Full text: Hessenland (33.1919)

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gearbeitet. Die beiden Künstler hielten sich des 
halb 6 Monate lang in Karlshafen auf. Danach 
konnte man daran gehen, die drei Blöcke, aus denen 
die Figur in der Hauptsache besteht, nach Kassel 
zu schaffen. Hierbei stieß man aber auf große 
Schwierigkeiten. Die Wege befanden sich in sehr 
üblem Zustande. Die Mnstler waren genötigt, 
eigene Maschinen zur Weiterbeförderung zu er 
finden; ferner mußten beständig Bohlen gelegt 
werden, damit der Wagen nicht in den Erdboden 
einsank, 30 bis 40 Pferde Vorspann waren nötig. 
Man war volle 3 Wochen unterwegs und der 
Transport kostete erhebliche Ausgaben, so daß 
jeder der drei Blöcke mit der Beförderung bis 
Kassel auf über 1000 Taler zu stehen kam. Auch 
in Kassel ging der Transport nicht ganz glatt 
ab. Die Räder des Wagens sanken auf der Fahrt 
vom Holländischen Tore zum Friedrichsplatz fuß 
tief in das Straßenpflaster der Königsstraße ein. 
Auf dem Friedrichsplatze, den Landgraf Fried 
rich II. auf der Esplanade der ehemaligen, von 
ihm geschleiften Festungswerke hatte anlegen lassen, 
ging nun Nahl an die Ausführung der Bildsäule 
im Feineren. Es war zu diesem Zwecke ein Bretter 
verschlag auf dem Platze errichtet worden, der 
Nahl zur Werkstatt diente und in der Goethe 1779 
die im Werden begriffene Statue besichtigte. Der 
Mnstler war in seinen letzten Lebensjahren schwer 
vom Podagra geplagt und oft genötigt, sich in 
einer Sänfte (einer „Portechaise") nach seiner Ar 
beitsstätte tragen zu lassen. Er erlebte auch die 
Enthüllung des Bildwerkes nicht. Am 22 . Ok 
tober 1781 starb er. Sein Sohn Samuel vollendete 
das Werk, das am 14. August 1783, dem Geburts 
tage des Landgrafen, enthüllt wurde. 
Das geschah mit großem Auswande von Pracht. 
Die Bretterbude war entfernt, dafür aber ein 
großer Teil des Platzes durch eine hohe Leinwand 
abgesperrt worden. Der Professor der Historie und 
der schönen Wissenschaften am Collegium Caro 
linum, Rat Casparson, hielt eine, später im Drucke 
erschienene Rede über „die glücklichen Aussichten 
Hessens unter der Regierung Friedrichs II., regie 
renden Landgrafen zu Hessen, an Höchstdero Ge 
burtsfest, dem 14. August, dem Tage der feyerlichen 
Aufdeckung der Statue," 2 in der der Landgraf in 
der damals üblichen Weise gepriesen wurde. Dann 
hielt der Erbmarschall von Hessen, Georg Ludwig 
Riedesel Freiherr zu Eisenbach eine schwung 
volle Ansprache 3 und übergab im Namen der Land 
stände das Denkmal dem Fürsten und dem Lande. 
2 Kassel, 1785, 4«, 16 Seiten. 
3 Auch diese Rede („Empfindungen getreuer Unter 
thanen für ihren geliebten Fürsten .... Kassel 1783") 
ist im Druck erhalten. Verfaßt wurde sie von dem 
Die Leinwand fiel unter dem Donner der Kanonen, 
und das herrliche Standbild bot sich den Augen 
der zahllosen Zuschauer, die sofort die große Ähn 
lichkeit des Bildes mit dem Landgrafen feststellten. 
Die Bildsäule stand mit dem Gesichte nach der 
großartigsten Schöpfung des Landgrafen, nach dem 
Museum Fridericianum und der darin noch heute 
befindlichen Landesbibliothek, gewendet. Der mit 
der Treppe 22 Fuß hohe Sockel war mit grauem,, 
grün gesprenkeltem Marmor bekleidet, von dem 
sich die 15 Fuß hohe Figur aus weißem, carra 
rischen Marmor wirkungsvoll abhob. Der Land 
graf ist in einer aus antiker und moderner Tracht 
gemischten Kleidung dargestellt, die aber so ge 
schickt angewendet ist, daß das an sich Verkehrte 
dieser Darstellung kaum auffällt; in der Hand 
hält der Landgraf den Kommandostab; er trägt 
den englischen Hosenbandorden und den preußischen 
schwarzen Adler-Orden, während der hessische Or 
den pour la vertu militaire und der hessische Goldene 
Löwen-Orden neben ihm auf einem Kissen auf 
der Erde liegen, wo auch der Helm seinen Platz 
gesunden hat. Das ganze Bildwerk besteht aus drei 
großen Blöcken und zwei kleineren für den Kopf 
und den einen. Arm; alle fünf Stücke sind so 
geschickt verbunden, daß nur bei genauester Be 
trachtung die Zusammensetzung erkannt wird. Über 
die Inschrift, die in goldenen Buchstaben am 
Sockel angebracht ist, war lange hin und her ver 
handelt worden. Endlich einigte man sich auf die 
einfachen Worte: 
Friderico II. 
Patria 
MDCCLXXXIII. 
Ein Viereck von hohen eisernen Staketten mit ver 
goldeten Spitzen und 4 Laternen an den Ecken 
umgibt das Standbild. 
So stand das Kunstwerk bis zum Jahre 1808. 
Die westfälische Regierung, die aus dem Museum 
Fridericianum den Palast der Reichsstände machte 
und den Friedrichsplatz danach „Ständeplatz" 
nannte, fand erklärlicherweise keinen Gefallen an 
der Figur. Sie ließ das Denkmal entfernen, ohne 
aber etwas anderes an seine Stelle zu setzen. Auch 
der 1813 zurückgekehrte Kurfürst Wilhelm I. brauchte 
mehrere Jahre, bis er sich aus das Denkmal seines 
Vaters besann. Erst 1817 ließ er das Standbild 
wieder an der alten Stelle errichten, womit man 
erst im folgenden Jahre fertig wurde. Den Mar 
morsockel hatten die Franzosen aber zu irgend 
welchen Zwecken verbraucht, und so stellte man denn 
damals am Collegium Carolinum als Professor wirken 
den Georg Förster und ist von Leitzmann im 91. Band 
des „Archivs f. d. Studium d. neueren Sprachen u. 
Literaturen" Seite 149 f. wieder abgedruckt.
	        
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