H.A\(y*R*KAUEL
Hessisches Heimatsblatt
Zeitschrift sür hessische Geschichte, Volks- und Heimatkunde, Literatur und Kunst
Nr. 21/22.
31. Jahrgang. November-Doppelheft 1917.
Hessische Glockenstudien.
1. Die Glocken des Stadtbezirks Hersseld.
Von vr. Wilhelm Schoof, Hersfeld.
Von der Heeresverwaltung ist die Bestands
erhebung, Beschlagnahme und Wlieferung der im
Lande befindlichen Bronzeglocken für Kriegszwecke
angeordnet worden. Bon der Ablieferung sollen
nach Vereinbarung mit der Heeresverwaltung je
doch solche Glocken befreit werden, für die ein
besonderer wissenschaftlicher, geschichtlicher oder
künstlerischer Wert in Anspruch genommen werden
kann. Zur Prüfung dieser Frage sollen die Glocken
ohne Denkmalswert in einer Liste A, die Glocken
mit mäßigem Denkmalswert in einer Liste B und
die Glocken mit besonderem Denkmalswert in einer
Liste C zusammengestellt werden. Glocken aus
der Zeit nach 1830 gehören durchweg der Gruppe
A, solche aus der Zeit von 1650 bis 1830 in den
preisten Fällen der Gruppe B und solche aus der
Zeit vor 1650 vorwiegend der Gruppe 6 an.
Von dem mit der Prüfung dieser Frage beauf
tragten Herrn Bezirkskonservator sind Vertrauens
männer für die einzelnen Kreise ernannt worden,
deren Aufgabe darin besteht, dafür zu sorgen,
daß nichts versäumt wird, unersetzbares Kunst
gut vor dem Untergang zu retten oder wenigstens
in Wort und Bild der Nachwelt zu erhalten. Im
besonderen sollen sie auf den Sammelstellen der
Glocken nachprüfen, ob nicht Glocken der
Gruppe C irrtümlich abgeliefert sind, und diese
zurückzuhalten suchen, ferner in solchen Fällen,
in denen die Glocken der Klasse B Inschriften,
Verzierungen oder sonstige Merkmale von besonde
rem Wert aufweisen und ihre Überweisung in die
Gruppe C angebracht erscheint, auch diese Stücke
zurückzuhalten suchen.
Man unterscheidet fünf verschiedene Glocken
formen: A. Romanische Glocken bis Ende 12.
Jahrhundert; B. Spätromanische Glocken bis
Ende 13. Jahrhundert; C. Frühgotische Glocken
bis Ende 14. Jahrhundert; D. Spätgotische Glocken
bis Ende 16. Jahrhundert; E. Renaissance- und
Barockzeit, vom Ende des 16. Jahrhunderts ab.
Die ältesten Glocken zeigen die «sog.. Bienen
korbform, zuweilen auf der Kuppe sog. Schall-
Löcher. Die Inschrift ist vertieft, Verzierungen
fehlen meist ganz. Zu ihnen gehört unsere Lul-
l u s g l o ck e im Glockenstuhl des alten Domes aus
dem Jahre 1038, vielleicht die älteste, jedenfalls
eine der ältesten Glocken Deutschlands (Vgl.
Demme, Chronik von Hersfeld, I, S. 4, Anm. 4,
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