Full text: Hessenland (32.1918)

188 
Aus Ernst Gtto v. d. Malsburgs Dresdener Freundeskreis. 
Ein Beitrag zur hessischen Literaturgeschichte. 
Von Dr. Wilhelm Schoos (Hersfeld). 
Die drei folgenden bisher unveröffentlichten Ge 
dichte voll Ludwig T i e ck und dem Grafen 
Friedrich Kalkreuth entstammen dem Fa 
milienarchiv derer von der Malsburg ans Esche- 
berg und sind mir vor Jahren vor: Sr. Ex 
zellenz dem Herrn Vizekanzler der althessischen 
Ritterschaft Dr. jur. Hans von der Malsburg 
(t 1908) in liebenswürdiger Weise zugleich mit 
(inzwischen veröffentlichten) Jugendbriefen der 
Brüder Grimm zur Verfügung gestellt wordelr. 
Zum Verständnis sei folgendes mitgeteilt: Die 
Gedichte sind dem hessischen Dichter Ernst Otto 
v. d. Malsburg gewidmet, der 1786 zu Hanau 
als Sohn eines hessischen Offiziers geboren und 
mit einem jüngeren Bruder von seinem Oheim 
teils in Kassel, teils in Escheberg erzogen wurde. 
Nach dem Besuch des Kasseler Gymnasiums, wo 
er mit den Brüdern Grimm eng befreundet wurde, 
studierte er in Marburg die Rechte und wandte 
sich der diplomatischen Laufbahn zu. 1817 wurde 
er Regierungsrat und hessischer Geschäftsträger 
am Königshof in Dresden. In diese Zeit fällt 
seine Freundschaft mit den dortigen Romantikern, 
insbesondere mit Tieck, Loeben und Kalkreuth. 
Tieck war im Sommer 1819 nach Dresden ge- 
konrinen. Hier lernte ihn Malsburg noch im Som 
mer kennen, und es entwickelte sich bald zwischen 
ihnen ein inniges Freundschaftsverhältnis. Über 
dieses Verhältnis geben uns die Freundesbriefe 
an Ludwig Tieck, die Karl Holtei herausgegeben 
hat H, näheren Aufschluß. Obwohl Tieck, wie aus 
einem Brief Dorothea Tiecks an Malsburg hervor 
geht, nicht sehr schreibselig war, hing Malsburg 
mit rührender Anhänglichkeit an dem von ihm 
hochverehrten Meister. Sein innigster Wunsch, 
Tieck als Gast in Escheberg begrüßen zu können, 
sollte leider nicht mehr in Erfüllung gehen, denn 
als Tieck auf einer den deutschen Theatern gelten 
den Künstreise nach Kassel kam, war Malsburg 
kurz vorher, am 23. September 1824, beerdigt 
worden, und ein Brief Dorothea Tiecks als Ant 
wort auf einen von ihm am 8. August 1824 aus 
Escheberg an Tieck gerichteten längeren Brief er 
reichte Malsburg nicht mehr, da er 6 Tage nach 
den: Tode Malsburgs geschrieben wurde, auch 
ein Zeichen für den Postverkehr damaliger Zeit. 
i) Briefe an Ludwig Tieck. Ausgewählt und heraus 
gegeben von Karl v. Holtei (Breslau 1834), II, S. 289 
bis 325. 
Dieser Brief befindet sich im Malsburgischen Fa 
milienarchiv und ist von Paul Heidelbachs) ver 
öffentlicht worden. Tieck selbst hatte seit 3 Jahren 
keine Briefe mehr an Malsburg gerichtet, er schrieb 
nicht gern Freundschaftsbriefe. Um so wertvoller 
muß uns das wenige erscheinen, das sich erhalten 
hat. 
Von Dresden aus reiste Malsburg von 1817 
an ziemlich regelmäßig, zum Teil in Gesellschaft 
seiner Dresdner Freunde, zu mehrmonatigem Er 
holungsurlaub nach Escheberg. So reiste er auch 
am 30. Mai 1820 mit einem dreimonatlichen 
Urlaub von Dresden ab, um seinen kränkelnden 
Oheim wiederzusehen. Am 16. Juni befindet er 
sich in Escheberg. Diesem Abschied von Dresden 
gilt nachfolgendes Gedicht Tiecks ch: 
Wer möchte nicht ein Deutscher sein, 
Wenn in der Besten Mitte 
Er Tugend sieht und Sitte? 
Wenn ihm der hohen Ehre Schein, 
Wenn Demut, stolze Milde 
Ihn grüßt im edlen Bilde? 
Wer möchte nichr ein Dichter sein, 
Wenn ihm von Wohllauts Zungen 
Der deutsche Laut erklungen, 
Wie Stromgebraus und grüner Wald, 
Natur in Lust und Schmerz erschallt? 
Wer möchte wohl Dein Freund nicht sein, 
Der Deinen edlen Sinn erkannt, 
Die Zier, so mild wie bieder, 
Die Gabe süßer Lieder? 
Du reichtest mir die Freundeshand, 
Ich nenne Dich auf immer mein! 
Dresden, Ludwig Tieck. 
beim Abschiede am 30. May 1820. 
Zu dem Dresdener Dichterkreis gehörte auch der 
um vier Jahre jüngere Graf Friedrich Kalk 
reuth, der Sohn des aus dem Tilsiter Frieden 
bekannten Generalfeldmarschalls, neben Graf Loe 
ben einer der vertrautesten Freunde Malsburgs. 
Er war am 15. März 1790 zu Pafewalk in 
Pommern geboren, widmete sich in Berlin den 
Studien und nahm gls Freiwilliger an den Feld 
zügen 1813—15 teil. Nach dem Frieden bereiste 
er Italien (1817—18). Auf der Rückreise kam 
2 ) Deutsche Dichter und Wnstler in Escheberg (Mar 
burg 1913), S. 40—42. 
3 ) Nach Heidelbach a. a. O. S. 18 befindet sich im 
Malsburgischen Familienarchiv noch ein zweites, dem 
selben Zwecke gewidmetes Gedicht von Tiecks Tochter 
Agnes, das mir nicht bekannt geworden ist.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.