburg an der
Lahn. H.
Deutsches Märchenland. Kalender für das Jahr
1923. Mit Zeichnungen von O. Ubbelohde.
Marburg M. G. Elwert).
Es ist der dritte und letzte Jahrgang dieses so rasch
beliebt gewordenen Kalenders. Denn der Künstler hat
für immer den Stift aus der Hand gelegt, und seine
letzten Arbeiten soll der nächstjährige Hessenkunstkalender
vereinigen. Den zahlreichen Ubbelohde-Freunden braucht
auch dieser Jahrgang mit seinem reichen Bilderschmnck
nicht noch besonders empfohlen zu werden. H.