Kinder beim Schleifen die Griffel aufwärts und abwärts
zogen; andere kleinere Rillen runder und eckiger Form
dienten zum Schärfen kleinerer Werkzeuge, Messer usw.
Auch war es zu meiner Zeit daselbst üblich, aus
den Kirschkernen durch Abschleifen Ringe zu bilden
und darau^ Kettchen zu fertigen. Die Kerne wurden
hierbei in ein etwas ausgehöhltes Holz gesteckt und
dann aus eben diesen Sandsteinen dünn gerieben, und
gerade hierbei bildeten sich runde Gruben in dem Stein.
Also die Entstehung der Rillen und ihre Weiter
verwendung war sehr mannigfaltig und erklärt sich,
wenigstens in meinem Heimatsdorfe, auf die einfachste
Weise. Ob das auch auf die Rillen an den Kirchen des
übrigen Deutschland zutrifft, vermag ich nicht zu sagen;
jedenfalls könnte aber nach dem angeführten Beispiel
angenommen werden, daß die Erscheinung harmloser
Natur ist und ein eigentlich geschichtliches Interesse nicht
besitzt.
Kassel. F. L. Schmidt.
(Über die in ganz Deutschland vorkommenden Wetzun
gen an Kirchen gibt es seit Jahrzehnten zahlreiche
Deutungen svgl. auch „Hessenland" 1917, Seite 44,
„Zeitschrift des B. für H. G.", Bd. 49, 1916, S. 365
und Bd. 51, 1917, S. 154], unter denen die oben ge
schilderte am bekanntesten ist.
Die Redaktion.)
Der Reich sbund für Heimatkunst (vgl.
„Hessenland" Seite 116/117) trat am 6 . August im
Kurhaus zu Bad Homburg unter dem Vorsitz von Pro
fessor vr. Brunner (Berlin-Lichterfelde) zu einer
Tagung zusammen. In mehrstündiger Aussprache wur
den die Richtlinien für die künftige Arbeit des Bundes
festgelegt. Der Bund bezweckt Pflege und Stärkung deut
scher Art in Dichtung und Kunst. Er tvill mit den be
stehenden Vereinigungen und Einrichtungen, die in seinem
Sinne wirken können, eine enge Fühlung herstellen, die
zu einer festen Arbeitsgemeinschaft führen soll. Gleich-
zeitig soll der Bund seine Ziele durch 'literarische Ver
öffentlichungen fördern. Im weiteren sollen Vorträge,
Ausstellungen, Bühnenspiele, Konzerte usw. angeregt
und in Verbindung mit den Verbänden und Vereinen,
die sich dem Bunde anschließen, veranstaltet werden.
Schließlich stellt sich der Bund die Aufgabe, deutsche
Schriftsteller und Künstler, deren Schaffen in der Rich
tung der Bundesziele liegt, zu fördern. Gegenwärtig
gehören dem Bunde bereits über 10 000 Einzelmit
glieder und 411 Körperschaften an. Referate hielten
der ehemalige Pfarrer an der Frankfurter Paulskirche
Julius Werner über Fichtes Losung „Höher
stimmen und heiligen" und der Lehrer und Schrift
steller S t ü ck r a t h - Biebrich über das deutsche Volks
lied.
über den Tabakbau in der Rhön schreibt
der bekannte Schilderer dieses Gebirges, Höhl: Der
Tabakbau war in der Rhön früher nicht unbekannt.
Natürlich handelt es sich nur um den Hausbedarf.
Die Tabakpflanzen setzte man gern in die Kohlraben
äcker, außen an den Gewänden oder dorthin, wo Pflan
zen ausgegangen waren, auch einzeln in alte Schüsseln
und Töpfe und stellte sie in die Gärten. Gesät wurde
der Tab.ak im April, geerntet im September oder an
fangs Oktober; dann wurden die breiten Blätter büschel
weise mittels langer Schnüre an die Scheunentore zum
Trocknen aufgehängt, am Ofen vollends gedörrt, ge
schnitten und meist ohne Beize geraucht, wobei auch
die Rippen nicht verschmäht wurden. Aus dem Samen
läßt sich auch Tabaköl schlagen, das zu einer Salbe bei
krankem Vieh verwendet wird. Wenn eine Tabak
pflanze vereinzelt im Hofe steht, die aus ausgefallenem
Samen gewachsen ist, wird sie sorgsam gepflegt und
mit Dornen umzäumt, damit sie nicht zugrunde gehe.
In den Handel kam dieser Tabak nicht. Dem Rhöner
aber, besonders dem Sparbruder, wenn er sich auf
der warmen Ofenbank streckt, schmeckt sein „Garten-Be
nedikt", wie man dieses Kraut nennt, gerade so gut,
wie dem Städter sein Varinas oder Portoriko. „Aer
schmeckt de Zucker und kost nischt!"
43-'
Hessische Bücherschau.
Bötte, Lic. vr. W. Kant und der Krieg.
In gemeinverständlicher Darstellung. 64 Seiten.
Marburg (N. G. Elwertsche Verlagsbuchhandlung,
G. Braun) 1918.
Nachdem sich so zahlreiche berufene und unberufene
Zeitgenossen über den gegenwärtigen Krieg geäußert
haben, ist es am Platze, auch einmal die Stellung des
größten deutschen Denkers zum Krieg kurz und faßlich
vorzuführen. Bötte, der rühmlichst bekannte Erzähler
der deutschen Dorfbilder „Aus einer vergessenen Ecke",
hat die gelegentlichen, im strengen Anschluß an sein
praktisches System gedachten Äußerungen Kants über
den Krieg zusammengestellt und geordnet. Dabei er
gab sich, daß Kant die gewaltigen Geschehnisse der
Gegenwart vorausgesehen und Stellung zu ihnen ge
nommen hat. Die kleine Abhandlung ist allgemein
verständlich, auch für den schlichten Leser, obwohl vor
wiegend Kant selbst zu Worte kommt. Einleitend wird
die Episode erzählt, wie der große Philosoph, der zur
Zeit des Nordamerikanischen Freiheitskrieges für die
Sache der Amerikaner eintrat, deshalb von einem hoch
fahrenden Engländer zum Zweikampf gefordert wurde,
sich jedoch nicht aus der Fassung bringen ließ, vielmehr
den Gegner durch seine überzeugenden Ausführungen
entwaffnete. Im allgemeinen hat Kant über das eng
lische Volk mit seiner stolzen Grobheit und seiner dünkel
haften Verachtung anderer Völker recht abfällig geur
teilt. Das erste Kapitel der vierfach geteilten Abhand
lung behandelt die Pflichten des Soldaten im Krieg;
in zwei weiteren Kapiteln löst Kant die Frage nach der
Ursache des Krieges und ob sich dieser vermeiden läßt
und erörtert schließlich die Berechtigung des Krieges
überhaupt. So sehr auch nach der praktischen Ver
nunft der Krieg der Würde der Menschen widerspricht,
so bleibt er doch ein Ansporn zur Betätigung. Der
Schluß der recht lesenswerten Schrift bietet dem wissen
schaftlich interessierten Leser einen systematischen Aufriß
dieser populären Abhandlung. Hb.
Schneider, Emil. Hessisches Sagenbuch für
Schule und Haus. 3. vermehrte Auflage. Mit 12
Zeichnungen von Otto Ubbelohde. 162 Seiten. Mar
burg (N. G. Elwertsche Verlagsbuchhandlung, G.
Braun) 1918. Preis broschiert 2 M.
Aus dem seit Jahren vergriffenen hessischen Sagen
büchlein ist durch mancherler Zusätze und Ergänzung
um 50 Nummern ein hessisches Sagenbuch mit 198
Nummern geworden. Auch manche lustige Anektode
ist darunter, wie etwa die „Erfrischung" des Kurfürsten
durch die Feuerspritze und die Schnurre vom Meister