Heffenlanb
Hessisches Heimatsblatt
Zeitschrift für hessische Geschichte, Volks- und Heimatkunde, Literatur und Kunst
Nr. 7/8. 32. Jahrgang. April-Doppelheft 1918.
Das ^ritzlarer Rathaus im Rahmen der älteren Grtsgefchichle.
Im hessischen Geschichtsverein hielt am 13. Mürz
Regierungsbaumeister vr. Becker vom Dombau
amt in Fritzlar einen bau- wie ortsgeschichtlich wert
vollen Vortrag mit Lichtbildern über das Fritz-
larer Rathaus, ein bisher fast unbeachtet gebliebe
nes kostbares Denkmal einer unserer ältesten
Hessenstädte.
Wer als Freund alter Geschichte und Kunst
Fritzlar aufsucht, wird stets auf seine Kosten kom
men. Ihn fesselt in dem reizvollen Städtebild
mit seiner fast in vollem Umfang erhaltenen Stadt
befestigung vor allem das Dommuseum und der
Kirchenschatz, dem sich nur wenige in Deutschland
vergleichen können. Ein Bauwerk aber wird ineist
unbeachtet bleiben, das für das innere Leben der
Stadt die größte Bedeutung hatte, das Rathaus,
weil es eben in seinem Durcheinander der ver
schiedenen Stilarten einen ruinenhaften Eindruck
macht. Eine lange Reihe wechselvoller Geschicke
ist an diesem Bau vorübergegangen, und auch im
Innern sind gewaltige Umgestaltungen vor sich
gegangen. Allmählich gewinnen wir Interesse an
dem Bau, wenn wir erkennen, daß es sich hier um
ein Bauwerk handelt, dem eine große Bedeutung
in der Geschichte der Stadt wie im allgemeinen
zuzuerkennen ist.
Wie alt ist das Fritzlarer Rathaus, und hat
es immer seinen heutigen Zwecken gedient? Wir
müssen über acht Jahrhunderte in der Orts
geschichte zurückblättern, ehe wir dem Rathaus
zum erstenmal in der Geschichte begegnen. Redner
zeigt an einem Stadtgrundriß, wie aus der Kloster
gründung des hl. Bonifatius Fritzlar entstand. Als
Ausgangspunkt und ältester Kern ist der Dom mit
der ihn umgebenden Siedlung anzusehen, um die
sich erst um 1200 die Stadt im Halbkreis herum
legt. An der Stelle des Domes fällte der Hesseu-
apostel 723 die Donareiche, und an derselben
Stelle gründete er etwa zehn Jahre später das
Kloster, das sich unmittelbar an den Dom anschloß.
Grabungen des Redners haben gezeigt, daß die
ursprüngliche bonifatianische Anlage kleiner war
als der heutige Dom; es ist die steinerne Basilika,
die Bonifatius um 730 errichten ließ. An sie
schloß sich nach Norden das Kloster an. Heute
befinden sich die letzten Reste der Klosteranlage
auf der Südseite. Auf dem westlichen Teil des
Hügelrückens nimmt Redner diejenigen Gebäulich
keiten an, die zur Bewirtschaftung des Klosters
notwendig warm. Bis etwa 1200 war Fritzlar
eine nach außen ziemlich offene ländliche Siedlung,
die sich um Dom und Kloster herumlegte. Sie
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