Full text: Hessenland (33.1919)

193 smttb 
Beiträge zur hessischen Ortsnamenkunde. 
10. Schmalkalden? Kalden, Kaldern. 
Von Dr. Wilhelm Schoos, Hersfeld. 
Der Name der Stadt Schmalkalden an dem 
Flusse gleichen Namens wird von Arnold 1 zu ahd. 
kalda fons, parvus fluvius gestellt und der erste 
Teil wie in Schmalenfleet, Schmalenau und ähn 
lichen Namen mit ahd. smal,parvus I * 3 4 * * in Beziehung 
gebracht. Gleicher Ansicht sind Namenforscher wie 
Foerstemann^, Haas^, Buck^. Daß daneben auch 
ein ptolemäischer Erklärungsversuchs nicht fehlt, 
der nicht weiter ernst genommen werden kann, sei 
der Vollständigkeit halber erwähnt. 
Der Laie ist unwillkürlich versucht, Namen wie 
Schmalkalden, Schmalenau, Schmalenberg, 
Schmalenstein, Schmalenfeld mit nhd. „schmal", 
„klein", „eng" in Verbindung ztl bringen, zumal 
als Gegensatz zu Namen wie Breitenbach, Breiten- 
au, Breitenberg, Breitenstein, Breitenfeld. Er 
findet eine natürliche Erklärung darin, daß der Bach 
an irgend einer Stelle sehr schmal ist und daß sich 
von hier aus die Bezeichnung Schmalbach oder 
Schmalwasser aus den ganzen Lauf des Gewässers 
übertragen Hat. Für den Eingeweihten jedoch, 
der die Grundgesetze der Namengebung kennt, ist 
es von vornherein bedenklich, daß ein Flurteil 
(denn der Siedlungs- und Flußname Schmal 
kalden ist aus einem Flurnamen Hervorgegangen), 
sofern er der älteren Zeit angehört, nach so zu 
fälligen oder nebensächlichen Erscheinungen benannt 
sein soll. Ihm ist bewußt, daß der Sinn, den 
unser naives Sprachempfinden damit verbindet, 
in der Regel erst einer neueren volksetymologischen 
Umdeutung zuzuschreiben ist. Er unterscheidet 
zwischen einer - volkstümlichen oder dilettantischen 
Namenerklärung, die sich an eine Namenssage oder 
an den äußeren Laut anschließt (z. B. Schönbach 
= schöner Bach), und zwischen einer wissenschaft 
lichen Erklärung, die sich auf den Gesetzen der Sied 
lungsgeschichte und der Sprachwissenschaft aufbaut. 
So ist auch Schmalkalden — schmaler Bach 
nicht mehr als ein volkstümlicher Erklärungs 
versuch, der einer kritischen Betrachtungsweise nicht 
Stand hält. Foerstemann erwähnt folgende mit 
schmal zusammengesetzte Ortsnamen: Smalahana, 
Heute Schmalnau (Kreis Gersfeld), Schmalnohe 
(Bz.-A. Bamberg), ferner Smalenbach (zweimal). 
Smalenberg, Heute Schmallenberg (Kr. Meschede), 
I Ansiedlungen und Wanderungen (Marb. 1881) S. 125 
und 127. 
II Altd Namenbuch Bd. II, 3. Ausl. Sp 812/13. 
3 Fuld. Gesch -Bl. 1912, S. 12. 
* Oberdeutsches Flurnamenbuch (Stuttg. 1889) S. 244. 
6 Hugo Simon, Beiträge zur Schmalkalder Geschichte 
(Schmalkalden 1905) S. 22 u. 24. 
Smalunegge, heute Schmalegg (O.-A. Ravens 
burg), Smalefeldon, heute Schmalfelden (O.-A. 
Gerabronn), Smalonfleet, heute Schmalenfleet 
an der Weser, Smalacalta, heute Schmalkalden, 
Smalstettin, heute Stetten (O.-A. Ehingen), Smale- 
wazzere, heute das Schmalwasser bei Dietharz 
(Kr. Ohrdruf), Smalun Nusti, in der Nähe von 
Dammersbach (Kr. Hünfeld), Smalensinna, heute 
die Schmalesinn in der Rhön. Hierzu kommen 
noch Ortsnamen wie Schmalenau (in Hannover), 
Schmalenbeck und Flurnamen wie hessisch der 
Schmalborn Gem. Altenhaina, die Schmalwiese 
und das Schmale Gem. Haina, der Schmal 
wiesengrund Gem. Elnhausen, das Schmale- 
tälchen Gem. Michelbach, die Schmalwiese Gem. 
Oberaula, das oberste und unterste Schmal- 
triesch Gem. Seigertshausen, thüringisch 9 das 
Schmaltal (enger Grund!), urkundlich in der 
Smalla, Schmallhügel (Gemeindeland 
in der Flur Wechmar), ma. Schmoalhegk, 
nastauisch^ Schmalacker, das Schmale, aufm 
Schmald, Schmält, oberdeutsch^ Smalefelden 
(1033), silva Smalnhart (1258), Smalnloch( 1294), 
Smalbach (1525). Die von Foerstemann belegte 
Schreibung Smellekallan (etwa 11. JH.) neben 
Smalacalta und Smalekaldun für heutiges Schmal 
kalden legt die Vermutung nahe, daß Smalacalta 
die willkürliche-Schreibnng eines gelehrten Schrei 
bers ist, wie sie zur Zeit der Klöster nicht selten 
vorkommen (z. B. Confugium für Kaufungen, 
Haucheburc für Hachborn, Amanaburg für 
Amöneburg usw.), zumal da auch die mundartliche 
Aussprache, die immer das sicherste Kriterium 
bildet, Schmelkelle, Schmakelle neben Schmal 
kalle 9 lautet. Schmell aber ebenso wie die wieder 
holt bezeugte Form Schmall (vgl. in der Smalla, 
Schmallhügel, Schmallenberg) deuten weniger 
auf ahd. smal ,parvus 4 als aus etwas anderes hin. 
Dazu kommt, daß Bildungen wie Schmalacker, 
Schmalwiese, Schmalborn, Schmaltriesch, 
Schmaltal einerseits und das Schmale anderer 
seits ungewöhnlich sind. Die nassauische Form 
aufm Schmald in Verbindung mit der Assimila 
tion Schmall, Schmolle, Smalla läßt vermuten, 
daß die assimilierten Formen aus älterem Schmald, 
6 Gerbing, Die Flurnamen des Herzogtums Gotha 
(Jena 1910t S. 249, 250, 567. 
3 Kehre in, Nassauisches Namenbuch (Bonn 1872) 
S. 545. 
"Buck, Oberd. Flurnamenbuch (Stuttg. 1880) S. 244. 
^ G e r b i n g a. a. O. S. 483, 560, 567, z. B. der 
Schmelkeller Stiegk, der Schmakeller Stadtwald.
	        

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