Full text: Hessenland (33.1919)

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Drucker oder Verleger zu schicken und ihnen 
demnächst zurückzuschicken wären; wie manche 
auf den Augenblick oder eine kurze Zeit berech 
nete Gelegenheitsschrisj, deren Inhalt die Cen 
sur meistentheils ganz unschuldig befinden würde, 
deren Durchsicht sie aber, um ihrer Pflicht nach 
zukommen, nicht vermeiden dürste, müßte durch 
den verursachten Aufschub leiden, um nicht zu 
sagen, ihren Zweck völlig vereitelt sehen! es 
sey denn, daß in jeder Stadt eigene (der hiesigen 
entweder untergeordnete oder unabhängige) Cen 
sur Commißionen errichtet würden. 
Allein abgesehen hiervon, so wird, was noch 
viel wichtiger ist, das worauf es der Censur 
ankommt, gar leicht elidiert werden können. 
Der Schriftsteller, welcher etwas irreligiöses, un 
sittliches oder dem Staate anstößiges im Schilde 
führt, braucht sich lediglich an eine auswärtige, 
nicht erst weit zu suchende, Druckerei zu wenden 
und wird dieses in den meisten Fällen unbe 
denklich thun. Ohne daher dem Übel zu steuern, 
wird diese allgemeine Censur von einer andern 
Seite betrachtet mehr auf den Unschuldigen fallen, 
den heßischen Druckern oder Verlegern schäd 
lichen Abbruch thun, Reclamationen veranlaßen 
und unter dem Publicum Mißvergnügen über 
eine neue, bisher ungewohnte Einschränkung der 
bürgert. Freiheit rege machen. In der That 
wüßten wir uns wenigstens keines einzigen Bei 
spiels zu erinnern, daß in neueren Zeiten aus 
einheimischen Preßen eine confiscationswürdige 
Druckschrift ans Licht getreten wäre. 
So erheblich inzwischen diese Bedenklichkeiten 
gegen eine Belastung der inländischen literarischen 
Thätigkeit sprechen mögen; so laßen sich 
II. noch ungleich stärkere und triftigere gegen 
eine Censur der aus dem Ausland einzuführenden 
Schriften vorbringen. Die hierbei einschlagen 
den Fragen erlauben wir uns pflichtschuldigst 
der Reihe nach zu stellen und zu beantworten. 
1 .) in welchen-Staaten kann eine solche Cen 
sur ausgeübt werden? 
Nur in großen, wie Rußland, Oestreich, Frank 
reich, die aus ihrer eignen Mitte dasjenige her 
vorzubringen vermögen, was bei der Maße des 
Volks die Bedürfniße der Literatur und Lese 
lust ausfüllt, wo also die Regierung selbst durch 
positiven Einfluß auf ihre inländische Schrift 
stellerei dem Geiste im voraus begegnen kann, 
den sie durch Verbote zu hemmen sucht, — nicht 
in kleineren Staaten, wie Heßen, Würtenberg, 
selbst nicht in Baiern. Der unbefriedigte Trieb 
des Publicums wird hier sogleich jedes vorfal 
lende Hinderniß gewahr und seine Neugierde nur 
desto stärker angereitzt werden, sich auf ver 
botenen Wegen darüber hinaus zusetzen. 
Ferner: nur in solchen, deren Grenzen vor 
dem Anströmen ausländischer Literatur, sey es 
durch die Natur oder eine strenge Mauthein 
richtung hinlänglich gedeckt sind, — folglich nicht 
in Heßen, dem allerseits Länder und Städte 
nahliegen, in denen ein unvergleichbar größerer 
literarischer Umtrieb herrscht und von woher es 
außerordentlich leicht ist, alle Bedürfniße dieser 
Art zu befriedigen. Verbotene oder einzuführen 
erschwerte Artikel wird sich der Hanauer also- 
gleich aus Frankfurt, der Oberheße aus Gießen, 
der Niederheße aus Göttingen, der Schaum 
burger aus Hannover verschreiben. Hierbei 
dringt sich die nothwendige Bemerkung auf, daß 
die kurheßischen Buchhändler durch diese ein 
zige Maasregel nach und nach um ihre meisten 
und besten Kunden gebracht werden können, ja 
daß aller inländischer Buchhandel seinem Unter 
gang entgegenzusehen hat. Denn indem er auch 
die von der Censur erlaubt werdenden Bücher 
erst um ein bedeutendes später, als der Aus 
länder liefern konnte; würden sie ihm des ver 
lorenen Reitzes der Neuheit wegen auf dem 
Lager liegen bleiben und er es bald nicht mehr 
wagen dürfen, sich auf weitere Bestellungen ein- 
zulaßen. 
Daß und wie aber die Einfuhr von Büchern 
auswärts her verhütet werden möge, kann man 
nicht einsehen. Bisher haben die Postämter ein 
gehende Bücherpäcke uneröffnet dem Publicum 
ausgeliefert und in Fällen, wo der Absender 
etwas besonderes zu besorgen schiene, werden 
Miethkutscher, Fuhrleute, Boten und Reisende 
gar nicht anstehen mitzunehmen, was vielleicht 
einen ganz unbedeutenden Raum einnimmt. Der 
bloßen Literatursperre zu Gefallen eine Mauth- 
linie rings um Kurheßen zu ziehen, würde 
nicht nur große Administrationskosten, sondern 
auch ein ganz anderes Personal in jeder Hinsicht 
als das der dermaligen Censur Commißion er 
fordern; sicher aber derjenigen landesväterlichen 
Weisheit widersprechen, die es dem Wohl der 
Unterthanen und dem Gedeihen des inländi 
schen Handels und Wandels angemeßen findet, 
daß die Einführung fremder Waaren in Kur 
heßen überhaupt nicht nach den strengen Vor 
schriften ausgespürt und beurtheilt werde, welche 
die Accise- und Douaneneinrichtung größerer 
Staaten in diesem Stücke an Hand gibt und 
wirklich in Ausübung bringt. 
2 .) in welchen anderen Staaten bestehet eine 
Censur für einzuführende fremde Schriften?
	        
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