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„Beweise", sagt der Leser, der immer noch arg- ! eigenen Erleben tun kann, muß ich notgedrungen
wohnt, ich erzähle ein Märchen. „Beweise." Ja, ! auch ein wenig von mir selber reden,
ich will sie geben, aber da ichs nur an meinen: j (Schluß folgt.)
Aus Heimai und Jrem&e.
Beisetz it n g eine r h e f f i s cs) e n Prinze s s i n.
Im Februar 1905 fiel Großfürst Sergius einem Bomben
attentat in Moskau zum Opfer. Die feit 1884 mit
ihm vermählt gewesene, 1864 geborene Prinzessin Ella
von Hessen und bei Rhein gründete hierauf aus dem
Erlös ihrer Habe das Martha-Marienkloster der barm
herzigen Schwestern, deren Äbtissin sie wurde. Nach Aus-
bruch der russischen Revolution kam auch sie zu Alava-
jewska im Blutbad der Bolschewistenhorden um. Ein
Priester entführte ihre Leiche auf einem Leiterwagen
durch Sibirien, die Mandschurei nach Peking und von
dort zu Schiff nach Port Said. Bon hier lies; die
Schwester der Ermordeten, Prinzessin Viktoria von
Battenberg, die Leiche nach Jerusalem bringen, wo
sie nach langer Wanderung in der am Ölberg gelegenen,
dem Gedächtnis der Kaiserin Marie von Rußland, der
Schwester des Großherzogs Ludwig IIL, errichteten
Maria-Magdalenen-Kirche beigesetzt wurde.
Hessischer Ges ch i ch t s v e r e i n. Der E s ch-
wege r Verein hielt den ersten Unterhaltungsabend
nach dem Kriege ab. Im Namen des Vorstandes hieß
Lehrer Bierwirth die zahlreichen Mitglieder und
Gäste willkommen. Auch der Geschichtsverein »volle an
feinem Teile durch Erforschung der Heimatgeschichte und
Pflege der Heimatliebe zum Wiederaufbau unseres zer
störten Vaterlandes beitragen. Gerade unser Werratal
sei so überaus reich an alten Befestigungen (die Wall
burgen im Höllental, die Römerschanze, die Erdwälle
an der Ansehen Kugel, der Brandwall am Hohenstein,
die Schäferburg auf der Graburg, die alte Stadt bei
Frankershausen), deren Erforschung für den Eschweger
Geschichtsverein eine schöne Aufgabe sei. Auch die
prähistorische Forschung, die seit dem Tode von Professor
I)r. Römheld ins Stocken geraten sei, solle »nieder in
Angriff genommen werden. Er bat die Mitglieder um
rege Mitarbeit. Im Mittelpunkte des Abends stand der
Vortrag des Rechnungsrats Hartdegen über „Die
hessische Geschichte von ihren Anfängen bis zum Ende
der Karolingerzeit". Er schilderte Lebensweise, Sitten,
Gebräuche und Religion der alten Katten, wie sie uns
Tacitus in seiner „Germania" überliefert hat, das
Aufgehen der Statten im Frankenreich, die Ausbreitung
des Christentums in Hessen durch Bonifatius und seine
Schüler, die Glanzzeit unter Karl dem Großen und
den Verfall des mächtigen Karolingerreichs »enter seinen
schwachen Nachfolgern. Der Bortrag wurde umrahmt
durch den Gesang dreier Lieder, die der Seminarchor
unter Leitung des Seminarmusiklehrers E ck e l l vor
trug. Großen Beifall fand auch die Deklamation des
Preserschen „Mein Hessenland" und ein „Duett". Kreis
schulrat D i t h m a r dankte im Schlußwort allen Mit-
»virkenden und verband damit in seiner humorvollen
Art Erinnerungen aus seiner Jugendzeit und Episoden
aus dem reichen Schatze seiner Erfahrung. 0.
Friedberger G e s ch i ch t s v e r e i n. Am Tage
seines 2 5jährigen Bestehens (1. April) ist es
dem Friedberger Geschichtsverein ein Bedürfnis, der
Stadtver»valtung, der Einwohnerschaft und der Presse
sonne den verschiedenen Behörden, Körperschaften usw.
für die hochherzige Förderung seiner Bestrebungen zu
danken. Die Liste der Spenden an Geld, Altertümern,
Archivalien und Büchern zählt über 2000 Namen ans
Stadt und Land ans. — Die ersten Gaben für die
bei der Gründung des Vereins geplanten historischen
Sammlungen fanden in einem Zigarrenkistchen Unterkunft,
Juli 1S9G in drei Zimmern des Feldwebelbaues (Schloß),
1901 in einem Saale der Augustinerschule (Leonhard
straße 2 ) und 1905 als „Museum" in dem Hänse
Usagasfe 38 (heute Seminar-Schule). 1908 richtete man
außerdem für die Bereinsbibliothek und das neugegrün
dete Stadtarchiv den südlichen Liebsrauenkirchturm stim-
mnngsvoll her. Das bei reger Werbetätigkeit rasche
Anwachfen der Sammlungen veranlaßte jedoch die Stadt,
dem Geschichtsverein zunächst sieben große Säle in den
1912 —1913 vollständig umgebauten „Pferdeställen"
(Häusergeviert Haagstraße 16) zu überlassen, »vohin die
fortan „städtischen Sammlungen" (Museum, Stadtarchiv,
Stadtbibliothek) im Sommer 1913 übersiedelten. Durch
den Kriegsausbruch verzögerte sich die 1914 beabsichtigte
Eröffnung des Museuins bis zum 16. Mai 1920. Eine
Sehenswürdigkeit und entwicklungsfähige Bolksbi'dungs-
stätte, auf die Friedberg mit berechtigtem Stolze hin
weisen darf. Und noch einen ziveiten »vichtigen Erfolg
kann der Geschichtsverein b»iche>»: Eine ansehnliche Reihe
eigener Veröffentlichungen und die eifrige Mitarbeit an
auswärtigen »vissenschaftlichen Unternehmungen, Zeit
schriften und Zeitungen hatten zur Folge, daß die viel
fach verkannte Bedeutung von Friedberg (in Vergangen
heit und Gegenwart) nun auch von seiten der volks
tümlichen Literatur, vor allem in den großen maß
gebenden Reisehandbüchern, eine immer eingehendere
Würdigung findet. Der Fremdenverkehr »vird hierdurch
nicht unwesentlich gesteigert, lote der Besuch des Museums
bezeugt. Aber auch der Zuspruch aus der näheren Um
gebung und aus Friedberg selbst hält sich auf einer
erfreulichen Höhe (über 400 monatlich). Dasselbe gilt
für Stadtarchiv und Stadtbibliothek, die im abgelaufenen
Geschäftsjahr (1920) 1309 Briefausgänge hatten. Es
bedarf indessen noch jahrelanger, zäher Arbeit und Zu-
»vendungen jeder Art, ehe Museum, Archiv und Bibliothek
den Anforderungen genügen, die man an sie als den
gegebenen Mittelpunkt für die Erschließung.der Wetter
auer Altertums-, Geschichts- und Landeskunde stellt.
Immerhin hat der Geschichtsverein jetzt schon »veit mehr
erreicht, als man jeinalS zu hoffen wagte. Als Festschrift
für die 268 Mitglieder des Vereins gelangt dieser Tage
Baild IV der „Friedberger Geschichtsblätter" mit 67
Beiträgen zur Geschichte von Friedberg und der Wetterau
unentgeltlich zur Ausgabe (Ladenpreis 10 Mark). Die
Herstellungskosten verschlangen wiederum das Vielfache
des jährlichen Mitgliederbeitrages (2 Mark), allein treue
Freunde ermöglichten es, die der Volksbildung, dem
Schulunterricht und der Wissenschaft dienende 25 jährige
Tätigkeit des Geschichtsvereins durch eine besondere Ver
öffentlichung zu ehren. „Heimatpflege" heißt unser
weites, erst teillyeise bestelltes Arbeitsfeld und „Heimat
kunde" die Saat, aus der die all-einende Heimatliebe
hervorkeimen muß, ohne die es für das schwergeprüfte