diese zum Teil prachtvollen Geschütze des Landgrafen
sind in dem auf Veranlassung des Kaisers Karl V. herge
stellten Bilderwerk — Darstellung der Geschütze der
damaligen Zeit — mit abgebildet und beschrieben.
Doch ist keins davon mehr vorhanden. Sie sind im
Laufe der Zeit verschwunden. Leider ließ sich nicht
feststellen, ob das vom Hauptmann Gerland entdeckte
Geschütz eins der hessischen Artillerie des Landgrafen
Philipp, und ob es vom Kaiser an den früheren
spanischen Besitzer des Schlosses von Beauraing
verschenkt war. Die Jahreszahl 1547 würde be
deuten, daß das Geschützrohr von diesem Unglücks
jahr, und die Buchstaben EL K. schließen lassen,
daß es von Hans Keßler gegossen wäre, der als
Geschützgießer zur Zeit Philipps oft genannt ist. Der
Vorsitzende berichtete dann weiter über die in den
letzten Jahren stattgefundenen Ausgrabungen auf dem
Ostabhang des Bergzuges zwischen dem Lahntal bei Mar
burg und dem Ebsdorfer Grunde. Vom Zweigverein
Marburg sind dort unter Leitung des Marburger Archiv
direktors Dr. Küch im vorigen Jahre eine Reihe von
Hügelgräbern bei Hahnerheide nördlich der Frauenberge
und 1918 neu entdeckte Gruppen solcher Gräber aus
der Bronzezeit in der Nähe des Elisabethbrunnens bei
Schröck untersucht worden. Professor Dr. Georg Wolfs
in Frankfurt a. M., chas langjährige Ehrenmitglied
des Geschichtsvereins, hat 1916 und 1917 beim Frauen
berg bei Marburg mehrere Wohngruben aus der jünge
ren Steinzeit festgestellt und ausgegraben. Über seine
hochwichtigen Untersuchungen wird der diesjährige Band
der Vereins-Zeitschrift, über diejenigen des Geheim
rats Dr. Küch der nächstjährige Band berichten. Rech
nungsdirektor W o r i n g e r machte sodann Mitteilungen
über die Teilnahme der Königlich westfälischen Bri
gade Füllgraf an der Verteidigung der Festung Küstrin
in den Jahren 1813 und 1814. Die Brigade bestand
aus dem 4. und 5. westfälischen Linien-Jnfanterie-
Regiment, die in Thorn aus den Resten der beiden
Regimenter, die aus dem russischen Feldzug von 1812
zurückgekehrt waren, und einem unter dem Obersten
von der Gräben dorthin gesandten, 1000 Mann starken
Marschregiment gebildet wurden. Sie gehörte zuerst
dem neugebildeten, unter dem Oberbefehl Murats stehen
den französischen Heere an, wurde aber dann nach Küstrin
gesandt, vor welcher Festung sie am 19. Februar 1813
eintraf. Der Kommandant von Küstrin, der fran
zösische General Fournier d'Albe, traute aber der Ge
sinnung dieser deutschen Truppenteile nicht, weigerte
sich zunächst, sie aufzunehmen und ließ sie erst am
23. Februar in die Festung ein. Die Westfalen, die
jetzt den stärksten Teil der außer ihnen aus Frank
furtern, Holländern, Schweizern, Illyriern und Kro
aten bestehenden Besatzung bildeten, nahmen nun an
der Verteidigung der Festung, die zuerst von Russen,
dann von ostpreußischer Landwehr eingeschlossen war,
aber wegen der geringen Stärke der Einschließungstrup
pen und des ungünstigen, von vielen Oder- und Warthe-
armen durchzogenen, teilweise sumpfigen Geländes nicht
regelrecht belagert werden konnte, teil und zeichneten sich
bei verschiedenen Ausfällen äus. Mehrfache Aufforderun
gen des Kommandanten der Einschließungstruppen, des
preußischen Generals Hinrichs, zur Kapitulation lehnte
Fournier d'Albe ab. Ebenso wies v. Füllgraf, ein
früherer kurhessischer Offizier, verschiedene Aufforderun
gen, sich der deutschen Sache anzuschließen, zuletzt eine
solche, die Kurftirst Wilhelm I. von Hessen selbst brief
lich an ihn richtete, bestimmt zurück. Anders dachten
aber die westfälischen Offiziere und Mannschaften. Gegen
Ende des Jahres 1813 begann eine starke Fahnenflucht
bei ihnen. Erst einzeln, dann in ganzen Trupps, gingen
Mannschaften und Offiziere, unter letzteren Oberst
v. d. Gräben, Kommandeur des 5. Regiments, Major
v. Webern, die Kapitäne Wilke und v. Trott, die Leut
nants Hörstell und Bick, zu den Preußen über. Tie
Besatzung verlor dadurch über 500 Mann, über 1000
Mann waren an Skorbut erkrankt. Die Besatzung
reichte infolgedessen zu einer erfolgreichen Verteidigung
der Festung schließlich nicht mehr aus, weshalb Fournier
d'Albe am 8 . März 1814 kapitulierte. Die nichtfran
zösischen Bestandteile der Besatzung wurden in ihre
Heimat entlassen, die Franzosen kriegsgefangen.
In der Generalversammlung des Marburger Ver
eins am 30. September erstattete der Vorsitzende Archiv
rat Dr. K n e t s ch den Jahresbericht. Der Verein
hat jetzt 173 Mitglieder. Am 26. August wurde ein
Ausflug in die Nähe des Elisabethbrunnens unternom
men. An diesem Ausflug, der den Mitgliedern die sel
tene 'Gelegenheit der Aufdeckung eines Hünengrabes
bot, beteiligten sich wegen des sehr schlechten Wetters
nur wenige Personen. Im August sind von Geheim
rat Küch und Professor Wolfs aus Frankfurt an dieser
Stelle 3 große ^Hügelgräber geöffnet und daraus 4 große
Urnen und eine ganze Anzahl von kleineren Gefäßen,
Tellern und Schälchen der späteren Bronzezeit geborgen.
Am 26. August waren bei den Ausgrabungen von aus
wärts noch der Direktor des Röm.-Germ. Zentralmuse
ums in Mainz, Professor Dr. Schuhmacher und der
Vorsitzende des Kasseler Geschichtsvereins Generalmajor
Eisentraut zugegen. Die Ergebnisse der von Professor
Wolfs und Archivdirektor Küch in den letzten 4
Jahren ausgeführten Grabungen am Frauenberg, Witt
strauch, Stempel und Elisabethbrunnen, die für die
Vorgeschichte unsrer Heimat von großer Bedeutung sind,
werden in den beiden nächsten Bänden der Zeitschrift
des Vereins für hessische Geschichte veröffentlicht werden.
Nachdem der Konservator.des Vereins, Kunstmaler Gie
bel, noch einen Bericht über die Neuanschaffungen für
die Altertumssammlung und der Vorsitzende in Vertre
tung des Kassenführers Landgerichtsrats Heer den Kas
senbericht gegeben hatte, wurde satzungsgemäß der Vor
stand neu gewählt. Zu den wiedergewählten Dr. Knetsch
(Vorsitzender), Landgerichtsrat Heer (Kassenführer) und
Maler Giebel (Konservator) trat als Schriftführer neu
hinzu Archivar Dr. Dersch. Ein Rundgang durch die
Sammlung, bei dem besonders die neu entstandene
wertvolle prähistorische Abteilung und die neugeordnete
schöne Sammlung hessischer Münzen besichtigt wurden,
beschloß die Versammlung.
Marburger H o chs chu l n a ch r i ch t e n. Ter
zum Rektor der Universität für das Amtsjahr 1918/19
gewählte Direktor der chirurgischen Klinik Geh. Rat
Prof. Dr. König hat einem Ruf nach Würzburg
Folge geleistet. Daraufhin wurde der Direktor des
pharmakologischen Instituts Prof. Dr. med. et phil.
August Gürber zum Rektor gewählt. Zum Nach
folger Königs auf dem Lehrstuhl der Chirurgie wurde
der a. o. Pros. und Oberarzt an der chirurgischen Klinik
zu Straßburg Dr. Nikol a i G u l e k e (geb. 1878
zu Pernau in Livland) berufen. — Dem am 1 . Oktober
von seinen akademischen Verpflichtungen entbundenen
ordentlichen Honorarprofessor der mathematischen Physik
Geh. Rat Dr. Wilhelm F e u ß n e r wurde der
Kronenorden 3. Klasse verliehen. Der aus Hanau ge
bürtige, im 76. Lebensjahr stehende Gelehrte wirkte
feit 1867 in Marburg. — Dem Direktor der Augen
klinik Prof. Dr. Biels ch o w s k y wurde der Cha
rakter als Geh. Medizinalrat verliehen. — Der als