Full text: Hessenland (33.1919)

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9. 
An 
den Herrn Prediger 
der mich zur Gruft begleitet. 
Da ich mit einer wahren, innigen Glaubens 
freudigkeit den Übergang in ein höheres Leben 
lange schon erwartet habe, so ersuche ich den 
Herrn Prediger, der mich zur Gruft begleitet, 
nur den Seegen über die endliche Erfüllung 
meiner Erwartung auszusprechen. Mein Leben 
war schmerzlich verwickelt, und mein Pfad dunkel, 
aber mir wurde vor Tausenden das Glück der 
Freundschaft der edelsten Menschen nah und fern. 
So scheide ich zufrieden mit meinem Verhängnis 
vom Leben und bitte, daß der Dank, der bis 
zum letzten Athemzug meine Seele erfüllt, noch 
über meine Gruft meinen noch lebenden Freun 
den ausgesprochen werde. Die Vorangegangenen 
erwarte ich mit Sehnsucht und Freude. 
Charlotte Marie Diede 
geb. Hildebrandt. 
Das Standbild des Landgrafen Friedrich II. 
auf dem Medrtchsplatz zu Kassel. 
Von A. Woringer. 
In der Kasseler Presse wurde in diesen Tagen der 
Vorschlag gemacht, das Denkmals Friedrichs II. als 
„Monument der Schmach" zu beseitigen und durch ein 
solches der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zu er 
setzen. Wenn wir auch nicht gewillt sind, die Subsidien- 
verträge dieses Fürsten zu beschönigen, so müssen wir 
uns doch nach wie vor gegen das empörende Unrecht 
verwahre«, gerade ihn, der nicht besser und vicht schlech 
ter war, als viele seiner fürstlichen Standesgenossen, 
als den Typ eines „Seelenverkäufers" hinzustellen. 
Andererseits weiß jeder Geschichtskundige, welche bleiben 
den Verdienste gerade Landgraf Friedrich II. um das 
moderne Kassel hat. Dieses hat also keinerlei Anlaß, 
die von den Zeitgenossen erfüllte Dankespflicht zu 
verwischen. Die Redaktion. 
Während außerhalb Hessens Landgraf Fried 
rich II. wegen seiner Entsendung hessischer Truppen 
im Solde Englands nach Amerika stets heftig am- 
gegriffen wurde, hat man in Hessen selbst seine 
Verdienste um das Land immer anerkannt. Er hat 
das auch verdient. Von der Beendigung des sieben 
jährigen Krieges ab ist er unablässig bemüht ge 
wesen, die Wunden, die der Krieg dem Hessen- 
ürnde geschlagen, zu heilen und das Beste des 
Landes zu fördern. Wie sehr das schon damals im 
Lande empfunden und anerkannt und ihm gedankt 
wurde, beweist der Umstand, daß bereits im Jahre 
1774, 11 Jahre vor seinem Tode, die hessischen 
Landstände den Betrag von 20 OM Talern bewil 
ligten, um dem Landgrafen in Hessens Haupt 
stadt ein würdiges Denkmal zu errichten. Zu 
dessen Ausführung wurde der Kasseler Bildhauer 
Johann August Nahl, zum Unterschiede von seinem 
gleichnamigen zweiten Sohne „der Ältere" ge 
nannt, berufen. Eine bessere Wahl konnte nicht 
getroffen werden. Johann August Nahl, ein Sohn 
des Bildhauers Johann Samuel Nahl, war im 
Adrgust 1710 in Berlin geboren. Den ersten Un 
terricht in feiner Kunst erhielt er von feinem 
Vater und dem berühmten Bildhauer und Archi 
tekten Schlüter in Berlin. Dann bildete er sich 
weiter auf Kunftreisen nach Frankreich und Italien. 
1741 wurde er nach Berlin berufen, wo sich, ebenso 
wie in Charlottenburg, Potsdam und Sanssouci, 
zahlreiche Werke seiner Kunst befinden. 1746 ver 
ließ er aber Berlin wieder und zog nach der 
Schweiz, wo er sich auf einem Landgute bei Bern 
niederließ. Hier entstand sein bekanntestes, von 
Albrecht von Haller, Wieland und anderen geprie 
senes und s. Zt. durch Stiche und kleine Modelle 
weit verbreitetes Werk, das Grabdenkmal der 1751 
verstorbenen Gattin des Pfarrers Langhans in 
der Kirche zu Hindelbank bei Bern. 1755 folgte er 
einem Rufe nach Kassel, wo er Professor am 
Collegium Carolinum und landgräflicher Rat 
wurde. Er schuf auch hier verschiedene größere 
Werke, namentlich die am Eingang der Rennbahn 
aufgestellten Rossebändiger, die jetzt am Anfang der 
großen Allee in der Karlsaue stehen. Von den be 
willigten 20 OM Talern wurden für ihn 10 OM 
Taler bestimmt, mit den weiteren 10 000 Talern 
sollten die Kosten der Beschaffung des Marmors 
und dessen Beförderung bis Karlshafen gedeckt 
werden. Die Kosten der Beförderung von Karls 
hafen bis Kassel und der Aufstellung hatte Nahl 
aus den ihm bewilligten 10 000 Talern zu bestrei 
ten. Die Blöcke wurden in den berühmten Marmor 
brüchen von Carrara gebrochen und zu Schiffe über 
Bremen und die Weser herauf nach Karlshafen ge 
bracht, wo sie 1775 ankamen. Hier wurde die Figur 
unter Leitung Nahls und seines ältesten Sohnes, 
des Bildhauers Samuel Nahl*, aus dem Groben 1 
1 Samuel Nahl, geb. 7. März 1748 in Bern, Schüler 
seines Vaters, besuchte 1771 die Akademie in Wien, 
besuchte 1772 Paris, 1774 Rom, folgte dann einem 
Rufe nach Kassel zur Unterstützung seines Vaters, 
wurde Lehrer an der Kunstakademie mit dem Titel Pro 
fessor und Rat. Er starb in Kassel 10. Dezember 1806.
	        
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