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ner verdient viel Rücksicht und manches Zutrauen.
Er hat eine Quittung von 11 fl. auszustellen; geben
Sie ihm eine kleine Zulage mit Bewilligung der
Königin; er hat sich bei der Entführung gut ge
zeigt. Dem Küchenmeister traue ich nicht; Sie
werden es erfahren können. Geld Hilst bei ihm,
glaube ich. Meine Begleiter, die Leibjäger Hof-
herr und Wackershauser, empfehle ich nochmals;
Sie verdienen Auszeichnung, doch muß auch dies
unbemerkterweise geschehen, sonst könnten sie un
schuldig in Verdacht kommen. Vernachlässigen Sie
sie aber nicht !" 12
König Friedrich von Württemberg, der durch
sein Schwarzes Kabinett in den Besitz dieser Zeilen
gelangte, sandte sie der Württembergischen Hof
dame zu, die er seiner Tochter zur Seite gestellt
hatte. „Dieser Brief hat uns ganz voll von
Leuten gezeigt (nous a indiqué [?] tout plein de
gens), die Stölting schon verführt hat oder noch
verführen will", setzte er hinzu. „Versuchen Sie,
meine Tochter zu veranlassen, diesen . . . wegzu
jagen und ihm zu verbieten, jemals wieder vor ihr
zu erscheinen. Sie schuldet es ihrer Ehre." Aber
Katharina ließ sich nicht erschüttern. Schon vor
her hatte sie sich klageführend an den Kaiser Franz
gewandt und die ganze Angelegenheit auf Umtriebe
des Generals v. Brusselle zurückgeführt. „Man
mag Herrn v. Stölting unterstellen was man
will", schrieb sie am 24. nach Wien, „ich bin trotz
12 Schloßberger a. a. O. Bd. II S. 187/88.
dem fest überzeugt, daß er sich niemals irgend ein
Unternehmen erlaubt hat, das er meiner Kennt
nis hätte entziehen wollen, und ich hätte zum
mindesten erwarten dürfen, von einem solchen Ge
waltakt unterrichtet zu werden, ehe er zur Aus
führung gebracht wurde; es'wäre mir dann wie
jetzt ein Leichtes gewesen, den ungünstigen Ein
druck zu zerstreuen, den man Ihnen zu seinen
Ungunsten eingeflößt hat und deren Quelle ich
feinte" 13 !
Man sieht: der grenzenlosen Hingebung des
Dieners entsprach das grenzenlose Vertrauen der
Königin. An seinem Schicksal wurde freilich durch
ihren Protest nicht das geringste geändert. Im
Gegenteil: der König fühlte sich durch ihre Stel
lungnahme nur in seinem Entschluß, Stölting
dauernd von ihr fernzuhalten, bestärkt, und so
zwang er Jérôme, als dieser am 22. August 1815
in Schwiebingen an der badisch-württembergischen
Grenze erschien, um sich zu seiner Gemahlin nach
Göppingen zu verfügen, zur Unterzeichnung eines
langen Reverses, der im fünften Paragraphen
ausdrücklich bestimmte, daß Stölting (mit drei
anderen Parteigängern des Königs) niemals wieder
mit einem Posten in feinern Haushalt betraut
werden dürfe u . (Schluß folgt.)
” S chloßberger a. a. O. Bd. II S. 189/90.
" Dr. Hans ©emittier, Kaiser Franz I und die
Napoleoniden vom Sturze Napoleons bis zu dessen Tode,
Wien 1888 S. 154 bzw. Archiv für österreichische Geschichte
Bd. LXXII, 2. Hälfte, S. 486.
Bilder vom Vogelsberg
von Bruno Jacob -Kassel.
Wer von Niederhessen her in der breiten Senke
des Schwalmtales von Ziegenhain über Loshausen
und Zella wanderte, oder von Neustadt über die
Arnshainer. Höhe durchs Gericht Katzenberg kam
oder über 'den.Herzberg ins oberhessische Land
stieg, wird wohl gefühlt haben, daß auch jenseits
der politischen Grenze, die einst das Jahr 1567
gezogen, ihn Heimatluft umwehte, und er wird,
wenn er mit offenen Augen wanderte, wohl gesun
den haben, daß politische Grenzscheiden sich keines
wegs mit ethnischen und kulturellen decken. Und
wer vom Vogelsberge herunterblickte nach allen
Seiten in die vielen Täler und Teilchen, die hier
zur Edder und Fulda, dort zur Lahn und drüben
zur Kinzig und zum Maine weisen, der wird ge-,
rade hier den Gedanken einer geographischen
Einheit des gesalnten Hessenlandes
sichtbar erkennen.
Aber auch die kulturelle Einheit des Landes
wird er erkennen, wenn er die Städtchen rund
um den Vogelsberg, die Burgen und Schlösser der
Gegend betrachtet und vergleichende Blicke zu den
anderen hessischen Gebieten sendet, wenn er die
Dörfer, ihre Feldbreiten, ihre Gehöfte und ihre
Kirchen beschaut. —
Steht da am Fulder Tore zu Alsfeld ein
Rundturm, aus mächtigen Quadern gefügt, mit
massivem Kegelbache, ganz ähnlich dem alten stei
nernen Wächter, der zu Grebenstein das Burg
tor in treuer Hut hält, und beide scheinen zu
gleich Wächter althessischer Art: wie der Greben
steiner Recke gegen den stammessremden Sachsen
gau hinschaut, so blickt der Alsfelder aus die so
lange politisch vom übrigen Hessenlande getrennte
Grafschaft Ziegenhain und gegen das Fulder Land
hin. — Gerade das Ziegenhainer Land, die
Schwalm, ist aber heute trotz allen durch die
politischen Grenzlinien entstqndenen und erwach
senen Schwierigkeiten das gegebene, natürliche
Wirtschaftsgebiet der alten Handelsstadt an der
Straße „durch die kurzen Hessen"."
Inmitten der Stadt strebt die massige Wal
purgiskirche auf mit ihrer reichen Gotik und
dem so charakteristischen Durchgänge unter dem