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Dem Beruf nach waren acht der dreizehn Ab
geordneten Juristen, vier von diesen (Cnyrim,
Henkel, Schwarzenberg I, Werthmüller) wirkten
als Rechtsanwälte, einer (Wippermann) als Ver
waltungsbeamter, einer (Förster) als Bürgermeister
und zwei (Sylvester Jordan und Hildebrand)
als Universitätslehrer. Von den übrigen fünf
Abgeordneten waren zwei Philologen (der Gymna
siallehrer Jacobi und der Bibliothekar- Bern
hardt), der Hauptmann Baumbach lebte als Guts
besitzer und Rühl und Schwarzenberg II waren
Fabrikanten.
L o ü i s von Bau m b a ch - Kirchheim, geboren
1799 zu Reichensachsen, machte als halber Knabe
die Freiheitskriege mit und nahm später als
Hauptmann den Abschied, um sich der Ver
waltung seiner Familiengüter zu widmen. 1833
trat er in die kurhessische Ständeversammlung
ein, wurde hier bald ein Führer der Liberalen
und 1848 Präsident der Versammlung. Der Na
tionalversammlung gehörte er als Vertreter Kassels
von November 1848 bis Februar 1849 an und
war Mitglied der Linken und zwar des Augs
burger Hofes. Die drohende Reaktion in Hessen
veranlaßte ihn nach Amerika auszuwandern. Er
ging 1849 nach Ohio und lebte von 1857 ab als
Konsul mehrerer deutscher Staaten, nach 1870
als Konsul des Deutschen Reiches in Milwaukee.
Hier ist er 1883 gestorben.
Karl Bernhardi, geboren am 5. Oktober
1799 in Ottrau im Kürfürstentum Hessen als Sohn
eines Predigers, studierte Theologie in Marburg,
wurde dann aber Bibliothekar in Loewen iurd 1829
an I.. Grimms Stelle in Kassel, wo er als solcher
44 Jahre gewirkt hat. Er war außerordentlich
stark tätig für humanitäre Unternehmungen der
verschiedensten Art und wirkte im gemäßigten
(politisch und kirchlich) liberalen Sinne, hatte aber
doch in der vormärzlichen Zeit mancherlei Ver
folgungen zu erdulden, namentlich auch als Bur
schenschafter. Er gab auch verschiedene eigene Zeit
schriften heraus und kämpfte in den letzten Jahren
seines Lebens gegen den Ultramontanismus. 1835
bis 1840 war er Vorsteher des Bürgerausschusses
in Kassel. In Frankfurt gehörte er der Kasino
partei an und ging mit Gagern. 1867 wurde er
nationalliberaler Abgeordneter des preußischen Ab
geordnetenhauses und auch des Reichstages. 1870
legte er sàe Mandate nieder und starb 1874 in
Kassel. (Eine Selbstbiographie Bernhardis findet
sich in Gerlands hessischer Gelehrtengeschichte.)
AdolphCnyrim war geboren am 10 . August
1800 auf einem bei Kassel gelegenen Gute, auf
dem sàe Eltern wohnten. Er entstammte àer
alten hessischen Juristenfamilie und studierte dem
nächst selbst Jura. Nachdem er verschiedene rich
terliche Stellen bekleidet hatte, zuletzt war er
Oberappellrat, schied er wegen persönlicher Diffe
renzen mit dem Kürfürsten und dem Minister
Hassenpflug (er sollte in ein neues, liberales
Ministerium eintreten, was aber Hassenpflug ver
hinderte) aus dem hessischen Staatsdienst aus und
ging nach Frankfurt. Die Universität Marburg
ernannte ihn 1848 zum Ehrendoktor. In Frank
furt war er Syndikus der Thurn- und Taxisschen
Generalpostdirektion, auch erhielt er den Titel
Oberjustizrat. In Frankfurt gehörte Cnyrim dem
linken Zentrum, dem Württemberger Hof an und
stimmte für den preußischen Erb kaiser. Er ge
hörte auch der Kaiserdeputation an. Nachdem
Cnyrim noch 1866 mit Stephan zusammen die
Überleitung der Thurn- und Taxisschen Verwaltung
in die preußische durchgeführt hatte, zog er sich
ins Privatleben zurück; er starb in Frankfurt am
7. März 1876.
Johann Adam Förster wurde 1795 in
Grüsselbach als Sohn eines Landwirts geboren
und studierte, auf Wunsch seiner Mutter, zunächst
Theologie in Fulda, gab aber bald das Studium
. auf und wurde Rentnereischreiber. 1818 ging er
als Mentor zweier junger Adliger nach Bonn
und studierte hier Nationalökonomie und in Pop
pelsdorf Landwirtschaft. Die nationalökonomischen
Studien setzte er in Würzburg fort, um dann in
Jena Jura zu studieren. Hier trat er als Führer
der burschenschaftlichen Bewegung hervor, wurde
deshalb 1823, als er in Marburg an seiner juristi
schen Doktorarbeit arbeitete, verhaftet und wurde
mehrere Jahre auf der Festung Spangenberg ge
fangen gehalten. 1830 entlassen, ging er nach
Fulda und gründete ein vielgelesenes demokra
tisches Blatt, das „Deutsche Volksblatt". Die Re
gierung bot ihm eine Stelle im Ministerium an,
da er diese aber schroff ablehnte, wurde er wieder
verhaftet und schrieb in dieser zweiten Gefangenen
zeit eine große Arbeit über das landwirtschaftliche
Gewerbe. Dann wählte ihn die Stadt Hünfeld
zum Bürgermeister und gleich darauf in den Land
tag und nach Frankfurt. In der Nationalversamm
lung gehörte er der Linken (dem deutschen Hofe)
an, stimmte gegen den Reichsverweser und den
preußischen Erbkaiser und ging auch mit nach
Stuttgart. Von hier kehrte er nach Hessen zurück
und wurde Mitglied der Kammer, die den Kur
fürsten für abgesetzt erklärte. Nachdem Österreich
und Bayern den Kurfürsten wieder eingesetzt hatten,
floh Förster, hielt sich einige Zeit flüchtig im
Harz und in Thüringen auf und ging dann nach
«Amerika. Hier hatte er schwer zu kämpfen, lebte
bis 1875 als Friedensrichter in Neuyork, trieb