Hessisches Heimatsblatt
Zeitschrift sür hessische Geschichte, Volks- und Heimatkunde, Literatur und Kunst
Nr. 1/2. S2. Jahrgang. Januar-Doppelheft 1918.
Die Ritterakademie und die Universität in Kassel.
Zur Erinnerung an die Eröffnung des Collegium Mauritianum am 15. Februar 1618.
Voll Paul Heidelbach.
Bei seiner universalen Bildung hatte Land
graf Moritz, der selbst acht Sprachen beherrschte,
in den verschiedenen Wissenschaften über das di
lettantische Maß hinausgehende Kenntnisse besaß,
unter dem Namen des „Wohlgenannten" als werk
tätiges Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft
angehörte, dessen Lehrbuch der Poetik — um seine
anderen pädagogischen Werke zu übergehen — noch
1752 in siebenter Auflage erschien, mit scharfem
Blick die Schäden der Zeit erkannt. In einer
Zeit, wo die Ideen der Reformation mit denen des
Humanismus aufs engste verschmolzen wurden und
man auf protestantischer Seite in einer gründlichen
Schulbildung den sichersten Bundesgenossen wider
den großen Gegner, den Orden der Jesuiten, sah,
war es verständlich, daß auch Moritz dem Kasseler
Pädagogium seine besondere Sorgfalt zuwandte,
die sich auf die Verbesserung der äußeren Lage
der Lehrer, auf Erweiterung der Klassen und
Einführung besserer Lehrbücher erstreckte. Daneben
aber war er von der Notwendigkeit überzeugt,
die höchst mangelhaften Schulkenntnisse des jeder
tieferen intellektuellen Bildung entbehrenden hessi
sche Wels schon im allgemeinen Landesinteresse
auf eine höhere Stufe zu heben. Diese Erkenntniss
verbunden mit der Sorge um die Erziehung der
zahlreichen eigenen Kinder, veranlaßte ihn schon
1595 zur Errichtung einer Hofschule *), die zur
Bildung der fürstlichen Pagen, der Söhne des
Hofadels und der Kapellknaben bestimmt war.
Nach drei Jahren unter ihrem vielseitigen und
trinkfesten Lehrer Lagonichus (Hasenklau) erwei
tert, wurde sie 1599 über eine Bildungsanstalt des
Hofadels emporgehoben und imter dem Namen
Collegium Mauritianum mit einer Akademie für die
vorgeschrittenen Schüler und alle gebildeten Män
ner des Hofes und der Stadt verbunden. Der
Landgraf selbst hielt tu elegantem Latein die Er
öffnungsrede. Es verdient bemerkt zu werden,
daß des Landgrafen Stallmeister und späterer
Geheime Rat Dietrich von dem Werder, der
„Vielgekrönte" der Fruchtbringenden Gesellschaft
und erste deutsche Übersetzer des Tasso und Ariost,
eine Reihe von Jahren hindurch Vorsteher dieser
Hochschule war. Dietrich von dem Werder,
') T. Hartwig, Die Hofschule zu Kassel unter Land
graf M ritz, Marburg 1865.