trotzdem willkommen. Als solche bringt sie überdies eine
Überraschung. Neben den in Hessen wohlbekannten Au
toren wie Bock („Alte Liebe"), Holzamer („Herbst"),
Schultheiß („Das Koppel") und dem Westerwälder Stern-
berg („Der gläserne Hirsch") wird der Leser mit Ver
tretern der expressionistischen Richtung bekannt gemacht.
Kasimir Edschmid steuert aus seinen „Sechs Mündun
gen" iden stofflich wie stilistisch gleich interessanten „Lazo"
bei, Albert H. Rausch seine seltsame „Bvette" und Phi
lipp Krämer eine realistische Jungengeschrchte „Der Achat
schusser". An den Illustrationen Hermann Keils wird
mancher Altmodische seine Kenntnis des Futurismus
und Kubismus fördern können; nur steht zu befürchten,
daß er sich gegenüber diesen an das Primitive der Kunst
anknüpfenden mathematischen Konstruktionen (vom Wür
fel haben sie's gelernt) mit dem Raffinement absichtlich
verzerrter Zeichnungen und bewußt entgleister Striche,
die das „Geistige in der Kunst" zum vollendetsten
Ausdruck zu bringen suchen, verständnislos und ablehnend
verhalten wird. —
„Der Ioggeli" Wilhelm Specks ist wieder
einmal in neuer Auflage erschienen (Berlin, Martin
Warneck, 1918, 49—59. Tausend, 71 Seiten), und es
wird wenig literarisch interessierte Häuser in Hessen
geben, in dem diese rührende Erzählung von dem
schlichten und gütigen Dutenbacher Holzbauern und
seinen drei Heimaten noch unbekannt ist. Auch diesmal
wird das kleine Buch nach dem Wunsche des Verfassers
vielen Lesern warm und herzlich in die Seele hinein
läuten. Unter der Joggelilinde über dem Dohlsbrunnen
bei Orpherode, die schon zu gewisser Berühmtheit ge
langt ist, wurde neuerdings von einem hessischen Verein
der Werragegend eine Ruhebank aufgestellt. Auch dieser
Auflage ist ein autobiographisches Geleitwort des Ver
fassers vorausgeschickt. Specks „Joggeli" bedarf keiner
neuen Empfehlung.
Die Freunde Kasseler Mundart sind in den letzten
Fahren bei der Fülle der Erscheinungen auf ihre Kosten
gekommen. Schon vor Jahresfrist wurde an dieser Stelle
betont, daß von all diesen Darbietungen neben den
Werken von Jonas, Herzog und Lüttebrandt kaum noch
etwas Anrecht hat, als Niederschlag Kasseler Dialektes
auf die Nachwelt zu kommen. Wilhelm Lütte-
brandts „Gasgenaden un Schmagug-
g e n", die uns Weihnachten 1917 eine so ungetrübte
Freude bereiteten, sind damals gebührend gewürdigt wor
den. Diesmal begnügen wir uns mit dem erfreulichen
Hinweis, daß sie jetzt in zweiter verbesserter Auflage
erscheinen konnten. Es war ihnen sogar möglich, das
etwas gar zu fadenscheinige kriegsmäßige Gewand ab
zutun und sich in stattlicher Aufmachung vorzustellen
(Kassel, L. Messing, 1918. 149 Seiten. Preis 4 M).
An den 8 Zeichnungen des Verfassers wird jeder
Kasselaner seine helle Freude haben, und ebenso an dem
unverwüstlichen .Humor, der aus jeder dieser waschechten
Erzählungen zu uns spricht. Ich fürchte, Lüttebrandt
wird der letzte gewesen sein, der uns vom alten Kassel
und seiner Sprache zu erzählen weiß, und er hat das in
so köstlicher Weise getan, daß ihm noch späte Ge
schlechter Dank wissen werden. Er ist sich durchaus be
wußt, daß er mehr will als ergötzliche Unterhaltung-
bieten; es ist sein ernsthaftes Bemühen, alten Sprach
schatz der Vergessenheit zu entreißen, und deshalb sei
von neuem der Wunsch ausgesprochen, daß der lexikalische
Anhang einmal in stark erweiterter Sonderausgabe er
scheinen möge. Daneben aber wollen wir diesem begabten
Erzähler Dank wissen, wenn er diesem seinem Band
recht bald einen solchen mit neuen Erzählungen folgen
läßt. Schade um jede Schnurre, die er für sich behält. 8 .
Fritz Stück. Freistaat Hessen? Ein Mahn--
wort. Kassel (K. Victor) 1918. 16 Seiten. Preis
0,50 Mark.
In dieser von aufrichtiger Liebe zur hessischen Heimat
erfüllten Schrift wendet sich ein überzeugter Demokrat
und Föderalist an alle Parteien. Er weist darauf hin,
daß schon seit 1866 namhafte deutsche Männer sich
für einen föderativen Zusammenschluß aller deutschen
Staaten ausgesprochen haben. Großdeutsch sei auch die
Losung der geistigen Führer von 1848 gewesen. Leb
haft tritt der Verfasser für die Bildung eines Frei
staates Hessen ein, der beide Hessen, Nassau und Wal
deck umfaßt, begründet diese Forderung eingehend,
charakterisiert diese Frage der Selbständigkeit Hessens
als eine deutsche, im Sinne des Grundgedankens des
Föderalismus zu lösende und regt schließlich an, daß
das gesamte hessische Volk die von ihm zur National
versammlung zu entsendenden Männer zuvor klare Stel
lung nehmen lassen müsse zur Frage des Freistaates
Hessen, überall stellt Stück den großdeutschen Stand
punkt -und das Streben, die Reichseinheit zu festigen,
in den Vordergrund. Seine Broschüre wird nicht ver
fehlen, in Hessen, wo diese Bewegung bereits auf alle
Kreise und Stände übergegriffen hat, lebhaftem Inter
esse zu begegnen. H.
Hessische Reformationsgeschichte in Ein
zeldarstellungen. A. Zur Reformationsge-
schichte Fritzlars. 1. Heft: Jost Runcke.
Von Friedrich H o f f m a n n. Kassel (Pillardy
u. Augustin) 1918. 64 Seiten. Preis 2 Mark.
Nach dem Gesamttitel zu urteilen, besteht der über
aus zu begrüßende Plan, die Einführung der Refor
mation in Hessen in wissenschaftlichen Einzeldarstellungen
zu behandeln. Diese erste Veröffentlichung bedeutet einen
erfreulichen Anfang. Friedrich Hoffmann, Pfarrer zu
Obermöllrich und Fraumünster, schildert in frischer und
humorvoller Weise das Leben des einstigen Leinwebers
und -späteren Pfarrherrn zu Obermöllrich und Frau
münster, des um 1581 verstorbenen Jost Runcke, be
richtet sauf Grund der Archivalien und der gedruckten
Literatur, namentlich der vor vier Jahren von Jürges,
Leiß und Dersch bearbeiteten „Waldecker Chroniken"
über die reformatorische Bewegung in Fritzlar und
Umgebung und versteht es, durch Herausheben des Per
sönlichen aus den Urkunden seine Darstellung so plasüsch
zu gestalten, daß die Lektüre auch dem Laien zum Ge
nuß wird. Möge dieser wohlgelungene Anfang bald seine
Fortsetzung finden. H
Bildermappe fürs deutsche Haus. Deut
sche Volkslieder. 6 Originalzeichnungen von
Professor Otto U b b e l o h d e. Fünfte Auflage
(Kriegsausgabe). Stiftungsverlaa Potsdam. Preis
1.80 M.
Ubbelohdes Stärke liegt nicht zuletzt darin, daß er
nicht leicht vom hessischen Boden wegkommen kann.
Jeder Federstrich seiner Hand zeigt, wie innig er mit
seinem 'Fühlen und Können mit dem heimischen Boden
verwachsen ist. Es sei nur an seine einzig dastehende
kongeniale Illustrierung der Grimmschen Märchen er
innert und bei dieser Gelegenheit die Hoffnung aus
gesprochen, daß bei dem großzügig geplanten und schon
begonnenen Werk der illustrierten Märchenausgaben des
Verlags Cassierer Meister Ubbelohde, einer unsrer ersten
Märchenillustratoren, nicht fehlen wird. Aus seiner
hessischen Gefühlswelt heraus empfindet Ubbelohde — wie
könnte es anders sein — urdeutsch. Das beweisen die
wundervollen sechs Blätter, die er dem deutschen Volks-